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Demonstration gegen Evangelikale"Ist Homophobie heilbar?"

Knapp tausend Menschen protestieren gegen den evangelikalen Psychotherapiekongress in Marburg. Der Vorwurf gegen einige der Referenten: Sie sähen Homosexualität als Krankheit.

Wo liegt das Problem? Küssende Frauen auf Christopher Street Day. Bild: reuters

MARBURG epd | Rund 1.000 Menschen haben am Donnerstag in Marburg gegen Homosexuellenfeindlichkeit und religiösen Fundamentalismus demonstriert. Der Protest richtete sich gegen den evangelikalen Kongress für Psychotherapie und Seelsorge, der am Mittwochabend begann und bis Sonntag geht. Unter dem Deckmantel der Wissenschaft würden "reaktionäre, pseudowissenschaftliche und diskriminierende Positionen" vertreten, sagte eine Sprecherin zum Auftakt der Demo.

Die Teilnehmer trugen Transparente mit Aufschriften wie "Ist Homophobie heilbar?" oder "Homosexualität ist keine Krankheit". Die Demonstration fand unter strengen Sicherheitsauflagen und mit einem großen Polizeiaufgebot statt. Entgegen früheren Äußerungen dürfen Journalisten nicht an den Seminaren des Kongresses teilnehmen. Ein Sprecher der Veranstalter, der Akademie für Psychotherapie und Seelsorge, begründete dies mit der Sicherheit.

Scharfe Kritik an dem Kongress hatten in den letzten Wochen unter anderem der Lesben- und Schwulenverband in Deutschland, die hessischen Grünen sowie zahlreiche Studentengruppen geübt. Die Kritik hatte sich vor allem an zwei Referenten des Kongresses, Markus Hoffmann vom Verein Wüstenstrom und Ruth-Christl Vonholdt vom Deutschen Institut für Jugend und Gesellschaft, entzündet. Ihnen wird vorgeworfen, dass sie die "Umpolung" von Homosexuellen propagieren.

Die Veranstalter hatten die Vorwürfe zurückgewiesen. Das Thema Homosexualität komme auf dem Kongress "höchstens ganz marginal" vor, sagte der Vorsitzende der Akademie für Psychotherapie und Seelsorge, Martin Grabe. Die kritisierten Referenten hätten sich in öffentlichen Stellungnahmen deutlich von schwulenfeindlichen Meinungen oder "Umpolungsbefürwortern" abgegrenzt.

Proteste richten sich auch gegen das Seminar "Abtreibung als Trauma. Das Post-Abortion Syndrom (PAS)". Die Münsteraner Ärztin und Therapeutin Angelika Pokropp-Hippen gehöre der christlichen Antiabtreibungsbewegung an. Sie warne vor posttraumatischen Störungen nach einem Schwangerschaftsabbruch, deren Existenz wissenschaftlich nicht belegt sei.

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17 Kommentare

 / 
  • WM
    Wolf Müller

    Homophobie ist heilbar, Homosexualität nicht, weil sie keine Krankheit ist. Homosexuelle entscheiden sich zu ihrem Lebensstil, so wie sich Kinder dazu entscheiden, den Finger in die Kerze zu halten.

     

    Wenn überhaupt bei einigen Homosexuellen eine Krankheit vorliegt, dann die des Verfolgungswahns und der Überempfindlichkeit. Das hat Marburg mit seinen hysterischen Demonstrationen wieder mal bewiesen.

  • Y
    Yasha

    Frederico: verschonen Sie doch künftig LeserInnen mit ihren biologistisch-homophoben Äußerungen. Ist ja unerträglich.

  • EB
    Ed B.

    An B.Hotz, R.Hotz-Stock:

     

    Nett gemeint, aber der Kern der Wissenschaft ist der Beweis, nicht die Erfahrung.

     

    Oder wie man auf Englisch sagt: "Two swallows do not a summer make." Und zwei Meinungen gleichen keinesfalls einer wissenschaftlichen Studie.

  • F
    FREDERICO

    Frauen und Männer haben nachweislich, physiologisch bedingt, unterschiedliche

    endokrinologisch/neurologische Basisstrukturen, wenn dieselben normal ausgeprägt sind führt dies naturgewollt zur Heterosexualität und somit zum Erhalt der Menschheit. Kommt es zu Fehlentwicklungen die sicherlich auch etwas mit sozio/kultureller Prägung zu tun haben, kommt es gelegentlich (zum Glück gelegentlich, sonst würde die Menschheit wohl nicht mehr existieren) bei beiden Geschlechtern zu dem Phänomen der Homosexualität. Ob dies nun als Krankheit zu bewerten ist oder nicht vermag ich nicht zu beurteilen, aber mit den heutigen Methoden ganz sicherlich nicht therapierbar.

