Den Gefängnissen fehlen die Insassen: Zu wenig Häftlinge
Nach dem Bau der JVA Bremervörde sind gut 1.500 Haftplätze in Niedersachsen nicht belegt. Jetzt könnten gleich drei Knäste geschlossen werden.
Niedersachsen plant offenbar, Gefängnisse wegen Unterbelegung zu schließen. Seit Tagen spekulieren Medien, die Justizvollzugsanstalten in Salinenmoor bei Celle, Braunschweig und Aurich könnten dichtgemacht werden. Das Justizministerium hat die Beschäftigten der drei Standorte am Dienstagnachmittag zu Personalversammlungen geladen. Das rot-grüne Regierungskabinett soll die Schließungspläne demnach in Kürze offiziell verabschieden.
Der Grund sind leere Haftplätze, die es in den 13 niedersächsischen Gefängnissen schon seit Jahren gibt: Aktuell kommen auf 6.500 Plätze nur rund 5.000 Inhaftierte. 2004 waren es noch fast 6.900. Die Entwicklung ist überregional: Bundesweit ist die Gefangenenzahl zwischen 2007 und 2012 von 64.000 auf 57.600 zurückgegangen. Kriminologen begründen das mit einer sinkenden Kriminalitätsrate und entsprechend weniger Verurteilungen zu Haftstrafen. Allein bei den Tötungsdelikten gibt es laut dem Kriminologischen Forschungsinstitut Niedersachsen seit 2000 einen Rückgang von 30 Prozent.
Niedersachsens Justizministerin Antje Niewisch-Lennartz (Grüne) plant nun eine „Neuordnung der Justizvollzugslandkarte“. Schließungen einzelner Anstalten seien Teil der Überlegungen, erklärt ein Sprecher. Nähere Angaben wollte er am Dienstag bis Redaktionsschluss nicht machen. Auch zur Zukunft der Standorte Salinenmoor, Braunschweig und Aurich mochte er sich nicht äußern.
Von den 150 Beschäftigten der teilprivatisierten JVA Bremervörde sind nur 84 Landesbedienstete. Sie sind für die hoheitlichen Aufgaben wie die Bewachung der Insassen zuständig.
Beschäftigte eines Privatunternehmens übernehmen die medizinische Versorgung und die Verpflegung der Gefangenen.
Die Laufzeit der Öffentlich-Privaten-Partnerschaft beträgt 25 Jahre.
Wegen des JVA-Neubaus wurden kleinere Gefängnisse wie in Stade geschlossen.
Den schrittweisen Abbau von Hunderten Haftplätzen kündigt unterdessen der justizvollzugspolitische Sprecher der SPD-Landtagsfraktion, Marco Brunotte, an. Zugleich betont er, man werde „gute Lösungen“ für die betroffenen JVA-Beschäftigten finden. „Die nun möglichen Freiräume sollen für mehr Qualität, gute Behandlungsangebote und bessere Betreuungsschlüssel genutzt werden“, sagt Brunotte. Mit der Schließung der landeseigenen Anstalten in Salinenmoor, Braunschweig und Aurich würden insgesamt 385 Haftplätze wegfallen.
Unnötig verschärft hat die Situation aus seiner Sicht der Bau der umstrittenen teilprivatisierten JVA Bremervörde durch die Vorgängerregierung. 300 neue Haftplätze wurden mit dem Prestigeprojekt von Schwarz-Gelb geschaffen, das Anfang 2013 kurz vor dem Regierungswechsel in Niedersachsen eröffnet wurde.
Unbelegte Haftplätze gab es im niedersächsischen Justizvollzug allerdings schon 2010 bei der Unterzeichnung der Verträge für das Public-Private-Partnership-Projekt. Auf 25 Jahre verpflichtet sich das Land darin, das von einem Privatunternehmen gebaute Anstaltsgebäude für 11,5 Millionen Euro im Jahr zu mieten – samt Belegungsgarantie für die 300 Plätze. Danach geht die JVA in Landesbesitz über.
Justizministerin Niewisch-Lennartz hält diese Entscheidung für „grundlegend falsch“. Bis Mitte des Jahres will sie eine Wirtschaftlichkeitsprüfung zu der JVA vorlegen, auch Ausstiegsoptionen aus den Verträgen für die 300 Plätze in Bremervörde werden dabei geprüft. Kurz- und mittelfristig werde man daran aber gebunden sein, prognostiziert sie.
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