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Denkmalpflege per CrowdfundingEin Schwarm fürs nationale Erbe

Was tun, wenn das Parlament den Kulturetat kürzt? In Frankreich werden Denkmäler mit privaten Spenden aus dem Crowdfunding restauriert.

Diese Ruhmeshalle wird bald auch die Namen der Crowdfunder würdigen: Panthéon. Bild: Screenshot: Mymajorcompany.com

Als das französische Parlament vor Kurzem ankündigte, den Kulturetat für die nächste Legislaturperiode drastisch zu kürzen, war dem Kulturministerium – verständlicherweise – gar nicht wohl. Wie sollte man die wegfallenden Subventionen für die Kultur in Zukunft ersetzen? Ein Pariser Musiklabel und das Centre des Monuments Nationaux fanden gemeinsam die Lösung: Crowdfunding.

Inzwischen sammelt das Centre des Monuments Nationaux auf der Plattform My Major Company Gelder für die Restaurierung von Denkmälern. Denn, genau das ist die Aufgabe der Unterbehörde des französischen Kulturministeriums: die Erhaltung und Restaurierung nationaler Monumente.

Die Aktion für die Restauration des Panthéons beispielsweise, der nationalen Ruhmeshalle der Franzosen, ist sehr erfolgreich gestartet, auch wenn es sich wahrlich nicht um große Summen handelt. Bereits nach wenigen Tagen war die gewünschte Summe von 5.000 Euro zur Teilfinanzierung der Kosten eingesammelt. Die Kampagne läuft allerdings noch 150 Tage und inzwischen sind schon über 20.000 Euro gespendet.

„Wir wussten am Anfang nicht, wie die Menschen reagieren würden. Wir haben gehofft, einige Franzosen mit dem Aufruf zum Retten des kulturellen Erbes für das Projekt motivieren zu können. Das scheint uns gelungen zu sein“, kommentiert My Major Company den Erfolg. Über 350 Franzosen haben bisher allein für das Panthéon gespendet. Parallel laufen noch Crowdfunding-Projekte zu drei anderen nationalen Monumenten, von denen eins bereits überfinanziert ist.

Pascal Monnet, Direktor des Panthéon und sein Kollege Matthieu Juin-Levite wenden sich per Youtube-Video direkt an die Crowdfunder: Zum ersten Mal gebe es die Möglichkeit, sich als Bürger direkt an der Restaurierung des Monuments zu beteiligen. „Zum Dank können die Spender während der Bauarbeiten den eigenen Namen mit Foto an die Tür des Monuments anbringen lassen.“ Zusätzlich werden sie zur Einweihung eingeladen und können die Spende steuerlich anrechnen lassen.

Für eine Spende von einem Euro bekommt man von dem Ministerium eine persönliche Danksagung auf der //www.facebook.com/pages/le-Centre-des-monuments-nationaux/125968196163:Facebook-Seite und dem Twitter-Profil. Für dreihundert Euro gibt es Danksagungen, Name und Foto auf dem Monument, ein Zertifikat als Schirmherr und die Einladung zur Einweihung.

Keine Alternative für Kulturpolitik

My Major Company war ursprünglich nicht als Crowdfunding-Plattform gedacht, sondern als Musiklabel. Die Idee mit dem Crowdfunding kam den jungen Parisern, als sie sich überlegten ihre Musiker nicht nur professionell zu begleiten, sondern via Crowdfunding auch finanziell zu helfen.

Aufgrund des Erfolges möchte sich My Major Company in Zukunft noch mehr dem Crowdfunding widmen. Das Unternehmen ist sich sicher, dass das Kulturministerium weitere Projekte mithilfe der Crowdfunding-Plattform finanzieren wird. Zusätzlich hat das Musiklabel einen offenen Brief an alle Bürgermeister Frankreichs gesendet, um diese künftig für die Crowdfunding-Technologie zu gewinnen.

Andreas Will forscht an der TU Ilmenau zu Crowdfunding. Den aktuellen Vorstoß der Franzosen hält er für begrüßenswert, sieht darin aber kein wirkliches Zukunftspotenzial: „Wenn man sich die Summen jetzt aktuell in Frankreich ansieht, dann ist das ja ein Witz, im Vergleich beispielsweise zu den Beträgen im Popbereich, wo durch Crowdfunding ja auch schon mal Millionenbeträge zusammengekommen sind.“

Das liege zum Beispiel daran, dass man durch das Internet bislang nur eine begrenzte Gruppe von Personen erreicht. Außerdem seien wir in Europa einfach nicht an das sogenannte Mäzenatentum gewöhnt, also eine finanzielle Förderung im kulturellen Bereich ohne direkte Gegenleistung.

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