Der HSV schlägt Köln: Endlich wieder Fußball

Nach langen Querelen lässt der HSV den Ball wieder vernünftig laufen und gewinnt 6:2. Die chronisch auswärtsschwachen Kölner dienen dem Chaosclub als willkommener Aufbaugegner.

Das HSV-Team hat endlich wieder einen Grund zum Jubeln Bild: dapd

HAMBURG taz | Samstag, kurz nach halb sechs: HSV-Stürmer Mladen Petric macht vor, wie stille Genugtuung geht: „Es ist positiv, dass wir nach dem Spiel wieder hauptsächlich über Fußball reden“, sagt er. Dazu hatte er selbst erheblich beigetragen, indem er vorgemacht hatte, wie Toreschießen geht, dreimal in der ersten Halbzeit. Am Ende stand es 6:2.

In den vergangenen Wochen wurde beim Hamburger SV über alles Mögliche geredet: über Beinahe-Sportchef Matthias Sammer. Über den wirklichen neuen Sportchef Frank Arnesen, der aber erst im Sommer vom FC Chelsea kommt. Über Clubboss Bernd Hoffmann, der, nachdem sich der Aufsichtrat nicht zu einer Vertragsverlängerung durchringen konnte, als lahme Ente regierte und statt der 0:6-Pleite in München beizuwohnen erst mal Skifahren ging.

Über Hoffmanns plötzliche Rückkehr von der Piste, um erst Trainer Armin Veh und dann sich selbst und seine Stellvertreterin Katja Kraus aus dem Amt zu befördern. Darüber, ob die Beförderung von Co-Trainer Michael Oenning zum Cheftrainer von Dauer sein könnte. Über den neuen Interims-Vorstandschef Carl Edgar Jarchow, FDP-Abgeordneter in der Bürgerschaft und mit HSV-Aufsichtsrat und Expräsident Jürgen Hunke einst als Politrebell in der Statt-Partei aktiv.

Hamburger SV: Rost - Diekmeier (55. Demel), Kacar, Mathijsen, Aogo - Westermann, Zé Roberto - Elia, Ben-Hatira (60. Son) - Petric, van Nistelrooy (82. Torun)

1. FC Köln: Rensing - Brecko, Mohamad, Pezzoni, Eichner - Lanig, Petit (77. Makino) - Peszko (40. Chihi), Podolski, Jajalo - Novakovic (82. Clemens)

Zuschauer: 57.000 (ausverkauft)

Tore: 1:0 Petric (12.), 2:0 Ben-Hatira (32.), 3:0 Petric (38.), 4:0 Petric (44.), 4:1 Jajalo (50.), 5:1 Kacar (52.), 6:1 Zé Roberto (58./Foulelfmeter), 6:2 Podolski (62.)

Über den Aufsichtsrat, in dem Geheimnisse ungefähr so gut aufgehoben sind wie in der Redaktion einer Klatschpostille. Und schließlich über eine Initiative von HSV-Fans, die eine außerordentliche Mitgliederversammlung anstreben, um diesen Aufsichtsrat abzuwählen.

Beim Spiel gegen den 1. FC Köln wollten sie unter den HSV-Mitgliedern die letzten noch fehlenden Unterschriften dafür sammeln. Sie mussten sich beeilen, denn schon nach zwölf Minuten trat der Fußball in den Vordergrund: Mladen Petric traf. „Da haben wir ein bisschen Glück gehabt“, gab der neue Hamburger Trainer Michael Oenning zu. Es war eine Schlüsselszene. „Völlig überfordert“ sei seine Mannschaft danach gewesen, sagte sein Kölner Kollege Frank Schäfer. „Da haben wir Räume angeboten, die du auswärts nie preisgeben darfst.“

Die Kölner spielten erst in der zweiten Halbzeit ein bisschen mit. Zweimal mit Erfolg: Mato Jajalo trickste Dennis Diekmeier aus und traf zum 1:4. Der aufgewachte Lukas Podolski eroberte im Mittelfeld den Ball und schloss einen Sololauf eiskalt zum 2:6 ab. Eine auch in der Höhe verdiente Niederlage, wie Trainer Schäfer meinte. Nach einer starken Serie tue die richtig weh: „Das hat gesessen heute.“

HSV-Trainer Oenning kann nicht so deutliche Wort wählen. Er hat die schwierige Aufgabe, einerseits nicht illoyal gegenüber seinem alten Chef Armin Veh zu sein, andererseits seinen Anteil am Erfolg zu reklamieren. Denn bei aller Begeisterung für große Namen, die beim HSV herrscht, ist ja auch nicht ganz auszuschließen, dass Oenning einfach bleibt. Also relativierte er einerseits den Kantersieg: „Es war ja auch ein großes Risiko, zu sagen: wir gehen heute voll vorn drauf – das kann auch in die Hose gehen.“ Und andererseits stellt er fest: „Am Torjubel hat man gesehen – das war eine Befreiung.“

Viel hat Oenning nicht anders gemacht als sein Vorgänger. Aber er hat Ruud van Nistelrooy von Anfang an spielen lassen, nach einem intensiven Gespräch über seine Perspektiven in seinen letzten acht Spielen für den HSV. Der Holländer wirkte nach seiner gescheiterten Rückkehr zu Real Madrid zuletzt so unmotiviert, dass Veh ihn auf die Bank gesetzt hatte. Offensichtlich erntet sein Nachfolger nun die Früchte dieser Strafmaßnahme. Van Nistelrooy gab sich hinterher fast demütig: „Es war eine gute Erfahrung, mal nur Ersatz zu sein“, sagte der 34-Jährige. „Ich habe daraus viel gelernt.“

Und dann strafte er seinen Extrainer auf die wohl angenehmste Weise Lügen. Veh hatte schon vor seiner Entlassung geargwöhnt, nach seinem Abschied würden die Spieler sagen: „Wir haben jetzt eine viel bessere Ansprache, wir arbeiten taktisch viel mehr, und der Trainer spricht mehr mit uns.“ Doch Ruud van Nistelrooy antwortete auf die Frage, was der neue Trainer denn nun Besonderes mache, nur: „Darüber möchte ich jetzt gar nicht viel reden, denn damit würde ich ja auch sagen: das hat der alte nicht gemacht.“

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