Der Erfolg von mobilen Spielen: Klein, independent, profitabel
Große Computerspiele sind längst so teuer und riskant wie Hollywood-Hits. Doch Gewinne machen vor allem kleinere Produktionen – und Indie-Spiele.
Spiele-Hits sind mittlerweile enorm teuer geworden. Hunderte Entwickler arbeiten dabei häufig mit einem Millionenbudget über Monate hinweg – an dem Spiel „Grand Theft Auto IV“, beispielsweise, arbeiteten 1.000 Mitarbeiter mit einem Budget von fast 100 Millionen Dollar dreieinhalb Jahre lang. Und danach ist keineswegs gesagt, dass sich ein Titel auch wirklich verkauft. Ähnlich wie bei großen Kinofilmen ist das Risiko eines Flops groß.
Entsprechend erfreut ist man mittlerweile in der Branche, dass es auch billiger geht. Tim Sweeney und Mark Rein, Gründer des Studios Epic Games, das unter anderem hinter der Hitspielreihe „Gears of War“ steckt, verrieten kürzlich, dass die auf iPad und iPhone verfügbare Actionreihe „Infinity Blade“ der profitabelste Titel gewesen sei, den man je entwickelt habe. „Der Titel ist profitabler als 'Gears of War' gewesen“, so Sweeney. Es sei langsam nicht mehr leistbar, jedes Jahr dreistellige Millionen-Beträge zu investieren, wie das etwa der Konkurrent Activision mit seiner „Call of Duty“-Reihe tue.
Und es geht noch gewinnträchtiger: dann nämlich, wenn Programmierer sich frei machen von bestehenden Strukturen der Spieleindustrie und ihr Schicksal einfach in die eigenen Hände nehmen. International erfolgreiche Titel wie „Braid“, „Fez“, „World of Goo“ oder „Super Meat Boy“ haben in den vergangenen Jahren gezeigt, dass sich auch mit unabhängig entwickelten Games, die kleine Teams ohne große Publisher oder Entwicklungsbudget produzieren, viel Aufmerksamkeit erzielen und vor allem auch gutes Geld verdienen lässt. Den Käufern ist es dabei zumeist völlig egal, wer einen Titel programmiert – Hauptsache, er sind gut.
An den Endkunden gelangen Entwickler solcher „Indiegames“, die in der Szene häufig als besonders kreativ gelten, über die neuen Vertriebsmöglichkeiten, die das Internet bietet. Neben den klassischen App-Stores von Google und Apple für Tablets und Smartphones, wo die Entwickler 70 Prozent des Umsatzes behalten dürfen, sind es vor allem die Plattformen Steam auf dem PC und Xbox Live auf der Microsoft-Konsole Xbox 360, die interessante Chancen eröffnen.
„Super Meat Boy“, an dem nur zwei Spieledesigner arbeiteten, verkaufte sich bis zum Frühjahr 2012 über eine Million Mal. „Braid“, das der einst bei großen Softwarefirmen angestellte Entwickler Jonathan Blow drei Jahre praktisch im Alleingang mit Unterstützung eines Grafikers realisierte, erreichte ähnliche Absatzzahlen.
Millionenverluste bei den großen Studios
Klar ist schon jetzt, dass mobile Spiele und Indiegames die Branche verändern werden. Zu spüren bekommen das vor allem die klassischen Hard- und Softwarehersteller, die auf Großproduktionen setzen. So schrieb Nintendo im zweiten Quartal 2012 erneut rote Zahlen: Erstaunliche 180 Millionen Euro Verlust machte der japanische Spielekonzern, der über viele Jahrzehnte hochprofitabel war und nach verkauften Geräten sogar Platz 1 weltweit belegt.
Ob sich die Situation mit Erscheinen der neuen „Wii U“-Konsole ändern wird, die Ende 2012 auf den Markt kommen soll, ist noch nicht absehbar; unterdessen versucht das Unternehmen, mit einer Großversion seiner tragbaren 3DS-Spielkonsole neue Kundenkreise zu erschließen, die noch nicht auf Smartphones abgewandert sind.
Bei Sony und Microsoft kämpft man unterdessen mit der Tatsache, dass die aktuelle Gerätegeneration mittlerweile völlig veraltet ist – die Playstation 3 wird im kommenden Herbst sechs Jahre alt, die Xbox 360 sogar sieben. Das ist, gerechnet auf die schnellen Innovationszyklen insbesondere bei mobilen Geräten, eine wahre Ewigkeit. Mit der Zeit verbesserten die Firmen zwar ihre Hardware, doch an Grafik- und Soundfähigkeiten der beiden Geräte änderte sich aum etwas.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Müntefering und die K-Frage bei der SPD
Pistorius statt Scholz!
Kampf gegen die Klimakrise
Eine Hoffnung, die nicht glitzert
Krieg in der Ukraine
Biden erlaubt Raketenangriffe mit größerer Reichweite
Unterwanderung der Bauernproteste
Alles, was rechts ist
Die Brennelementefabrik und Rosatom
Soll Lingen Außenstelle von Moskaus Atomindustrie werden?
Rentner beleidigt Habeck
Beleidigung hat Grenzen