Der EU-Krisengipfel: Vertragsmarathon ohne Ende
Irland und Tschechien haben sich auf dem Gipfel durchgesetzt: Die EU gibt sich keine Fristen für die Ratifizierung des Lissabon-Vertrags. Sarkozys Drohung eines Erweiterungsstopps ist damit verpufft.
![](https://taz.de/picture/386655/14/Sarkozy_01.jpg)
BRÜSSEL dpa Die europäischen Staats- und Regierungschefs verzichten auf ein neues Zieldatum für die Ratifizierung des EU-Reformvertrags von Lissabon. Das geht aus dem Entwurf der Gipfel- Schlussfolgerungen hervor. In dem Papier, das die Gipfelrunde am Freitag in Brüssel verabschieden sollte, heißt es zum weiteren Ablauf: "Der Europäische Rat war sich einig, dass mehr Zeit zur Analyse der Situation benötigt wird." Ein Datum wird nicht genannt.
Ursprünglich sollte der Vertrag zum Jahresbeginn 2009 in Kraft treten. Das Nein der Iren bei der Volksabstimmung vor einer Woche hat dieses Datum äußerst unwahrscheinlich gemacht. Am Donnerstag hatten verschiedene Gipfelteilnehmer betont, die Reform müsse "rechtzeitig" vor der Wahl zum Europäischen Parlament im Juni 2009 wirksam werden.
Die irische Regierung wird laut Gipfeldokument aktiv sowohl intern als auch mit den anderen Mitgliedstaaten beraten, "um einen Weg nach vorn vorzuschlagen". Beim nächsten EU-Gipfeltreffen im Oktober solle erneut über das Thema beraten werden.
Die Gipfelteilnehmer heben weiter hervor, dass der neue Vertrag wichtig sei, damit die erweiterte Union wirksamer und demokratischer funktionieren kann. 19 Länder hätten den Vertrag bereits angenommen und weitere setzten die Ratifizierung fort. Damit der Lissabonner Vertrag in Kraft treten kann, müssen ihn alle 27 EU-Staaten rechtskräftig ratifiziert haben.
Damit hat sich bei den zähen Beratungen in der Nacht zum Freitag offensichtlich die Position Irland und Tschechien gegen die des französischen Präsidenten Sarkozy durchgesetzt. Beide Länder wollten keine Fristen für die weitere Ratifizierung des Reformvertrages nennen.
Eine Veto-Drohung Sarkozys hatte deutlich gemacht, dass die Irland-Krise die Erweiterung der Union um neue Staaten akut gefährdet. "Ohne den Lissabon-Vertrag gibt es keine Erweiterung", sagte der Pariser Staatschef. Seine Ankündigung betreffe auch Kroatien. Dessen Beitrittsverhandlungen sind schon weit fortgeschritten, Zagreb strebt einen Beitritt bis Herbst 2009 an. Sarkozy kündigte an, dass er nach der im Juli beginnenden französischen EU-Ratspräsidentschaft nach Irland reisen und dort mit der Regierung sprechen will.
Der Gipfel endet mit einer Debatte der Regierungschefs über die gestiegenen Ölpreise. Es sollen Lösungen gefunden werden, wie die Bürger angesichts dramatisch gestiegener Lebensmittel- und Energiepreise entlastet werden können. Dabei konnte Sarkozy mit seinem umstrittenen Vorschlag punkten, die Mehrwertsteuer auf Heizöl und Sprit zu deckeln. Nicht alle EU-Staaten, vor allem im Norden Europas, billigen jedoch diesen Vorstoß. EU-Kommissionspräsident José Manuel Barroso sicherte zu, alle Möglichkeiten im Kampf gegen die hohen Ölpreise bis zum Oktober prüfen zu wollen. Dazu gehöre auch der französische Vorschlag.
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