Debatte um Restitution: Forschungen im Kunsthandel
Zwei Gemälde von George Grosz können in der Kunsthalle Bremen bleiben: Eine Kommission entschied gegen die Ansprüche der Erben.
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Die Erben von George Grosz sind mit ihrem Begehren nach einer Restitution zweier Gemälde gescheitert. Die bei strittigen Fällen von mutmaßlicher Nazi-Raubkunst im öffentlichen Besitz zuständige Beratende Kommission empfahl einstimmig, dass die Gemälde „Pompe Funèbre“ und „Stillleben mit Okarina, Fisch und Muschel“ von George Grosz, die von der Stadt Bremen erworben wurden und dort in der Kunsthalle ausgestellt sind, im Besitz der Stadt Bremen verbleiben können. Das wurde am Mittwoch bekannt.
Die Kommission bezweifelte nicht, dass George Grosz als scharfer Gegner des Nationalsozialismus politisch verfolgt wurde. Der eingeschriebene Kommunist, Dadaist und Gegner jeglichen Spießbürgertums emigrierte schon im Januar 1933 nach New York und wurde US-amerikanischer Staatsbürger. Erst kurz vor seinem Tod kehrte er 1959 nach Deutschland zurück. Ebenfalls unstrittig ist die Verfolgung des jüdischen Kunsthändlers Alfred Flechtheim. Flechtheim vertrat lange Zeit Grosz’ künstlerisches Werk. Er musste 1933 über die Schweiz nach Großbritannien auswandern und verstarb 1937 in London.
Dennoch urteilte die Kommission, dass ein Anspruch auf eine Rückgabe der beiden Gemälde durch die Grosz-Erben nicht besteht. Sie kam zu der Überzeugung, dass die Bilder schon vor deren Verkauf in den Besitz von Flechtheim übergegangen waren.
Als Flechtheim 1931 die Kooperation mit Grosz beendete, schuldete der Künstler seinem Händler schon lange die erhebliche Summe von 16.000 Reichsmark, die er auch später nicht beglich, so die Expertise der Kommission. Als Beleg führte die Kommission ein Schreiben Flechtheims an Grosz vom 15. April 1934 an, in dem er die ihm „als Sicherheit übereigneten“ Gemälde erwähnte.
Das Bild „Pompe Funèbre“ geriet nach dem Tod Flechtheims in die Niederlande, wo es im Februar 1938 als Teil seines Nachlasses versteigert worden ist. Unklar blieb dagegen nach Angaben der Beratenden Kommission die Provenienz des zweiten Bildes. Es gebe „keine Hinweise auf einen NS-verfolgungsbedingten Verlust“, schreibt die Kommission.
Die Empfehlungen der Beratenden Kommission haben keine Rechtskraft, dennoch haben sich die Verfahrensbeteiligten bisher an ihnen orientiert. Seit 2003 hat die Institution allerdings nur in gut 20 Fällen entschieden, ob ein Kunstwerk jüdischen Verfolgten unter den Nazis geraubt worden ist oder nicht. Die Kommission unter Vorsitz des ehemaligen Präsidenten des Bundesverfassungsgerichts, Hans-Jürgen Papier, ist vonseiten einiger Bundesländer viel dafür gescholten worden, weil sie angeblich bei ihren Entscheidungen zu stark der Seite der einstmals Verfolgten zuneigen würde.
Die Entscheidung in Sachen George Grosz dürfte eine der letzten durch die Kommission sein. Bund, Länder und Kommunalvertreter haben sich Anfang Oktober auf Initiative von Kulturstaatsministerin Claudia Roth (Grüne) darauf verständigt, dass künftig ein Schiedsgericht bei solchen Fällen entscheidet. Dieses soll mit mehr Kompetenzen ausgestattet werden und insbesondere auch dann tätig werden können, wenn eine der streitenden Seiten dies nicht wünscht.
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