Der Klimawandel und die Folgen für Berlin: Römische Hitze statt richtigem Winter
Dass der Klimawandel Berlin verändern wird, steht fest. Unklar ist dagegen, wie die Stadt sich an die veränderten Bedingungen anpassen kann. Forscher rechnen mit klimatologischen Spannungen.
Die Frage des Abends war klar gestellt: "Wie reagiert Stadtentwicklung auf die Klimaveränderung?" Die Podiumsteilnehmer des Stadtforums zum Klimawandel am Donnerstagabend waren sich einig: Derzeit kann man froh sein, wenn Städte überhaupt etwas tun. Wenn sie die Umwelt und das Klima nicht nur wirksam schützen, sondern sich darüber hinaus noch Gedanken machen, wie man sich an die bevorstehenden klimatischen Veränderungen anpasst. Und, so die vorsichtige Einschätzung: Berlin gehört zu den Städten, die zumindest damit beginnen, Anpassungsstrategien zu erarbeiten.
Die Senatsverwaltung für Stadtentwicklung hatte sich bei der Besetzung des Podiums Mühe gegeben: So sollte unter anderem Stadtplaner Carl Herwarth von Bitterfeld erste Ansätze des Stadtentwicklungsplans Klima vorstellen und Joachim Schellnhuber, Direktor des Potsdam-Instituts für Klimafolgenforschung, für den nötigen Hintergrund sorgen. Schellnhuber stellte zunächst klar, dass auf die Städte eine Menge Arbeit zu kommt: "Nachdem die Klimaverhandlungen von Kopenhagen ohne Ergebnis geblieben sind, rücken regionale Ansätze stärker in den Vordergrund", sagte er. Auch wenn das globale Ziel sei, die Erwärmung auf 2 Grad Celsius zu begrenzen - realistisch seien derzeit durchschnittlich 3,5 Grad mehr.
Herwarth von Bitterfeld machte deutlich, was das heißt: "Berlin wandert, klimatologisch betrachtet, auf die geografische Breite von Mailand oder Rom." Da die Stadt, ihre Infrastruktur, Lebensräume und Bewohner allerdings nicht mitwanderten, seien "klimatologische Spannungen" sicher. Aktuelle stadtplanerische Ansätze müssten daher hinterfragt werden. "Wir müssen zum Beispiel das Thema Dach- und Fassadenbegrünung neu bewerten", sagte die Staatssekretärin für Verkehr und Stadtplanung, Maria Krautzberger.
Problematisch sind laut Herwarth von Bitterfeld in Berlin besonders Gegenden mit dichter Bebauung. Dazu gehörten Großsiedlungen, Industriegebiete und Viertel mit Blockbebauungen aus der Gründerzeit. Wo die Bebauung dicht ist, sammelt sich in heißen Sommern die Hitze. Hier gelte es daher, Durchlüftungsmöglichkeiten zu schaffen, wie etwa Grünflächen. Das könne jedoch beispielsweise in den Gründerzeitsiedlungen schwierig werden. Denn hier gehörten die Gebäude vielen verschiedenen Eigentümern - die vermutlich unterschiedlich über Grünflächen und Fassadenbewuchs denken.
Damit der Senat über Studien und Pläne hinaus auch praktisch handelt, brachte Klimaforscher Schellnhuber gleich eine Hausaufgabe mit. Es gebe in Berlin so viel Altbausubstanz, die dringend energetisch saniert werden müsse - das ließe sich sicher gut im Rahmen einer Internationalen Bauaustellung realisieren, sagte Schellnhuber mit Blick auf die Senatorinnen für Stadtentwicklung Ingeborg Junge-Reyer (SPD) und Umwelt Katrin Lompscher (Linkspartei). "Vielleicht kann ja diese Idee aufgegriffen werden."
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