Der FC Parma ist pleite: Grassierende Verantwortungslosigkeit
Der FC Parma hat nicht mal mehr Geld, um sein aktuelles Spiel in der A-Serie zu bestreiten. Die Pleite wirft auch schlechtes Licht auf das Gebaren der Ligachefs.
Wenn in Pizzerien und Modeboutiquen die Rollläden heruntergelassen bleiben, wertet man dies in Italien gern als Zeichen der Krise und nicht als Folge schuldhaften Handelns der Unternehmer. Als am Sonntag die Tore des ehrwürdigen Stadions Tardini verschlossen blieben, weil der Gastgeber FC Parma kein Geld mehr für Stewards und die Stromrechnung hatte, traute sich aber niemand, von Krise zu reden.
Denn der Verursacher der Spielabsage gegen Udinese Calcio wegen schnödem Geldmangels sind allen klar: Der frühere Klubbesitzer Tommaso Ghirardi. Ghirardi häufte in den sieben Jahren seiner Präsidentschaft nach jüngsten Hochrechnungen 96,5 Millionen Euro Schulden auf, allein 16 Millionen davon Steuerschulden.
Seit Juli bezahlt er den Spielern kein Gehalt mehr. Im November, dem letzten Monat seiner Präsidentschaft, zahlte der Produzent von Kugellagern aus Brescia nicht mal mehr die Angestellten der Geschäftsstelle aus.
Parma-Kapitän Alessandro Lucarelli wunderte sich freilich auch über die neuen Eigner, die in den letzten Monaten den Klub für einen symbolischen Euro einander weiterreichten. „Der eine hat eine Gesellschaft mit 1.000 Euro Eigenkapital zum Kauf des Klubs aufgebracht, die Gesellschaft des anderen hatte 7.500 Euro Einlagen“, meinte er bezogen auf den albanischen Ölunternehmer Rezart Taci und Giampietro Manenti.
Nicht zuletzt beschwerte sich Lucarelli in einem Interview der Gazzetta dello Sport über den Fußballverband und die Ligabosse. „Sie sind erst am Freitag zu uns gekommen und haben sich über die Lage informiert. Wo waren sie vorher? Was haben sie kontrolliert?“, schimpfte der 37-jährige Profi.
Ein Zeichen für die grassierende Verantwortungslosigkeit im Klub wie in den Verbandsetagen ist, dass dem zwischenzeitlichen Eigner Taci üppige Transfers mit sechs Neuzugängen – darunter je ein Nationalspieler aus Uruguay, Portugal und Italien – erlaubt wurden. Der von Taci ausgehaltene Klubpräsident, Emir Kodra, fantasierte gar von einer Verpflichtung Mario Balotellis.
Konkursverfahren eingeleitet
Der aktuelle Präsident Manenti fiel mit einem Zettel auf, auf dem angeblich 100 Millionen Euro als Einnahmen garantiert waren. Gehälter für die Neuzugänge wie den alten Kader oder die Angestellten überwies er aber ebenso wenig wie seine Vorgänger. Auch die Steuerschulden sind bislang nicht beglichen. Deshalb leitete die Staatsanwaltschaft ein Konkursverfahren ein.
Zu diesem Zeitpunkt erst wurden die Verbands- und Ligafunktionäre aktiv. Sie versprachen am Wochenende ein Fünf-Millionen-Euro-Paket, das dem FC Parma den Spielbetrieb bis zum Ende der Saison sichern soll. Wenn das Konkursverfahren angelaufen und ein Verwalter bestellt ist, soll er den Verein fit für eine Versteigerung machen.
Der neue Käufer soll die fünf Millionen an den Verband und die Liga zurückzahlen. Aus welchen Tiefen des Budgets die Funktionäre das Geld herbeizaubern wollen, ist bisher nicht bekannt. Die anderen Gläubiger müssen sich hinten anstellen. Zirka 37 Millionen Euro sind aktuell bei Lieferanten aufgelaufen. Das entspricht in etwa den jährlichen TV-Einnahmen Parmas.
Nicht bezahlte Gehälter
Bestenfalls darf der stolze FC Parma – in den 90er Jahren als AC Parma zweimal Uefa-Cup-Sieger und einmal Sieger im Cup der Pokalsieger – die nächste Saison in der Serie B beginnen. Gegenwärtig beträgt der Rückstand auf einen Nichtabstiegsplatz 13 Punkte; ein Punktabzug wegen nicht gezahlter Gehälter von vier bis fünf Punkten ist wahrscheinlich. Die bisherigen Resultate in der Meisterschaft behalten Gültigkeit.
Offen hingegen ist, ob der Verein sich überhaupt die nächste Auswärtsfahrt ins zwei Autostunden entfernte Genua leisten kann. Vielleicht springt als Sponsor ja eine Agentur für Mitfahrgelegenheiten ein.
Sportlich war der FC Parma in dieser Saison übrigens für die Europa League qualifiziert. Wegen nicht rechtzeitig bezahlter Einkommenssteuer für verliehene Spieler in Höhe von 280.000 Euro versagte die Uefa dem Klub aber die Lizenz. Wenigstens eine Instanz hat hier aufgepasst.
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