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■ Straßmanns kleine WarenkundeDer Nothammer

Welch eine Phantasie! Daß es zur Not einen Hammer gäbe! Er wäre rot, hätte zwei gehärtete Spitzen und läge schwer in der Hand. Er hätte in seinem oberen, dem offensiven Teil ein gewisses suggestives Übergewicht, daß man immerfort würde schlagen wollen und treffen da, wo die Not am größten wäre. Der Nothammer gegen's Endlager, der Nothammer gegen die Zweidrittelgesellschaft, der rote Nothammer gegen Rechts – aaaah! Der Nothammer würde gordische Knoten durchschlagen.

Solcherart Apotheose des Nothammers ist natürlich männlich in jeder Beziehung. Der Nothammer ist ein Werkzeug zumindest präpotenter, wahrscheinlich aber omnipotenter Männerphantasie. Man denke an die Möglichkeit, mit dem Nothammer die Scheiben eines verriegelten Linienbusses zu durchschlagen, um in ihn einzudringen. Es würde „baff!“ machen, und die Sekurit-Scheibe würde in tausend Splitter zerspratzen, als hätte sie gewartet.

In den eroberten, „befreiten“ Linienbussen würden die Kühnen weitere Nothämmer finden, von Freunden der Bewegung dort versteckt, mit dünnen Drähten und Plomben gesichert. Ein kurzer Ruck – und wieder startete ein schwarzer Superman mit dem rotem Hammer, ein neuer Tarzan mit dem wilden Werkzeug des Willens in die Welt, zu den Orten der Not. Wer wollte sie aufhalten!?

Kläglich scheiterte der Versuch der großen Bus- und Bahnunternehmen, aus werblichen Gründen den großen Traum kleinlich zu vermarkten. Man hängte seinerseits in Bus und Tram lächerliche rötliche Plastikhämmerchen auf mit der Aufforderung, die Scheiben von innen zu zerschlagen. Das Volk indes fiel auf diesen mediokren Werbegag nicht herein und rührte die Scherzartikel nicht an. Denn merke: Den roten Nothammer trägt man im Kopf – oder gar nicht!

Burkhard Straßmann

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