Der Tierarzt von nebenan: Mensch oder Meerschwein? Alles eine Frage der Dosierung
Mit Bauchschmerzen Termine erkämpfen und in vollen Wartezimmern sitzen? Nicht mit mir, da gehe ich lieber zu meinem neuen Nachbarn, der ist Tierarzt.
D as Leben kann so einfach sein, wenn man das große Glück hat, die richtigen Nachbarn zu bekommen. Nicht umsonst sagt man `Finde keine gute Wohnung – finde gute Nachbarn´.
Seitdem der dicke Herr Klappermeier bei uns im Haus in die dritte Etage eingezogen ist, lebe ich regelrecht im Paradies.
Es ist nicht Herr Klappermeiers Fettsucht, die mir mein Leben wie ’n Paradies erscheinen lässt, nach dem Motto, `Es gibt noch dickere im Haus, jetzt kann ich mich richtig gehen lassen', sondern sein medizinisches Fachwissen. Herr Klappermeier ist nämlich Arzt.
Vorbei sind die Zeiten, in denen ich mir mit Rücken- und Bauchschmerzen Termine erkämpfen und mir in überfüllten, stickigen und stinkenden Warteräumen neben hustenden und rotzenden unhöflichen Kreaturen stundenlang die Beine in den Bauch stehen musste.
Mit Wehwehchen auf zu Ernie
Wenn ich jetzt Wehwehchen habe, steige ich abends nach dem Essen gemütlich die ein paar Stufen nach oben und klingele beim lieben Ernie. Seine wenigen wahren Freunde dürfen Ernie, ich meine, Herrn Doktor Arnold Klappermeier, gerne Ernie nennen. So wie ich.
„Na, was haben wir denn heute wieder so Tödliches angeschleppt?“, begrüßt er mich wie immer höchst freundlich.
Er ist überhaupt nicht genervt, dass ich ihn bei seinem sonntäglichen Tatort-Gucken gestört habe. Heute stand der Mörder sowieso von Anfang an fest. Sonst hätte ich auch bis zum Schluss gewartet. So schlimm sind meine heutigen Nieren- und Knieschmerzen nicht, dass ich nicht bis 22 Uhr hätte warten können.
Nach einer gründlichen Untersuchung – das ist der Vorteil, wenn man der einzige Patient an dem Tag ist – verschreibt mir der gute Ernie zwei Medikamente.
Ganz zur Apotheke nicht mehr nötig
Selbst den Gang zur Apotheke spare ich mir. Mein lieber Nachbar drückt mir die beiden Medikamente für Nieren und Knie direkt in die Hand, damit ich sie sofort schlucken kann. Werbegeschenke der Pharmaindustrie. Danach stelle ich wie immer die obligatorische Frage:
„Mein lieber Ernie, welches Tier bin ich denn heute?“
„Mein lieber Nachbar Osman, heute bist du ein Zuchtbulle und ein Meerschweinchen. Genauer gesagt, dein Knie ist ein Zuchtbulle und deine Nieren sind Meerschweinchen“, lacht er.
Ach ja, zur Vervollständigung der Geschichte muss ich hinzufügen, dass Ernie natürlich ein Tierarzt ist. Nach 15 Minuten stöhne ich:
„Ich fühle mich aber immer noch hundeelend und unter aller Sau!“
„Kann sein. Vielleicht wirken die Tabletten bei dir etwas später als bei einem Meerschweinchen“, spekuliert er.
„Sollte ich vielleicht die doppelte Dosis nehmen? Du weißt doch hoffentlich noch, dass ich ein Mensch bin, oder?“
Ernie lacht aus vollem Bauch und meint:
„Klar, weiß ich das. Du bist doch der einzige Patient, den ich nach der Behandlung nicht essen darf.“
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