Der Berliner CSD, ein Foto und die Folgen: Zu nah am US-Botschafter
Der Geschäftsführer der Magnus-Hirschfeld-Stiftung ließ sich mit dem Trump-freundlichen US-Botschafter ablichten. Nun gibt’s Ärger.
Kurz nach Ende des Berliner Christopher Street Day am Samstag veröffentlichte Jörg Litwinschuh, Geschäftsführer der Magnus-Hirschfeld-Stiftung, ein Foto, das ihn zusammen mit Richard Grenell, dem US-Botschafter in Deutschland, zeigt. Das Problem an dem Bild, das nur auf Litwinschuhs persönlichem Facebook-Account zu sehen war: Grenell ist überzeugter Donald-Trump-Fan und wurde vom US-Präsidenten persönlich auf den Berliner Posten berufen.
Dass sich nun Litwinschuh als Vertreter einer Stiftung, die sich für die Rechte Homosexueller einsetzt, ausgerechnet mit einem Repräsentanten der Regierung Trump in dessen Botschaftsgarten traf, irritiert in der Schwulenszene. Immerhin ist die gegenwärtige US-Regierung bisher nicht gerade durch ihre freundliche Haltung gegenüber Minderheiten aufgefallen.
Auch Grenell, obwohl selbst schwul, ist alles andere als ein Liberaler. „Ich möchte unbedingt andere Konservative in ganz Europa stärken“, sagte er Anfang Juni der rechten Nachrichtenseite Breitbart London. Entsprechend ließ Kritik an dem Foto nicht lange auf sich warten.
Kritik und Entschuldigung
Als „einen Schlag ins Gesicht von Millionen LSBTI, die unter der Politik der Trump-Regierung leiden“, bezeichnete es etwa Dirk Ludigs vom queeren Berliner Onlinemagazin Siegessäule. Er forderte Litwinschuh auf, sich zu entschuldigen, was dieser am Sonntagabend nach weiterer Kritik auch tat.
„Aus persönlicher Eitelkeit habe ich bei dem gestrigen Foto mein eigentliches Anliegen konterkariert“, schrieb Litwinschuh auf Facebook. „Dafür möchte ich mich entschuldigen.“ Allerdings verwies er darauf, dass er auch in Zukunft mit dem Botschafter und anderen Konservativen reden wolle.
Prinzipiell nicht falsch, findet Micha Schulze, geschäftsführender Redakteur von queer.de. „Natürlich muss Jörg Litwinschuh als Vertreter einer Bundesstiftung so einen Dialog führen können“, sagt er. „Die Frage ist aber, wie man das inszeniert und ob man sich dabei instrumentalisieren lässt.“ Das Foto mit dem Botschafter wertet Schulze als ersten wirklichen Fehler von Litwinschuh, der sonst bisher sehr gute Arbeit geleistet habe. Zurücktreten muss also wohl keiner – anders als im Fall Özil.
Den Vergleich mit dem Fußballer zog auch Litwinschuh selbst: „Ich beobachte und bewundere Mesut Özils Weltkarriere seit Jahren“, schrieb er in seiner Entschuldigung, „sein langes Schweigen zu seinem Foto mit dem umstrittenen türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdoğan fand ich befremdlich.“ Er selbst schwieg immerhin nur kurz.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Prozess gegen Letzte Generation
Wie die Hoffnung auf Klimaschutz stirbt
Börsen-Rekordhoch
Der DAX ist nicht alles
Machtkämpfe in Seoul
Südkoreas Präsident ruft Kriegsrecht aus
Habeck wirbt um Fachkräfte in Kenia
Gute Jobs, schlechtes Wetter
Gesetzentwurf aus dem Justizministerium
Fußfessel für prügelnde Männer
Nikotinbeutel Snus
Wie ein Pflaster – aber mit Style