das ding, das kommt
: Der Plebs am Container

Auch bei leeren Flaschen ist nicht völlig egal, was mal drin war. Vor allem, wenn jemand bei der Entsorgung vom Altglas zuschaut Foto: Oliver Dietze/dpa

Mit Böllern war ja nun nichts: verboten wie alles, was Spaß macht, und dann nicht mal wegen der armen Tiere und der absurd hohen Feinstaubbelastung, sondern wegen Viren und Menschen, die sich in Zeiten überbelegter Krankenhäuser nicht auch noch die Pfoten wegsprengen sollten. Verstehen kann man’s also, aber wem hätte Verstehen jemals irgendwas leichter gemacht?

Was bleibt, ist die andere krachende Freude zum Jahreswechsel: das Zerdeppern der leeren Sektflaschen im Altglas-Container. Als ritueller Akt taugt das metaphorisch weit mehr als Sprengstoff –so von wegen des guten Vorsatzes, endlich Schluss mit der Sauferei zu machen: klirr und weg, zwei, drei. Bei der Gelegenheit lassen sich auch all die anderen Wein-, Rum- und Whiskeypullen des endlich verblichenen Kackjahres verklappen. Früher hatte man die extra aufgehoben, als Rampe für die Raketen: eine Ausrede für Altglas-Messies, die in 2020 nicht so recht zog.

Apropos Altglas und Ausreden: Wie Land- und Kleinstadtmenschen wissen, gibt es kaum etwas Unangenehmeres, als vor den Augen der versammelten, zur Recyclinghilfe rekrutierten Ballsportjugend vom Dingsdorfer FC die alten Schnapsflaschen einzeln ins gähnende Rund des Containers zu bugsieren …Ein Offenbarungseid aus dem Kofferraum.

Aber die müssen ja weg, sonst gibt’s noch Ärger wie im „Rauch-Haus-Song“. Sie wissen schon: „Zehn leere Flaschen können schnell zehn Mollis sein.“ Man könnte auch hippieesk aus der Zeit gefallene Kerzenständer aus den Altbuddeln machen. Einfach bunte Kerzen rein und das Wachs an Flaschenhals und -bauch runterlaufen lassen. Weil das aber aus der Mode ist, werden die Flaschen dann doch nach Farben sortiert und in die Boxen gepfeffert, auf dass jemand neues Glas aus alten Scherben mache.

Das geht schon ewig so und ist so was wie die Urform der Kreislaufwirtschaft. Man spart schließlich nicht nur den Rohstoff, sondern auch jede Menge Energie, weil Scherben leichter zu schmelzen sind als Quarzsand. Angeblich hatte man das schon im antiken Rom begriffen und es ist eine gleichermaßen beruhigende wie auch traurige Vorstellung, dass der Plebs von einst schon ganz genau wie unsereiner verkatert und voller Scham die leer gesoffenen Pullen in den Container gekloppt hat. Die Moral von der Geschicht’: Manches wird anders und anderes nicht. Zu verlieren haben wir nichts, also hoch mit dem Hintern und raus mit dem Müll. Frohes Neues! Jan-Paul Koopmann