Demos in Berlin und Brandenburg: Zusammen gegen den Rechtsruck
Beim „Lichtermeer“ haben Zehntausende gegen rechts demonstriert. Doch symbolische Aktionen wie diese reichen nicht, sagen Antifas aus Brandenburg.
Initiiert hat das „Lichtermeer“ ein Bündnis aus den Organisationen Campact, Eltern gegen rechts und Fridays for Future. Sie wollen damit „in dunklen Zeiten“, rund einen Monat vor der Bundestagswahl, ein Signal an demokratische Parteien senden, heißt es im Aufruf.
Lauter Jubel hallt über den Platz. Es ist ein bunter Protest. Viele haben selbstgebastelte Schilder mitgebracht, auf denen Sprüche wie „Hilfe, Deutschland hat Demenz“, „AfD, halts Maul!“ oder „Größte Redflag, wer die AfD wählt“ zu lesen sind. „Wir fordern alle demokratischen Parteien dazu auf, Haltung zu zeigen“, ruft Luisa Neubauer von Fridays For Future in die Menge.
Was es jetzt brauche, seien eine wehrhafte Demokratie und eine stabile Brandmauer, appelliert Christoph Bautz von der Kampagnen-Plattform Campact. „Wenn Friedrich Merz in den kommenden Tagen gezielt gemeinsame Mehrheiten mit der AfD sucht, werden wir nächste Woche wieder hier sein“, so Bautz. Die zukünftige Regierung müsse verfassungsfeindliche Strukturen verbieten und Demokratieinitiativen umfassender unterstützen. Zudem dürften demokratische Parteien „die Narrative und Forderungen der Rechtsextremen“ nicht übernehmen, so Bautz weiter.
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Auch Anna-Nicole Heinrich von der evangelischen Kirche, die Autorin Carolin Emcke und Nele Techen vom Gewerkschaftsbund DGB halten Reden. Dazwischen sorgen die Sängerin Luna und die Band Milky Chance für Stimmung unter den Teilnehmenden. Auch sie zeigen sich besorgt um die politische Situation.
Bundesweite Proteste gegen rechts
Zahlreiche Eltern nehmen zusammen mit ihrem Nachwuchs am Lichtermeer teil. Unter ihnen Franziska Stenzel mit ihrem sechsjährigen Sohn Javi. „Alle Menschen sind willkommen“ steht auf Javis selbst gebasteltem Plakat. „Was jetzt gegen den Rechtsruck hilft, ist, wählen zu gehen und zu demonstrieren“, sagt Stenzel. Zudem sei es ihr sehr wichtig, dass Kindern demokratische Werte vorgelebt werden. Die Großproteste seien dafür sehr geeignet.
Wie schon im vergangenen Jahr fanden auch in diesem Januar bundesweit zahlreiche Demonstrationen gegen rechts statt. An diesem Wochenende etwa unter anderem in Köln, Flensburg und auch Halle an der Saale. In Halle kamen rund 10.000, in Köln sogar rund 40.000 Teilnehmende zusammen. Die Wahlprognosen für die AfD sind indes jedoch weiterhin hoch.
Mobilisierung auch in ländlichen Gegenden
Für vergangenen Freitag mobilisierten Antifaschist:innen zudem ins brandenburgische Neuruppin, um gegen eine AfD-Wahlkampfveranstaltung zu demonstrieren. Organisiert hatten den Protest unter anderem das Neuruppiner Jugendwohnprojekt „MittenDrin“ und die Linksjugend Großprignitz. Mit dem „Adenauer SRP+“, einem Bus mit Lautsprecheranlage und Sirenen, unterstützte das Zentrum für politische Schönheit den Protest wie bereits in Riesa lautstark.
„Es braucht auf jeden Fall breite Bündnisse“, sagt Andrej von der Linksjugend Großprignitz, der nicht mit seinem vollen Namen in der Zeitung stehen will. Je mehr Menschen sich zusammenschließen und an Demonstrationen beteiligen, desto besser. „Wir wollen mit unserem Protest zeigen: Auch in Brandenburg gibt es noch jede Menge Widerstand“, so der Sprecher. Dafür sei es wichtig, dass auch Antifaschist:innen aus den Großstädten die Proteste im Umland unterstützen.
Dem schließt sich Jerry von der Antifa Falkensee an. Auch er möchte seinen vollen Namen aus Angst vor Repressionen nicht nennen. Für kommenden Freitag mobilisieren sie zu einer Demo gegen eine AfD-Wahlkampfveranstaltung in Falkensee. Antifa-Gruppen aus Berlin haben für Freitag eine gemeinsame Zuganreise angekündigt. „Antifaschistischer Protest muss die Richtigen erreichen“, sagt Jerry. Das Brandenburger Tor sei dafür weniger geeignet.
Jerry, Antifa Falkensee
„Die Massenproteste erzeugen oft nicht den zivilgesellschaftlichen Druck, der mit den vorhandenen Ressourcen möglich wäre“, sagt der Antifa-Aktivist. Oft seien die Massenproteste an Orten, „an denen das Naziproblem vergleichsweise gering ausfällt“. Sinnvoller seien Aktionen beispielsweise vor AfD-Büros oder bei Wahlkampfveranstaltungen, gibt er zu bedenken. Demos seien aber nicht das einzige Mittel, um etwas zu bewirken, so Jerry. Gerade in Brandenburg seien linke Strukturen oftmals eher klein. Diese müsse man weiter ausbauen und stärken.
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