Debatte um Brennelementesteuer: Union stellt sich gegen Bundesregierung
Die Unions-Fraktion kritisiert Pläne für die Brennelementesteuer und favorisiert das Fonds-Modell der Atombranche. Damit könnte der Ausstieg aus der Atomenergie erschwert werden.
Die CDU/CSU-Fraktion im Bundestag geht in Opposition zur Bundesregierung und schwenkt auf den Kurs der Atomlobby ein. Nach dem Fraktionsvize Michael Fuchs hat sich jetzt auch Fraktionschef Volker Kauder gegen die geplante Brennelementesteuer und für den von der Atomlobby geforderten Fondsvertrag ausgesprochen. "Eine vertragliche Einigung mit der Energiewirtschaft wäre für mich immer besser als eine Besteuerung", sagte Kauder der FAZ.
Konkret geht es um die Beteiligung des Staates an den Gewinnen der Atombranche. Das Bundeskabinett hat auf seiner Sparklausur Anfang Juli die Einführung einer Brennelementesteuer beschlossen. Diese soll unabhängig von einer Laufzeit-Verlängerung erhoben werden und 2,3 Mrd. Euro pro Jahr für die Haushaltssanierung erbringen. Sollte es zu einer Laufzeitverlängerung kommen, wollen Umweltminister Norbert Röttgen (CDU) und die FDP-Fraktion auch einen Teil der zusätzlichen Gewinne abschöpfen, indem die Sätze der Steuer erhöht werden.
Die Unions-Fraktion hat zunächst gefordert, dass die Steuer nur als Gegenleistung einer Laufzeitverlängerung eingeführt werden dürfe. Inzwischen plädiert sie offen für die von der Energiewirtschaft vorgeschlagene Fondslösung. Danach sollen sich die AKW-Betreiber im Fall einer Laufzeitverlängerung per Vertrag verpflichten, 20 bis 30 Milliarden Euro in einen von ihnen verwalteten Fonds einzuzahlen, aus dem dann Forschungen zur Effizienzsteigerung der erneuerbaren Energien bezahlt werden. Sollte die Laufzeitverlängerung später rückgängig gemacht werden, müsste der Staat entsprechende Summen an die Energiekonzerne zurückzahlen.
Gegen beide Modelle werden rechtliche Bedenken vorgebracht. Die Atomwirtschaft hält die Brennelementesteuer für rechtswidrig. Sie beruft sich unter anderem auf den Vertrag, den die rot-grüne Bundesregierung 2000 mit der Energiewirtschaft abgeschlossen hat. Dort heißt es: "Die Bundesregierung wird keine Initiative ergreifen, mit der die Nutzung der Kernenergie durch einseitige Maßnahmen diskriminiert wird. Dies gilt auch für das Steuerrecht." Dieser Vertrag hat allerdings keine rechtliche Bindungswirkung. Es ist also eine rein politische Frage, ob die Kernenergie durch die Kernbrennstoffsteuer einseitig belastet wird. Die Bundesregierung bestreitet dies. Sie verweist unter anderem auf die Kosten der Sanierung des Atommülllagers Asse II.
Außerdem verstoße die Brennelementesteuer gegen EU-Richtlinien, argumentiert die Wirtschaft. Dagegen spricht aber schon, dass die EU-Kommission gegen eine ähnliche Steuer in Schweden nie vorgegangen ist. 2004 hat die EU-Kommission sogar ausdrücklich den Gestaltungsspielraum der Nationalstaaten bei der Energiepolitik und der Energiebesteuerung betont.
Umgekehrt drohte der SPD-Umweltpolitiker Ulrich Kelber mit einer Verfassungsklage, wenn die Bundesregierung sich mit der Atomwirtschaft vertraglich auf eine Fondslösung einige. "Das ist eine Entmündigung des Bundestags", sagte Kelber. In Karlsruhe dürfte er mit diesem Argument wohl nicht durchkommen. Dass die Politik vollendete Tatsachen schafft, die später nicht oder nur schwer revidierbar sind, ist üblich, da sonst nur Politik bis zum nächsten Wahltag gemacht werden könnte.
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