Spieleplattform Steam für Linux geöffnet: Mehr zocken mit Linux
Die Spieleplattform Steam gibt es nun auch für Linux. Das könnte dem freien Betriebssystem zu mehr Nutzern verhelfen – und zu besseren Grafiktreibern.
BERLIN taz | Linux und Computerspiele – das sind zwei Welten, die man in der Vergangenheit eher nicht miteinander in Verbindung brachte. Doch jetzt hat der Spieleproduzent Valve sein System „Steam” für Linux angepasst und könnte damit dem freien Betriebssystem einen unerwarteten Schub verpassen.
Über Steam können zahlreiche Spiele gekauft und heruntergeladen werden. Ähnlich wie bei einem App-Store kann der Spieler über das Programm in einer Auswahl von mehreren Tausend Spielen suchen. Valve vertreibt über Steam seine eigenen Spiele, aber das System wird auch von zahlreichen anderen Spieleherstellern genutzt. Schätzungen gehen davon aus, dass über die Hälfte aller Verkäufe von PC-Spielen über Steam abgewickelt werden.
Im Juli erklärte Valve-Chef Gabe Newell in einem Interview mit dem Onlinemagazin Venturebeat, warum seine Firma künftig auch auf Linux setzt. Der ehemalige Microsoft-Mitarbeiter äußerte heftige Kritik am neuen Windows 8. Das System sei „eine Katastrophe für alle im PC-Bereich“. Was den Valve-Chef so zur Rage brachte: Microsoft führt mit Windows 8 selbst einen App-Store ein, der Systemen wie Steam Konkurrenz macht. Die Befürchtung mancher: Microsoft könnte langfristig, ähnlich wie Apple das bereits heute auf iPhones und iPads macht, die Installation von Programmen aus anderen Quellen einschränken oder komplett unterbinden.
Seit Anfang November konnten ausgewählte Nutzer eine Testversion von Steam unter Linux installieren, nun öffnet Valve den Beta-Test für alle. Aktuell stehen 40 Spiele zur Verfügung. Kostenlos kann bislang der Ego-Shooter Team Fortress 2 gespielt werden, bekannt ist weiterhin, dass Valve intern an einer Linux-Version seines Top-Titels „Left 4 Dead 2“ arbeitet, ebenfalls ein Ego-Shooter. Daneben findet man eine Reihe von Indie-Games, die zum Großteil auch schon vorher über andere Kanäle für Linux verfügbar waren, etwa das preisgekrönte Puzzlespiel „World of Goo“.
Steam könnte dem Linux-Desktop den lange erhofften Schub bringen. Das freie System wird zwar oft gelobt, doch bemängelt wird immer wieder das mangelhafte Angebot an Spielen. Viele Linux-Anwender haben auf ihrem PC parallel ein Windows-System ausschließlich für Computerspiele. „Unsere Wahrnehmung ist, dass eines der großen Probleme, die Linux zurückhält, die Abwesenheit von Spielen ist“, erklärte Valve-Chef Newell hierzu.
Auch Nichtspieler profitieren
Der Erfolg der Strategie wird allerdings davon abhängen, wie viele Spielehersteller Valve davon überzeugen kann, ihre Titel auf Linux zu portieren. Denn ein Computerspiel läuft nicht automatisch auf verschiedenen Betriebssystemen – der Programmcode muss hierfür erst angepasst werden. Der Aufwand ist dabei sehr unterschiedlich. Einfacher ist es, wenn bereits bei der Entwicklung eines Spiels darauf geachtet wird, dass es unter unterschiedlichen Systemen lauffähig ist.
Profitieren könnten davon auch Linux-Anwender, die sich für Spiele überhaupt nicht interessieren. Denn Valve hat dadurch ein Interesse daran, dass die Leistung von Grafikkarten unter Linux verbessert wird. Hierzu trafen sich etwa bereits Valve-Entwickler mit Programmierern von Intel, die dort für die Entwicklung der Linux-Grafikkartentreiber zuständig sind. Erste Änderungen, die die Geschwindigkeit der 3D-Grafik unter Linux verbessern, flossen schon in die Intel-Treiber ein.
Künftig plant Valve neben der Linux-Version von Steam für Desktop-PCs auch, eine Steam-Konsole zu produzieren und damit seine PC-Spiele ins Wohnzimmer zu bringen. Branchenbeobachter vermuten: Die „Steam Box“ könnte als Unterbau ebenfalls auf Linux setzen.
