Demonstrationen in Dresden: Entspannter, aber noch nicht nazifrei
Am Jahrestag der Bombardierung Dresdens könnte sich am Mittwoch der Erfolg der Neonazigegner fortsetzen. Für eine Entwarnung ist es zu früh.

DRESDEN taz | Am Gedenktag an die Bombardierung Dresdens 1945 wird trotz des erneuten Aufmarsches eines rechten „Aktionsbündnisses gegen das Vergessen“ an diesem Mittwoch mit einem ähnlich gewaltfreien Verlauf wie 2012 gerechnet. „Wir gehen von einem deutlich entspannteren Einsatz in diesem Jahr aus“, erklärte Dresdens Polizeipräsident Dieter Kroll.
Der Polizeipräsident wird selber als Einsatzleiter für etwa 3.500 Bereitschaftspolizisten aus mehreren Bundesländern fungieren. Man rechne mit etwa 800 bis 1.200 Neonazis, sagte Kroll und verwies zugleich auf die Unsicherheit der Prognose. Der Mobilisierungsgrad unter den Rechtsextremen sei zwar rückläufig, aber stets unberechenbar.
Zur Entwarnung besteht aber kein Anlass, auch wenn die Attraktivität des Dresdner Marsches gesunken ist. „Teilnahme ist Ehrensache“ schreibt NPD-Chef Holger Apfel im Internet. „Den antideutschen Nestbeschmutzern darf nicht die Straße überlassen werden“, gibt sich sein sächsischer NPD-Fraktionskollege Jürgen Gansel militant.
Seit Monaten mobilisieren vor allem die Kameradschaften bundesweit. 18 Uhr, also eine Stunde nach der von allen demokratischen Kräften unterstützten Menschenkette in der Innenstadt, soll der braune Marsch „Die Seele brennt“ starten. Das Aufmarschgebiet liegt 2013 wahrscheinlich zwischen dem Westrand des Großen Gartens und der St. Petersburger Straße.
„Nicht für Nazis kämpfen“
Um 18.30 Uhr wollen sich deshalb Anhänger von DGB, SPD, Linken, Grünen und Kirchen am Mahnmal für die Trümmerfrauen am Rathaus versammeln und zu einer Demonstration in Hör- und Sichtweite des Nazimarsches aufbrechen. Das Bündnis „Dresden Nazifrei“ hält an seiner Absicht fest, mit geschätzten 2.500 Teilnehmern diesen Marsch zu blockieren.
Sprecher Silvio Lang kritisierte die Stadtverwaltung, die keinen zentralen Anreisepunkt für die Nazis benannt habe und somit riskiere, dass kleinere Gruppen durch die Stadt vagabundierten. Polizeipräsident Kroll gab sich konziliant und erklärte, dass der Schutz der rechtsextremen Demo „keine unbegrenzte staatliche Aufgabe“ sei. „Wir werden für Nazis nicht kämpfen“, deutete er die Duldung einer Blockade an.
Bereits 12.30 Uhr beginnt am Hauptbahnhof der im Vorjahr stark nachgefragte Rundgang „Täterspuren“. Um 15 Uhr schließt sich das reformierte Gedenkritual am Heidefriedhof an. Der Abend gehört traditionell Konzerten und Andachten in den Kirchen.
40.000 mal Danke!
40.000 Menschen beteiligen sich bei taz zahl ich – weil unabhängiger, kritischer Journalismus in diesen Zeiten gebraucht wird. Weil es die taz braucht. Dafür möchten wir uns herzlich bedanken! Ihre Solidarität sorgt dafür, dass taz.de für alle frei zugänglich bleibt. Denn wir verstehen Journalismus nicht nur als Ware, sondern als öffentliches Gut. Was uns besonders macht? Sie, unsere Leser*innen. Sie wissen: Zahlen muss niemand, aber guter Journalismus hat seinen Preis. Und immer mehr machen mit und entscheiden sich für eine freiwillige Unterstützung der taz! Dieser Schub trägt uns gemeinsam in die Zukunft. Wir suchen auch weiterhin Unterstützung: suchen wir auch weiterhin Ihre Unterstützung. Setzen auch Sie jetzt ein Zeichen für kritischen Journalismus – schon mit 5 Euro im Monat! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Polarisierung im Wahlkampf
„Gut“ und „böse“ sind frei erfunden
Werben um Wechselwähler*innen
Grüne entdecken Gefahr von Links
Nach Absage für Albanese
Die Falsche im Visier
Wahlverhalten junger Menschen
Misstrauensvotum gegen die Alten
Soziologische Wahlforschung
Wie schwarz werden die grünen Milieus?
Donald Trump zu Ukraine
Trump bezeichnet Selenskyj als Diktator