piwik no script img

■ Das PortraitDer Blauhelm

Das weltweit bekannteste militärische Ausrüstungsstück der UNO, dessen Träger im Jahre 1988 sogar mit dem Friedensnobelpreis ausgezeichnet wurden, ist in der Waffen- und Bekleidungskammer der Weltorganisation eigentlich gar nicht vorgesehen. Die Friedenstruppen (peace-keeping-forces), mithin auch ihre Ausrüstung, sind ein Produkt der Improvisation, allerdings ein mittlerweile allgemein geschätztes.

Die blauen Helmträger traten erstmalig nach dem Überfall Englands und Frankreichs auf den Suezkanal 1956 in Aktion, mußten jedoch bald wieder abziehen, da Ägyptens Staatschef Nasser sich nicht an die Helmfarbe gewöhnen konnte. Ganz zu Unrecht, denn Blau symbolisiert in den meisten Religionen und Kulturen hoffnungsvolle Sehnsucht, Hinwendung zum Menschlichen, den Frühling und, entgegen dem Slogan der Kulturrevolution, in China auch die östliche Himmelsrichtung.

Die Blauhelme sind farblich Abkömmlinge der blauen UNO-Flagge. Als die mit der Farbfindung beauftragte Sonderkommission der UNO 1945 in San Francisco zusammentrat, war ihre Aufgabe alles andere als leicht. Sämtliche in Frage kommenden Farben waren entweder belegt oder hoffnungslos diskreditiert. Für Blau sprach, daß sich lediglich die Falange in Spanien vorübergehend ihrer bedient hatte – und das auch noch in anderer Tönung.

Foto: Hartmut Schwarzbach/

argus

Blauhelmträger zu sein ist zwar sympathisch, relativ ertragreich und karrierefördernd, aber nicht ganz ungefährlich. Es empfiehlt sich, beim Ausbruch von Kämpfen in der jeweiligen „Pufferzone“ den behelmten Kopf einzuziehen, denn die Bewaffnung ist nur leicht und der Gebrauch der Waffe beim peace-keeping nur in engen Grenzen erlaubt.

In der deutschen Blauhelm-Diskussion wird dieser letztere Aspekt leicht übersehen. Hier dominiert eine andere Farbassoziation: Blau als Symbol der deutschen Männlichkeit. Der Tag ist nicht mehr fern, daß unsere Kleinen im Matrosenanzug den Einsatz deutscher Waffen feiern werden – wie einst, als es gegen die Hereros und Hottentotten ging. Hoffen wir, daß die deutschen Blauhelme bald jene blauen Briefe erhalten werden, mit denen ihnen im alten Preußen die Entlassung angezeigt wurde. Johann Blau

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen