Der Umgang mit Sicherungsverwahrten: Schleswig-Holstein hat "beste Lösung"
Wie die Länder das Therapie-Unterbringungsgesetz für Ex-Sicherungsverwahrte umsetzen wollen. Eine taz-Umfrage.
FREIBURG taz | Seit Jahresbeginn ist das Therapie-Unterbringungsgesetz (ThUG) in Kraft. Wo gefährliche Ex-Sicherungsverwahrte künftig untergebracht werden, muss nun jedes Land entscheiden. Die taz hat bei den zuständigen Ministerien nachgefragt.
Nordrhein-Westfalen ist vom Straßburger Urteil am stärksten betroffen. Derzeit haben 31 Altfall-Sicherungsverwahrte bereits Haft und zehn Jahre Verwahrung abgesessen, 11 Verwahrte erreichen die Zehn-Jahres-Frist in den nächsten drei Jahren. 16 Personen wurden bereits entlassen. In welcher Einrichtung eine ThUG-Unterbringung stattfinden könnte, ist noch nicht geklärt.
In Baden-Württemberg gibt es 18 EGMR-Altfälle, von denen 9 bereits entlassen wurden. Nach dem Scheitern eines ersten Vorschlags für die ThUG-Unterbringung denkt das Land nun über eine Kooperation mit anderen Ländern nach.
Bayern hat 24 EGMR-Altfälle, wobei die dortige Justiz noch keinen entlassen hat. In Hessen wurden 6 von 7 Altfällen entlassen. Beide Länder sind noch in internen Beratungen.
Hamburg strebt eine Kooperation mit anderen Ländern an. Übergangsweise ist eine ThUG-Unterbringung im Krankenhaus der U-Haftanstalt geplant. In einer Hamburger Waldhütte lebt ein aus Freiburg zugezogener Ex-Verwahrter unter Polizeischutz.
In Niedersachen (8 Altfälle) und in Rheinland-Pfalz (7 Altfälle) ist noch niemand entlassen worden. Übergangsweise würde eine ThUG-Unterbringung im Bereich der Psychiatrie für schuldunfähige Straftäter erfolgen.
Im Saarland lebt ein entlassener Verwahrter. Die Pläne des Landes sind noch offen.
In Schleswig-Holstein gibt es derzeit 4 Altfälle. Zwei warten hinter Gittern auf die Entscheidung. Zwei andere ließen sich "freiwillig" in einer psychiatrischen Klinik unterbringen. Das Land hält dies auch im Bundesvergleich für die "beste Lösung".
In Berlin gibt es 9 Altfälle, die alle noch in Haft sind. Ende Februar werden zwei von ihnen aus der Verwahrung entlassen, aber nicht aufgrund der EGMR-Rechtsprechung, sondern weil sie nicht mehr als akut gefährlich gelten. Hier kommt eine ThUG-Unterbringung also nicht in Betracht.
Brandenburg, Bremen, Mecklenburg-Vorpommern, Sachsen, Sachsen-Anhalt und Thüringen haben keinen Handlungsdruck, da noch keine Altfälle zur Entlassung anstehen.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Nach dem Anschlag in Magdeburg
Rechtsextreme instrumentalisieren Gedenken
Anschlag in Magdeburg
„Eine Schockstarre, die bis jetzt anhält“
Erderwärmung und Donald Trump
Kipppunkt für unseren Klimaschutz
Bundestagswahl am 23. Februar
An der Wählerschaft vorbei
EU-Gipfel zur Ukraine-Frage
Am Horizont droht Trump – und die EU ist leider planlos
Streit um Russland in der AfD
Chrupalla hat Ärger wegen Anti-Nato-Aussagen