Der Chef über den Papst: „Ick aba bin Gott, dit reicht“
Seit Jahren finden in der Choriner Straße in Berlin-Prenzlauer Berg „Zwiegespräche mit Gott“ statt. Beim jüngsten Treffen durften wir zuhören.
Ahne: Na Gott.
Gott: Na.
A: Na, weeßte schon, wer der neue Papst würd?
G: Ick bin so müde, so schrecklich müde binnick.
A: Nu tu doch nich so, Gott. Is immahin dein Stellvatreta.
G: Na klah. Mein Stellvatreta. Hast schon ma deutlich bessere Scherze jemacht, Sportsfreund, deutlich bessere Scherze haste schon jemacht.
geboren 1968 in Berlin, heißt bürgerlich Arne Seidel. Er ist Schriftsteller und gehört zur Stammbesetzung der Berliner Vorleseinstitution „Reformbühne Heim & Welt“. Seine „Zwiegespräche mit Gott“ sind regelmäßig auf Radioeins vom RBB zu hören und in zahlreichen Büchern gesammelt.
A: Gloobste einklich ooch, Gott, dit der Neue nich aus Europa kommt, diesma?
G: Woher weeßte ’n dittit ’n DER is?
A: Wahscheinlichkeitsrechnung?
G: Beherrschste doch janich.
A: Punkt für dir.
G: Tja.
A: Findick übrigens voll kuhl, Gott, dit der zurückjetreten is, der Papst.
G: Warum?
A: Na, weila damit ürgendwie ’n Zeichen setzt, findick. Schließlich issa ja imma noch ’ne Konstitutjon für ville.
G: ’ne? wat?!
A: Konstitutjon, ’ne Konstitutjon.
G: Institutjon meinste.
A: Is doch ditselbe. ’n Vorbild ebend. Jemand, dem vatraut würd, uff dessen Wort man hört, dem seine Äußerungen Jewicht besitzen. In Südamerika zun Beispiel oda in Mittleren Osten oda ooch hier in Rheinland, da ooch, da wohnen ja ooch ville, die den Papst jewählt ham.
G: Hmm.
A: Is imma jut, Gott, wemman noch ma neue Wege beschreitet. Wemman ma ’n Punkt setzt und alte Zöppe abschneidet. Warum nich ma ’ne Sprache lernen, zun Bleistift? Wat weeß icke, Rumänisch oda Ugandisch. Oda man merkt plötzlich: ’Man, ick könntit ja ma vasuchen, ick könnt ja ma Teppiche knüpfen‘, wa? Oda ’n janz andan Beruf, hier Untastufenlehra oda Betonbaua oda wat mit Bio. Is ja wichtich, dit man sich ooch ma umorjentiert in sein Leben, dafür sollte es nie zu spät sein, Gott. Nie zu spät sollte es dafür sein.
G: Rediste dir grade ins Jewissen, ja?
A: Nich mir. Alljemein. Und deswejen findick dit ja ooch so jut. Ick meine, villeicht entscheidit sich just in diesen Augenblick, Gott, ein Gengsta, ein katholischa Gengsta, ürgendwo uff unsan herrlich blauen Planeten, uff unsre wundaschönen Mutti Erde, mit seinen schlümmen Jetue endlich uffzuhörn und ähnlich wie Johannes Paul noch ma vollkommen neu durchzustarten.
G: Benedikt.
A: Wat?
G: Benedikt heißt der, nich Johannes Paul.
A: Biste dir sicha?
G: Ziemich. Johannes Paul wah der Papst vor Benedikt.
A: Nee. Da ürrst ausnahmsweise ma du, Gott. Weil, dit weeßick würklich hundatprozentich, der Papst davor wah ’n Pole.
G: Unbedingt.
A: Und ein Pole, Gott, der würde villeicht Pawel heißen, nich aba Paul.
G: Benedikt heißt ja ooch nich Benedikt, sondan Joseph.
A: Übasetzt?
G: Nee. Man dürf sich ’n neuen Namen jeben, wemman Papst würd.
A: Tatsache? Und wemman zurücktritt? Muss man den wieda abjeben oda kamman ihn behalten? Oda hat man ’n lustijen Doppilnamen, denn?
G: Man?, äh, hattiste nich noch wat zu tun?
A: Nee.
G: Ick aba.
A: Schade. Tschüss Gott.
G: Tschüss du.
A: Ach, Gott?
G: Ja?
A: Deinen Vornamen, den kannste wohl nich leiden, wa?
G: Vornamen sind modische Begleiterscheinung, mein Freund, banal und vergänglich. Manchma zauban se uns ein Lächiln ins Jesicht, ick aba bin Gott, dit reicht.
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