piwik no script img

Demonstration RechtsextremerStraßenschlacht in Budapest

Antisemitische Parolen, Tränengas, Wasserwerfer in Brand: Am Vorabend des Gedenkens an den Aufstand von 1956 prügelten sich Rechtsextreme in Budapest mit der Polizei.

Molotow-Cocktails flogen: Krawall in Budapest Bild: rtr

WIEN taz Neunzehn Menschen wurden verletzt in Budapester Spitäler eingeliefert und rund 20 Randalierer festgenommen, als rechtsextreme Demonstranten Montagabend mit der ungarischen Polizei zusammenstießen. Anlass war der gestrige Nationalfeiertag in Ungarn, an dem des antikommunistischen Aufstandes von 1956 gedacht wird.

Vierzehn der Verletzten, so Landespolizeipräsident Jozsef Bencze in einer Pressekonferenz, seien unter seinen Leuten zu beklagen. Opfer der Aggression wurden auch Pressefotografen. Die Polizei sollte verhindern, dass eine genehmigte Demonstration den nicht bewilligten Weg über die Andrássy-Allee zur Staatsoper einschlug. Dort hielt Premier Ferenc Gyurcsány nämlich am Vorabend des Nationalfeiertages eine Festrede. Die Demonstranten, die sich mit reichlich Alkohol aufgewärmt hatten, waren nicht nur mit nationalistischen Fahnen bewaffnet, sondern auch mit Molotowcocktails und Steinen. Diese warfen sie auf die Uniformierten und konnten auch einen Wasserwerfer in Brand setzen. Unter Einsatz von Tränengas und unterstützt von eisigem Regen gelang es der Polizei schließlich, die Randalierer abzudrängen.

Zwei der Organisatoren, darunter László Toroczkai, wurden festgenommen. Toroczkai ist der Anführer der rechtsextremen Jugendorganisation "64 Komitate", die auch schon vor einem Jahr Krawalle angezettelt hatte. Mit antisemitischen Parolen und dem Sprechchor "Gyurcsany, verrecke" wandten sich mehrere hundert Demonstranten gegen den sozialdemokratischen Ministerpräsidenten, der zum Buhmann der Nation wurde, als im September 2006 eine Rede bekannt wurde, in der er zugab, seine Partei hätte das Volk über den Zustand der Wirtschaft belogen.

Die Polizei war diesmal bemüht, Übergriffe zu vermeiden. Letztes Jahr musste sie sich vorwerfen lassen, auf gewalttätige Demonstranten unvorbereitet und mit exzessiver Gewalt reagiert zu haben. Von Schusswaffen machte sie keinen Gebrauch, wie József Bencze versicherte.

Für die im Sommer gegründete rechtsextreme Miliz der Gruppe Jobbik war die Demonstration der erste Einsatz. Mehrere ihrer Mitglieder wurden unter den Randalierern gesehen. Die Oppositionspartei Fidesz des Rechtspopulisten Viktor Orban hielt sich hingegen heraus, boykottierte aber auch die offizielle Gedenkveranstaltung in der Oper. Orban rief zu einer eigenen Kundgebung am Dienstagnachmittag auf. Ein privater Sicherheitsdienst wurde beauftragt, Krawallmacher fernzuhalten.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

0 Kommentare

  • Noch keine Kommentare vorhanden.
    Starten Sie jetzt eine spannende Diskussion!