: Der Feind steht links
■ Beim Politischen Aschermittwoch der CDU-Tiergarten ziehen Innensenator Jörg Schönbohm und CDU-Generalsekretär Volker Liepelt mit recht markigen Worten gegen die rot-grüne Gefahr zu Felde
Bayerisches Format hatte nur die Kellnerin. Beim Politischen Aschermittwoch der CDU-Tiergarten herrscht biedere Berliner Eckkneipenatmosphäre: Im proppevollen Lokal der Arminius- Markthalle erschallt aus einer Hammondorgel Paul Linckes Marsch von der „Berliner Luft“. Zwischen Zille-Bildern, Zinntellern und Fotografien von Männergesangvereinen warten zweihundert BürgerInnen überwiegend fortgeschrittenen Alters auf den Star des Abends: Innensenator Jörg Schönbohm.
Bis zu dessen Eintreffen heizt der CDU-Ortsverbandsvorsitzende Kuhn schon mal die Stimmung an. Der politische Feind ist in Tiergarten rot-grün, daran gibt es keinen Zweifel. Kuhn nimmt den grünen Bezirksbürgermeister Jörn Jensen aufs Korn: Im Designerlook laufe der rum, aber dem Bundespräsidenten Roman Herzog habe er die Aufwartung im Schmuddellook gemacht. Ein „trauriges Aushängeschild für den Bezirk“. Auch auf SPD-Baustadtrat Horst Porath wird eingedroschen – dem verübeln die Christdemokraten, daß er das von ihnen durchgefochtene Grillverbot im Tiergarten mit einem Trick ausgehebelt hat.
Einen Vorgeschmack auf den Wahlkampf gibt auch Lokalmatador Volker Liepelt, der frisch gekürte CDU-Generalsekretär. Grüne und PDS seien die „neuen Blockade- und Blockparteien“. Die Wurzeln der Grünen verortet Liepelt „in den kommunistischen Barrikadenkämpfen der 60er Jahre“. Das kommt an.
Die eigenen Reihen mahnt Liepelt nach dem turbulenten CDU- Parteitag vom vergangenen Wochenende zur Geschlossenheit. Mit den innerparteilichen Querelen müsse nun Schluß sein.
„Ich bin weder Parteisoldat noch Putschgeneral“, sagt Schönbohm in seiner ersten Rede als stellvertretender CDU-Vorsitzender. Auch er beschwört das rot- grüne Katastrophenszenario, wobei der CDU die Rolle des Retters zukommt. „Wer soll's machen, wenn nicht wir. Wir wollen Magdeburger Verhältnisse verhindern.“ PDS und Grüne, warnt Schönbohm, seien „Brüder und Schwestern im Geiste“.
Die SPD, so spottet Schönbohm, wisse ja noch nicht einmal, wer die Partei als Spitzenkandidat in den Wahlkampf führen werde. „Dzembritzki? Prima, finde ich gut. Oder Böger? Oder Fugmann- Heesing?“ Die CDU brauche den Vergleich nicht zu scheuen. Daß auch in der CDU nicht mehr klar ist, wie der nächste Spitzenkandidat heißt, spart er aus.
Schönbohm weiß, was ankommt. „Es gibt Beauftragte für Ausländer. Ich bin der Beauftragte für Inländer.“ Den stärksten Beifall erhält er für sein Bekenntnis: „Ich bin für die Nation, ohne Wenn und Aber.“ Der Ex-General nutzt geschickt seinen Bonus als politischer Quereinsteiger. Er präsentiert sich als ein Mann, auf dessen Worte Taten folgen. Ein älterer Herr meint später anerkennend: „Der ist nicht so ein Phrasendrescher wie andere Politiker.“
Auch CDU-Mitglied Charlotte Pfaff setzt Hoffnungen auf den Innensenator. Sie will ihn noch auf ein dringendes Problem ansprechen: Der Mathematiklehrer ihrer Enkeltochter sei ständig krank geschrieben. Ob man nicht die amtsärztliche Untersuchung für Beamte wiedereinführen könne? Dorothee Winden
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