: Den Airbus unterm Hintern
Die Pilotenschule der Lufthansa in Bremen wird auch 50 Jahre nach ihrer Gründung fast nur von Männern besucht. Ein kleiner Bierbauch ist inzwischen erlaubt, Kurzsichtigkeit auch
von Jan Zier
Nein, als Vorbild sieht sie sich nicht. Antje Schäper will nicht der Prototyp einer Pilotin sein. „Es war einfach schon lange mein Traum.“ Und den lebt die 22-Jährige jetzt aus. Bei der Lufthansa, in Bremen. Wer bei der Lufthansa im Cockpit sitzen will, der hat noch immer in Bremen angefangen. Das ist schon seit exakt 50 Jahren so.
Antje Schäper ist eine von 120 PilotenschülerInnen, die derzeit ausgebildet werden. Aber eine von ganz wenigen „Nachwuchsflugzeugführerinnen“, wie das bei der Lufthansa korrekt heißt. „Die Frauen trauen sich nicht“, sagt Renate Hocke, Referentin für Pilotenrekrutierung und -ausbildung. Gerade mal 15 Prozent aller SchülerInnen sind Frauen – und doch sind es schon fünf Mal mehr als 1986.
„Das ist eine ganz schwierige Diskussion“, windet sich Niels Ecke, Leiter der Verkehrsfliegerschule der Lufthansa. Und dann ist doch wieder vom Kinderkriegen die Rede. „Fast alle“ Frauen wollten die Option auf Kinder haben, sagt Ecke, „fast alle“ Frauen wählten ihren Beruf entsprechend aus. Auch Antje Schäper hat sich da anfangs mal schlau gemacht, nach Teilzeitarbeit für Mütter gefragt. „Das ist ja auch vollkommen normal“, sagt Hocke. „Jungs denken da eben nicht so drüber nach.“
Renate Hocke sagt: Jungs – und wahrscheinlich trifft es das auch ganz gut. Wer hier anfängt, hat gerade mal sein Abitur, die meistens sind Anfang 20. Und wer älter als 28 ist, den nimmt die Lufthansa sowieso nicht mehr. Nur zwei Jahre verbringen die angehenden PilotInnen auf der Verkehrsfliegerschule, rund ein halbes Jahr davon in Phoenix/ Arizona für die praktische Fliegerei.
Eigentlich sind die Voraussetzungen für Frauen günstig. „Multitaskingfähig“ müsse man sein, beschreibt Schäper das Aufgabenprofil. Und „teamfähig“. Und in der Lage, „sich lange zu konzentrieren“. Also alles Fähigkeiten, die gerade Frauen zugeschrieben werden. Auch am nötigen „technischen Verständnis“ kann es eigentlich nicht scheitern.
Allerdings ist das Interesse insgesamt zurückgegangen. Bewarben sich früher über 4.000 Leute auf einen Platz auf der Verkehrsfliegerschule, sind es heute etwa 3.000. Und nur zehn Prozent davon gelten als geeignet.
Wer angenommen ist, muss sich dafür keine Sorgen mehr um seine berufliche Zukunft machen. Wer die Intensiv-Ausbildung schafft, wird von der Lufthansa auch bis zur Pensionierung beschäftigt – und darf ein Einstiegsgehalt von 56.000 Euro pro Jahr erwarten. Nach zehn bis fünfzehn Jahren steht ein Kapitänsposten in Aussicht. Jahresgehalt: Mindestens 110.000 Euro.
„Finden sie sich damit ab, dass nicht jeder Pilot werden will“, bekommt Ecke manchmal zu hören. „Ich verstehe das nicht“, sagt der Kapitän einer Boeing 737. „Warum rennen die uns nicht die Türen ein?“ Die Zeiten seien gut, gerade hat seine Schule die Zahl der Ausbildungsplätze auf 240 verdoppelt. Zwar müssen die Schüler ihre teure Ausbildung mit 41.000 Euro selbst bezuschussen. Doch gezahlt werden muss erst, wenn die Lufthansa auch Gehalt überweist.
Und doch war es früher „mystischer“, ein Pilot zu sein, sagt Ecke, mindestens aber „exklusiver“. Dieser Hauch von „Elite“ sei verflogen. Dafür nehmen sie bei der Lufthansa heute auch solche, die ein klein wenig kurzsichtig sind, selbst ein kleiner Bierbauch ist erlaubt. Und dass ein Pilot keine Plombe im Mund haben dürfe, sagt Ecke, sei ebenfalls ein Gerücht.
Und Kinder, fügt Hocke an, dürften natürlich sowieso sein. Es gebe sogar Pilotinnen, die drei Kinder hätten – und trotzdem weiter ihrem Job nachgingen. Allerdings nur zwei.