  • WK
    Wolfgang Krüger

    Bei jeder Abtreibung gibt es Opfer. Erstens das Kind, zweitens oft auch die Seele/Psyche der Frau. Ich kann dies als empirische Erfahrung aus dem psychiatrischen Alltag nur bestätigen.

     

    Könnte es sein, dass die Verbissenheit mit der die Abtreibungsbefürworter kämpfen und oft unredlich argumentieren eigtl. das eigene Gewissen zum Schweigen bringen soll?

     

    Denn die meisten Menschen spüren intuitiv sehr wohl, dass da vor der Geburt kein prinzipiell anderer Mensch heranwächst als nach der Geburt. Auch wenn er noch so klein, unscheinbar und hilfsbedürftig ist. Ist es ein Zeichen von persönlicher Stärke gerade den Schwächsten Mitgliedern der Gesellschaft ihr Lebensrecht zu versagen?

  • PR
    Peter Rast

    Hallo Herr und Frau Hotz!

    Ich kann Ihnen versichern, dass es deutlich weniger Frauen gibt die durch eine Abtreibung "traumatisiert" werden, als durch den Umgang den Gesellschaft und Umfeld mit diesem Thema betreiben. (Vielleicht sollten Sie auch nochmal was zum Thema Trauma lesen; ich empfehle Judith Hermann "Die Narben der Gewalt") Nicht die Abtreibung sondern das Einreden der bescheuerten Idee Frau würde ein "Lebewesen töten" ist es was dazu führt, dass viele Frauen Probleme vor während und nach des Eingriffs haben.

    Wenn mensch einfach davon ausgehen würde, dass es sich um nachträgliche Verhütung und das wegmachen eines Zellklumpens geht wäre die ganze Sache für die betroffene Frau viel einfacher.

    MfG

  • UL
    Uli Limpf

    Als Pfarrer bin ich mit Frauen im Gespräch, die abgetrieben haben. Die meisten von ihnen wünschen sich noch Jahre später, ihre Entscheidung rückgängig machen zu können. Das ist eben der berühmte Unterschied zwischen Theorie und Praxis. Amerikanische Studien hin oder her.

    Ich kritisiere an der Gegendemonstarion die mangelnde Gesprächsbereitschaft der Kongressgegner. Da wurden evangelikale Feindbilder aufgebaut und sie werden gepflegt. Man will überhaupt nicht mehr hören, dass der Kongress das Thema Homosexualität gar nicht zum Thema hat. Ich finde es bedenklich dass hier gehetzt und nicht gesprochen wird.

  • WH
    Waldemar Haydt

    Wir leben im 21 Jahrhundert und es ist einfach stur sich an Bibelkonservatismus fest zu klammern. Und nicht nur das.

    Existenznachweis für Posttrauma nach Abtreibung ist ja existenzwichtig für Seelsorger und Seelsorgerinnen - Sie verdienen ja Ihr Geld damit. No Trauma, No Money. so siehts nämlich aus. Schade darum, daß bei Krankheitsbehandlungen nicht das Wohl der Patienten im Vordergrund steht.

  • C
    checker

    Wünschte mir eine bisschen mehr sachliche Berichterstattung und Kritik des Kongresses! Da wird doch offensichtlich zu viel Wind betrieben, wenn nur zwei Teilnehmer Ansatzweise kritische Überzeugungen kundtun. Homophobie oder Homo-Heiler bissl zu dick aufgetragen... Und immer die bösen Evangelikalen und Fundamentalisten (mit Verbindungen aus böses Usa). Also das ist doch ein wenig einfach oder?

  • C
    checker

    Wünschte mir eine bisschen mehr sachliche Berichterstattung und Kritik des Kongresses! Da wird doch offensichtlich zu viel Wind betrieben, wenn nur zwei Teilnehmer Ansatzweise kritische Überzeugungen kundtun. Homophobie oder Homo-Heiler bissl zu dick aufgetragen... Und immer die bösen Evangelikalen und Fundamentalisten (mit Verbindungen aus böses Usa). Also das ist doch ein wenig einfach oder?

