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Demo für Weltoffenheit in DresdenMit „Herz statt Hetze“ gegen Pegida

Etwa 7000 Menschen nahmen am Sonntag an der Pegida-Kundgebung zum zweiten Jahrestag der Bewegung teil. Tags darauf setzt Dresden ein Signal gegen Fremdenhass.

Der „Herz statt Hetze“-Demonstrationszug am Montag in Dresden Foto: dpa

Dresden afp | Nach dem Aufmarsch der fremdenfeindlichen Pegida-Bewegung am Wochenende hat Dresden ein Zeichen gegen Hass und Rassismus gesetzt. Dem Aufruf des Bündnisses „Herz statt Hetze“ zu einer Demonstration für Weltoffenheit und Toleranz folgten am Montagnachmittag laut den Veranstaltern mehrere tausend Menschen. Dresdens Oberbürgermeister Dirk Hilbert (FDP) rief bei einem Bürgerfest dazu auf, nicht den Hetzern die Straße zu überlassen.

Ursprünglich waren die Veranstaltungen am Montag als Antwort auf die erwartete Kundgebung der Pegida-Bewegung zum zweiten Jahrestag ihrer Montagsdemonstrationen gedacht, doch zog die islamfeindliche Bewegung ihre Veranstaltung um einen Tag vor. Statt wie zuvor üblich am Montag versammelten sich die Rechtspopulisten bereits am Sonntag im Zentrum der sächsischen Landeshauptstadt.

Beobachtern zufolge nahmen an der Pegida-Kundgebung rund 7000 Menschen teil, und damit deutlich weniger als noch vor einem Jahr. Es gab mehrere Gegendemos. Am Montag dann fand nach einem ökumenischen Friedensgebet in der Kreuzkirche ein Bürgerfest auf dem Neumarkt statt unter dem Motto „Dresden zeig dich! – würdevoll miteinander“, zu dem Oberbürgermeister Hilbert eingeladen hatte.

Hilbert rief dazu auf, nicht denen die Straße zu überlassen, „die sie für Hetze und Rassismus missbrauchen“. Es sei falsch, Dresden „in die Nazi-Ecke“ zu stellen, doch müsse die Mehrheit der Dresdner wieder offen und glaubwürdig zeigen, „wofür wir stehen“. Er nannte es „abscheulich“, wie der Tag der deutschen Einheit „von einigen hundert Pöblern und Krakeelern in den Dreck getreten wurde“.

Pegida-Anhänger hatten bei den Feiern zum 3. Oktober in Dresden Bundespräsident Joachim Gauck und Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) beschimpft. „Diese selbsternannten Patrioten haben sich als das entpuppt, was sie in ihrer Spitze sind: Gegner unserer Demokratie, Gegner unseres Staates“, sagte der Oberbürgermeister.

Zweiter Jahrestag Pegidas fand ohne Pegida statt

Der Vorsitzende der Linksfraktion im sächsischen Landtag, Rico Gebhardt, mahnte, nach den wiederholten Angriffen auf Ausländer und den Pöbeleien von Pegida, gehe es für Dresden und Sachsen darum, „ein freundliches Gesicht“ zu zeigen.

Parallel zum Bürgerfest hatte das Anti-Pegida-Bündnis „Herz statt Hetze“ zu einer Demonstration aufgerufen. Auch Initiativen wie „Dresden nazifrei“ unterstützten den Protestzug. „Pegida hat an Gewicht verloren, aber der gesellschaftliche Schaden bleibt“, schrieb das Bündnis im Demonstrationsaufruf. „Wir treten Hass und Hetze entgegen, um Freiheit, Gleichheit und Menschlichkeit zu verteidigen.“

Das Bündnis „Dresden Nazifrei“ sprach anschließend von 6000 bis 8000 TeilnehmerInnen an der Demonstration. „Der zweite Jahrestag Pegidas fand ohne Pegida statt“, erklärte die Bündnissprecherin Franziska Fehst. „Das ist ein Erfolg für Herz statt Hetze, die es geschafft haben, Pegida an ihrem Jahrestag die Stadt streitig zu machen.“ Dennoch zeige die Kundgebung am Sonntag, dass noch „viel Widerstand“ zu leisten bleibe.

Die Polizei war mit rund 1600 Beamten im Einsatz, um das Bürgerfest am Neumarkt und den Demonstrationszug abzusichern. Mehrere dutzend Menschen, die das Fest offenkundig stören wollten, seien von Beamten aufgehalten worden, erklärte die Polizei. Polizeipräsident Horst Kretzschmar zog vor dem „Hintergrund des störungsfreien Verlaufs“ der Veranstaltungen ein „positives Fazit“.

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2 Kommentare

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  • Was für ein Plakat! Sie können also was "dafür", wenn sie nicht stark genug "dagegen" sind, die Dresdner.

     

    Ich glaube fast, so etwas ähnliches sagen Pegida-Leute auch. Die wollen auch bloß "offen und glaubwürdig zeigen", "wofür [sie] stehen" - und wogegen. Ich hab mich also gleich gefragt, ob wenigstens ein Kirchenmann das Transparent gesegnet hat im Anschluss an das "ökumenische[] Friedensgebet". Immerhin hat ja nicht irgendwer, sondern der Oberbürgermeister Dresdens klargestellt, dass unserer Demokratie und unser Staat in Gefahr sind, weil sie "Gegner" haben. Wobei die "Gegner" gut als echte Feinde gelten können, wenn es um nicht viel weniger als alles geht.

     

    "Dresden nazifrei" - ein schönes Ziel, nicht wahr? Eins, für das man mit ganzem Herzen (und notfalls auch mit den Stöcken, die das Transparent gehalten haben) kämpfen kann – wenn auch nicht unbedingt mit der Vernunft, die man womöglich gar nicht hat.

     

    Sieht aus, als würde das noch ein echt langer, echt harter Weg in Dresden und anderswo, bevor wenigstens die Anderen mit "Herz statt Hetze" agieren. Autoritäres Denken ist tatsächlich eine Pest - wenn nicht gar ein genetischer Defekt!

    • @mowgli:

      "Appeasement" war gegen Nazis schon immer ein Schritt in die komplett falsche Richtung. Man "könnte" es "feige und verantwortungslos" nennen, die Freiheit und Unversehrtheit Dritter zu verhandeln und für falsche, verlogene "Kompromisse" zu opfern, nur um seine (vorübergehende) "Ruhe" zu haben.

       

      "Keinen Fußbreit den Faschisten", das ist und bleibt eine unveräußerliche, uneingeschränkte Lehre aus der europäischen Geschichte der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts. Gerade für uns Deutsche.

       

      Man "könnte" also nicht nur, man MUSS.