Der Filzbeirat: Demokratie nur unter Zwang
Dass Beiräte, sofern sie nicht gewählt sind, ein Demokratieproblem haben, ist der Politikwissenschaft lange bekannt – und ist dennoch kein Grund, solche Gremien generell abzulehnen. Der Hamburger Integrationsbeirat aber hat kein Demokratieproblem. Er ist die Vergewaltigung der Demokratie.
Kommentar von HEIKE DIERBACH
Das betrifft zum einen die Auswahl der vertretenen Nationalitäten. Hier Repräsentativität zu erreichen, ist zugegeben schwierig. Sozialsenatorin Birgit Schnieber-Jastram (CDU) hat es aber gar nicht versucht. Im Gegenteil: Sie hat ganze Kontinente ausgeschlossen – und das sicherlich bewusst. Das können Menschen, die von dort kommen, nicht anders verstehen, als dass auch sie hier unerwünscht sind. Genau das ist die Absicht der Auswahl.
Die zweite Frechheit ist das Ausmaß, in dem Schnieber-Jastram die Plätze im Beirat nach Parteibuch vergibt. Dass die Quote von einem Drittel schamlos hoch ist, ahnt die Senatorin offenbar selbst – sonst hätte sie nicht die Parteifunktionen der betreffenden Mitglieder verschwiegen. Den Oppositionsparteien gleichzeitig je einen Platz anzubieten, ist ein Affront nicht nur gegen diese, sondern auch gegen demokratische Sitten.
Die Hamburger CDU, das wird immer deutlicher, duldet nur genau so viel Demokratie wie sie gesetzlich muss. In dieser Hinsicht stellt sie sogar die Schill-Partei in den Schatten.
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