  • C
    checker

    Wünschte mir eine bisschen mehr sachliche Berichterstattung und Kritik des Kongresses! Da wird doch offensichtlich zu viel Wind betrieben, wenn nur zwei Teilnehmer Ansatzweise kritische Überzeugungen kundtun. Homophobie oder Homo-Heiler bissl zu dick aufgetragen... Und immer die bösen Evangelikalen und Fundamentalisten (mit Verbindungen aus böses Usa). Also das ist doch ein wenig einfach oder?

  • P
    peter

    Sehr geehrter Herr Hotz!

    Diesen Frauen weden durch Menschen wie Sie traumatisiert. Durch Ihre Ideologie, die in der Konstruktion einer Krankheit mündet, werden Frauen in ein Gewissenskonflikt getrieben, der sie dann wirklich krank macht. Ich halte dies für ein Verbrechen, auch wenn es noch so gut gemeint sein mag, aber dennoch durch die unreflektierte Ideologie ihrer Vertreter zustande kommt. Hier muss Aufklärungsarbeit ansetzen.

    Mit freundlichen Grüßen,

    Peter

  • I
    Irene

    Ganz im Ernst, wenn juckt es denn, wenn Menschen für sich verbindlich nach heiligen Schriften leben wollen? Ob Bibel oder Koran oder was auch immer, warum kann man das nicht einfach respektieren und tolerieren?

     

    Welcher selbstbewusste Homosexuelle oder welche Frau, die vom Recht auf Abtreibung überzeugt wird, wird sich denn davon beeinflussen lasssen?

    Das ist ja fast schon evangelikalophol oder wie immer das heißt.

  • H
    HDS

    Wenn Menschen in die Krankheitsecke abgestellt werden, die nicht nach dem Wertemuster verschiedener religiös-weltanschaulicher Vereinigungen leben können oder wollen, dann erinnert das doch sehr an menschenverachtende Denk- und Handlungsmuster des Dritten Reiches. Ich schlage vor, dass diese Vereinigungen in Zukunft vom Verfassungsschutz aufmerksam beobachtet werden, da ihre ideologischen Grundlagen mit dem Grundgesetz der BRD kaum vereinbar sind.

  • LZ
    Leonard Zelig

    Die Hotzens schreiben "nach Meinung der Kritiker des Kongresses [sei das PAS] nicht wissenschaftlich erwiesen" und demonstrieren damit eindrucksvoll ihr Wissenschaftsverständnis: Der eine meint, die Wissenschaft sage das, die andere meint, sie sage das und letztlich sind das halt auch alles nur Meinungen. Gar nicht in Betracht gezogen wird, auch mal "Wissenschaft" zu lesen und dadurch z.B. mithilfe dieser "Wissenschaft" der American Psychological Association: http://www.apa.org/releases/abortion-report.pdf zu dem Schluss zu kommen, dass ein Schwangerschaftsabbruch kein höheres Depressionsrisiko birgt als eine ungewollt ausgtragene Schwangerschaft.

    Mal abgesehen von dem grandiosen Looping-Effekt (Vgl. Goffmann: Asyle), einer Frau, die abgetrieben hat, die Selbstsicht als "Giftmörderin ihres Kindes" (A. Pokropp-Hippen) verbal einzuprügeln und sich dann triumphierend zu wundern, dass sie depressiv wird.

    "Kackbratzen" (Radical Homos).

  • RK
    Rose Klein

    Die Veranstalter und Teilnehmer der frommen Veranstaltung sind Verführer und Verführte. Was diese frommen Psycho-"Heiler" den Menschen antun, die sich ihnen ausliefern, wird in 2oo Jahren nicht ausgebadet sein. Wer sich solchen sogenannt biblisch und sogenannt therapeutischen Leuten anvertraut, ist lebenslang geschädigt und hat keine Heilungschancen. "Und vergib uns unsere Schuld!"

  • BR
    B.Hotz, R.Hotz-Stock

    Sehr geehrte Damen und Herren!

    Nach unserer langjährigen seelsorgerlichen Erfahrung können wir Ihnen mitteilen, dass in vielen Fällen die Abtreibungserfahrung eine Frau traumatisiert. Auch wenn das nach Meinung der Kritiker des Kongresses nicht wissenschaftlich erwiesen ist, deckt sich hier unsere Erfahrung mit der vieler anderer Seelsorger und Seelsorgerinnen.

    Mit freundlichen Grüßen

    Burkard Hotz, Gemeindepfarrer

    Renate Hotz-Stock, Lehrerin