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Der VCD und der VW-SkandalWie weiter mit der Auto-Umweltliste?

Der Verkehrsclub Deutschland hatte sich im Ranking der saubersten Autos auf Behördenangaben verlassen. Nach dem VW-Skandal geht das nicht mehr.

Gerd Lottsiepen vom VCD mit dem Wagen vom Platz 1 der Umweltliste 2006/2007 – dem Honda Civic Hybrid. Foto: dpa

Berlin taz | Es ist die Frage aller Autofragen: Kann man der Aussage trauen, ein Auto sei sparsam oder schadstoffarm? So mancher Verbraucher hat sich auf die Auto-Umweltliste des alternativen Verkehrsclubs Deutschland (VCD) verlassen. Das jährliche Ranking der saubersten Autos ist renommiert. Gerd Lottsiepen, der Mann, der sie macht, gilt als seriös. Doch seit der Diesel-Affäre bei VW kann nichts so bleiben, wie es ist. Gibt er das Ranking auf?

Der Wolfsburger Konzern hat jahrelang eine betrügerische Software in Dieselautos eingesetzt, um die Abgasmessungen zu manipulieren. Und nicht nur die Marke VW ist betroffen. Auch Werte von Audi, Seat und Škoda sind gefälscht. Noch ist unklar, inwieweit das der Standard einer ganzen Branche ist.

Lottsiepen hat sich auf die offiziellen Werte zu CO2-Ausstoß, Lärm- und Stickoxidbelastungen immer verlassen. Er musste es, sagt er – ein Verband wie der VCD könne es sich mit seinem „bescheidenen Etat“ nicht leisten, die Werte für ein Ranking mit mehr als vierhundert Neuwagen eigenhändig zu ermitteln. Das könne selbst der Automobilclub ADAC nicht. Der VCD hat die Werte vom KBA, dem Kraftfahrtbundesamt in Flensburg, bekommen und dafür gezahlt: gut 650 Euro pro Jahr.

Autokäufer, die sich an den Top Ten orientierten, habe das schon früher „enorm enttäuscht“, sagt Marion Jungbluth, die Verkehrsexpertin beim Verbraucherzentrale Bundesverband vzbv. „Die angegebenen Spritverbräuche waren in der Praxis nicht einzuhalten.“

Bisher galten die Werte zumindest als vergleichbar

Bei den Abgaskontrollen – darauf hat Lottsiepen selbst seit Jahren hingewiesen – gibt es Nachholbedarf, weil es zwischen den Messungen auf dem Prüfstand und den Werten auf der Straße schon immer eine merkwürdige Kluft gab. Aber: Die Werte galten zumindest als vergleichbar. Das hat sich erst mit der bewussten Manipulation bei VW geändert.

Jungbluth meint, dem VCD sei darum „nicht“ vorzuwerfen, dass er sich auf die Behörden verlassen habe. Aber „Bundesverkehrsminister Alexander Dobrindt muss sich jetzt dafür einsetzen, dass die EU-Abgaswerte rasch unter realen Bedingungen nach strengen Kriterien gemessen werden.“

Das Falscheste wäre, zu kapitulieren

Gerd Lottsiepen, VCD

Doch beim CSU-Minister dringt sie damit bisher nicht durch. Er ließ zwei Briefe des vzbv dazu unbeantwortet. Im Zweifel müsse der VCD zumindest die TOP 3 seiner Liste selbst testen, rät sie. Etwas Zeit hat Lottsiepen noch. Für ihn steht fest: „Das Falscheste, was wir jetzt machen könnten, wäre, vor dem Betrug zu kapitulieren“. Es wird eine Auto-Umweltliste 2016 geben.

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1 Kommentar

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  • Das war schon sehr naiv vom VCD sich auf Behörden zu verlassen. Denn diese deutschen Behörden, ob KBA oder Eisenbahnbundesamt etc., sind weniger den je das was man von ihnen erwarten könnte: Sachwalter des öffentlichen Interesses. Sie sind nahtlos in das neoliberale Lobbysystem eingeordnet. Das deutsch-traditionelle aber auch bequeme Vertrauen daß der Staat es im Bürgerinteresse richtet sollte dahin sein - der Staat agiert gegen die Bürger. Und der Schwindel mit den Verbrauchsangaben geht weiter, siehe z.B. http://www.sueddeutsche.de/auto/bmw-i-im-test-drei-zylinder-fuer-den-er-1.2763890