Leser*innenkommentare
Hansi
Gast
Als Fan freier Software ist es mir erstmal egal, ob nicht-freie Software (Spiele oder was auch immer) auf Linux portiert wird oder nicht. Wenn es die Entwicklung freier Graphiktreiber fördern sollte, somit also auch freie Software davon profitiert, ist es zu begrüßen.
derSpain
Gast
Diese Nachricht freut mich sehr. Seit ich mir vor einigen Tagen eine Präsentation von Win8 angeschaut habe bekam ich es ein wenig mit der Angst zu tun. Das neue OS ist schrecklich aber auf anderen Plattformen werden meine Spiele zum größten Teil nicht laufen. Doch das kann sich jetzt ändern, wenn Linux populär wird und Entwickler und Verleger sich dort einen Konkurrenzkampf liefern. Nicht von Microsoft abhänhig zu sein ist auf ejden Fall begrüßenswert. Doch bis sich ein ordentlicher Wettbewerb durchsetzt ist man auf Linux bezüglich der neuen Spiele immernoch von Steam abhängig... auch kein schöner Gedanke :/
Ich kann mir grad nicht verkneifen das Foto des Artikels gegen die pingelige Kritik zu verteidigen: Man kan in diesem Spiel auch Textnachrichten schreiben, das macht man dann mit beiden Händen. Oder kauft der Spieler gerade ein weil er nur eine Glock-Pistole hat? Das geht auch mit beiden Händen auf der Tastatur.
Markus
Gast
@moep dito. CS lief bei mir unter Linux mit wine bisher immer besser als unter Windows.
@Cliff Man kann auf dem Bild eindeutig erkennen, dass die Runde gerade angefangen hat. Auf der rechten Seite des Bildes sieht man, dass der Spieler gerade Geld für eine gewonnene Runde bekommen hat, außerdem steht er neben anderen Spielern am T-Spawnpoint auf der Map de_piranesi. Die rechte Hand liegt oben auf den Zahlen, um im Kaufmenü Waffen auszuwählen :) Erst wenn das abgeschlossen ist, kommt die Hand auf die Maus.
mörff
Gast
Die offenbar weit verbreitete Unzufriedenheit mit Win8 aber auch die Tatsache, dass es immer mehr Android und Apple-User gibt, deutet m.M.n. darauf hin, dass es in der Welt der Betriebssysteme mehr Diversität geben dürfte und damit kommt auch Linux aus seinem Nischendasein heraus (was Desktop-Rechner angeht).
moep
Gast
Zur Bildunterschrift: Ich habe selbst vor Jahren schon Counterstrike auf Linux gespielt - zwar nicht auf steam, aber mit "wine" geht das.
arribert
Gast
Dieser Schritt von Steam ist sicherlich begrüßenswert, wenn ich auch kein großer Spieler bin, aber dafür ein Linuxanhänger. Was für ein Ziel verfolgt Steam aber damit. Steam wird demnächst eine Steam-Konsole für den Fernseher auf den Markt bringen. Da ist es doch nur konsequent auf ein freies Betriebssystem zu setzen. Heute schon kann man den Client so konfigurieren, dass er automatisch und im Big-Picture-Modus startet. Dann sieht er auch genauso aus, wie man sich eine oben genannte Steam-Konsole auf der Glotze vorstellt. Wer also auf das Gerät nicht warten will, kann sich mit Hilfe eines Home-Theater-PCs, Ubuntu und Steam-Beta selbst eine basteln.
Cliff Meißner
Gast
Vielen Dank an die Taz, dass Sie Spielethemen auch abseits von Massakermeldungen aufgreift bzw. bei letzteren sowieso schon angenehm zurückhaltend und nicht in den Chor der Schuldzuweiser einstimmend berichtet.
Kritik am Foto habe ich dennoch: Einen Shooter spielt man mit einer hand auf der Maus. So wird der arme Kerl dort gewiss sehr schnell horizontal liegen.
Die Meldung finde ich klasse. Als GameStar-Leser ein alter Hut, für die breite Masse, die die Taz tendenziell eher erreicht als ein Spezialmagazin, etwas neues und interessantes. Aus den im ersten Absatz genannten gründen.