Der Rezession in Deutschland zum Trotz: Glos gibt sich schon wieder optimistisch

Die Wirtschaft schrumpft 2009 um 2,25 Prozent. Trotz des Einbruchs steigt die Arbeitslosenzahl wohl nur geringfügig. Wirtschaftsminister Glos erwartet sogar wieder ein Wachstum.

Erwartet trotz Rezession die "Wende zum Besseren": Wirtschaftsminister Michael Glos. Bild: dpa

Es sind dramatische Zahlen, die Bundeswirtschaftsminister Michael Glos (CSU) am Mittwoch zu verkünden hatte: Auch die Bundesregierung geht nun davon aus, dass die deutsche Wirtschaft in diesem Jahr um 2,25 Prozent schrumpft. Die Exporte gehen um fast neun Prozent zurück, und am Jahresende wird es eine halbe Million Arbeitslose mehr geben. "Deutschland befindet sich in einer tiefen Rezession", heißt es im Jahreswirtschaftsbericht, den das Kabinett zuvor verabschiedet hat. Die Staatsverschuldung steigt wieder an und erreicht mit 2,9 Prozent vom BIP fast die Maastricht-Grenze.

Ohne das Konjunkturpaket der Regierung wäre die Rezession nach Angaben von Finanzminister Peer Steinbrück (SPD) um 0,5 bis 0,8 Prozentpunkte stärker ausgefallen. Doch auch so erlebt Deutschland mit einem Rückgang des Bruttoinlandsprodukts (BIP), also der Summe aller produzierten Waren und Dienstleistungen, um 2,25 Prozent das schwärzeste Jahr der Nachkriegszeit. Und zwar mit Abstand: Der bisherige Negativrekord des Jahres 1975 lag bei einem Minus von 0,9 Prozent. Minister Glos verbreitete dennoch Optimismus. Schon in der zweiten Jahreshälfte sei "eine Wende zum Besseren" zu erwarten. Der Wirtschaftsbericht geht dann schon wieder von einem leichten Wachstum aus.

Dabei müsste Glos eigentlich gewarnt sein: Mit seinen optimistischen Prognosen lag er schon häufiger daneben. Genau vor einem Jahr hatte er erklärt, die Finanzkrise stelle überhaupt keine Gefahr für die Konjunktur dar: "In Deutschland und in Europa sind wir nicht direkt gefährdet", behauptete Glos damals. Bis Ende letzten Jahres ging die Regierung für 2009 offiziell von einem Wirtschaftswachstum aus. Vergleichsweise optimistisch bleibt die Regierung auch bei den Auswirkungen der Krise auf den Arbeitsmarkt: Die Zahl der Erwerbstätigen wird laut Bericht nur um 0,7 Prozent zurückgehen. Das bedeutet einen Anstieg der Arbeitslosenzahl um rund 500.000, wodurch sich die Quote auf 8,4 Prozent erhöht. Es spreche vieles dafür, dass sich der Arbeitsmarkt durch höhere Flexibilität heute schneller von negativen Einflüssen erholen könnte, erklärte Glos.

Die Gewerkschaften sehen das skeptisch. "Angesichts der Tiefe der Wirtschaftskrise" sei die Zahl von 500.000 zusätzlichen Arbeitslosen "optimistisch", sagte DGB-Vorstandsmitglied Claus Matecki. Zwar würden viele Unternehmen zunächst auf Kurzarbeit setzen, doch bei einer längeren Rezession sei mit Entlassungen zu rechnen. Auch das Kieler Institut für Weltwirtschaft geht von stärkeren Auswirkungen auf den deutschen Arbeitsmarkt aus: In ihrer Winterprognose rechnen die Wirtschaftswissenschaftler für 2009 mit einer Zunahme der Arbeitslosenzahl um 750.000.

Mit deutlicher Kritik reagierten die Oppositionsparteien auf den Wirtschaftsbericht. "Auf die wiederholten Märchenstunden von Wirtschafts- und Finanzminister folgt jetzt das böse Erwachen", sagte Kerstin Andreae, wirtschaftspolitische Sprecherin der Grünen-Fraktion. Oskar Lafontaine, Vorsitzender der Linken, erklärte, mit dem Bericht bestätige die Regierung offiziell, dass die Maßnahmen des Konjunkturpakets nicht ausreichend seien, um die Wirtschaft zu stabilisieren. "Das zögerliche und kleinkarierte Handeln der Bundeskanzlerin und ihres Kabinetts ist daher mitverantwortlich für den Anstieg der Arbeitslosigkeit und der damit verbundenen Not für viele Menschen", sagte Lafontaine. Um das zu verhindern, müsse die Regierung die öffentlichen Investitionen viel stärker erhöhen, als sie es in ihrem Konjunkturpaket bislang vorsieht.

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