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ströbele marschiertDer Parteisoldat

Der Friedenspolitiker hat die Rolle des braven Parteisoldaten übernommen. Christian Ströbele wird für die Grünen in den Wahlkampf ziehen. Für jene Grünen, denen er nicht länger wichtig genug war, um ihn über einen sicheren Listenplatz im Bundestag zu halten. Für sie wird er als Direktkandidat Wahlkämpfer binden und motivieren, auf die die Grünen sonst verzichten müssten, Linke in der Partei und außerhalb, bei einer Wahl, die Grünen-Obere schicksalhaft nennen.

Kommentarvon STEFAN ALBERTI

Diese Kandidatur war nach seiner Niederlage gegen Werner Schulz nicht unbedingt zu erwarten. „Der lässt sich nicht verheizen“, hatten Kreuzberger Freunde gemutmaßt, und er selbst machte auch nicht den Eindruck, als ob er das Feigenblatt für den linken Flügel machen wollte. Nun verheizt er sich selbst. Als Feigenblatt in einem aussichtlosen Wahlkreis, der zur Hälfte in der grünen Diaspora im Ostteil der Stadt liegt.

Ströbele spricht trotzdem von einer Chance und dass sich auch 10.000 Stimmen wenden ließen. Den eigenen Sinneswandel sollen viele, viele Gespräche bewirkt haben, die Ströbele mit Freunden und Unterstützern geführt hat. Keiner will ihn gedrängt oder ihm reingeredet haben. Fraktionsspitze und Parteivorstand heben abwehrend die Hände, wenn man ihnen unterstellt, sie hätten Ströbele bearbeitet.

Mit seiner Friedenspolitik will er punkten und wird es voraussichtlich auch tun – auf Kosten der anderen selbst ernannten Friedenspartei, der PDS. Die will dort Bärbel Grygier durchbringen und damit eines der drei Direktmandate sichern, die die PDS im Bundestag halten, wenn sie unter der Fünfprozenthürde bleibt. Aber wegen der PDS auf eine Direktkandidatur verzichten? Lieber zieht der Friedensfan ins letzte Gefecht für eine Partei, die eigentlich nicht mehr die seine ist.

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