piwik no script img

Debatte sexueller MissbrauchDas Schweigen der Lämmer

Bernhard Pötter
Kommentar von Bernhard Pötter

Schuld an den Missbrauchsfällen in katholischen Einrichtungen ist nicht nur das Zölibat. Auch ein verkorkstes Sexualklima in der Kirche, ihre Weltfremdheit und der Glaube sind Ursachen.

Es gibt eine lange Liste mit Schandtaten im Namen des Herrn. Bild: dpa

N atürlich die Pfaffen! Die Reaktion auf den Missbrauch von Kindern und Jugendlichen am Berliner Jesuitengymnasium "Canisius Kolleg" ist vorhersehbar. Wieder einmal steht eine Institution der katholischen Kirche zu Recht in der Kritik, weil in ihr jahrelang sexuelle Verbrechen an Kindern verübt wurden. Es gibt eine lange Liste mit solchen Schandtaten im Namen des Herrn, zuletzt waren es pädophile Priester in den USA und in Irland.

Schnell ist eine Erklärung bei der Hand: Das Zölibat, die erzwungene Ehelosigkeit der katholischen Priester, soll die Schuld an solchen Verbrechen tragen – wer keinen Sex mit Frauen haben darf, reagiert sich an kleinen Jungs ab, scheint der Gedanke dahinter. Mal abgesehen davon, dass dabei wild Hetero- und Homosexualität, Sex unter Erwachsenen und Sex mit Abhängigen, Liebesbeziehungen und Machtdemonstrationen durcheinander geworfen werden – der Kurzschluss mit dem Zölibat ist vor allem deshalb falsch, weil er Verantwortlichkeiten verschleiert. Denn wenn eine Jahrhunderte alte Kirchenregel schuld ist, dann sind die Täter und ihre Vorgesetzten fein raus.

Der Zölibat ist nur ein Symptom, nicht die Ursache. Die liegt in der verklemmten Sexualmoral der katholischen Kirche. Dabei fordert das Kirchenrecht von einem Priester nur die Ehelosigkeit, und auch sie ist nur eine Verwaltungsvorschrift, die der Papst mit einem Federstrich ändern könnte. Ordensleute allerdings geloben beim Eintritt ins Kloster neben Armut und Gehorsam auch "Keuschheit", Jesuiten sogar noch zusätzlich Treue zum Papst. Die Täter von Tiergarten haben sich also in der Gedankenwelt der Kirche gleich mehrfach versündigt: Gegen die Kinder, aber eben auch gegen ihr Gelübde, gegen ihren Orden und schließlich auch gegen den Papst.

Der wiederum trägt keine Mitschuld an den einzelnen Verbrechen. Wohl aber an einem Klima, das solche Übergriffe ermöglicht und deckt. Denn zu Recht weisen Kirchenleute jetzt darauf hin, dass sexueller Missbrauch keine Domäne der katholischen Kirche ist: In Familien, Freundeskreisen, Sportvereinen, Jugendzentren und staatlichen Schulen werden Kinder misshandelt. Und in allen Bereichen wurden die gleichen Fehler gemacht: Täter wurden nicht zur Rechenschaft und aus dem Verkehr gezogen, sondern nur mit einer Ermahnung an die nächste Schule weitergeschickt.

Dieses Wegschauen trifft gerade die Kirchen, denn hier ist oft das Vertrauen der Eltern größer, die Kontrolle laxer, und der Anspruch an eine christliche Erziehung ist himmelhoch. Dass eine solche umfassende Erziehung von Kindern zu gesunden Persönlichkeiten ausgerechnet von Menschen geleistet werden soll, die mit der Sexualität einen wichtigen Teil ihrer Persönlichkeit abspalten und abtöten, wird seltsamerweise nicht als Problem begriffen.

Dabei ist es in der katholischen Kirche ein offenes Geheimnis, dass ihre Leibfeindlichkeit ein Haupthindernis zu einer menschlichen Gemeinschaft ist. Schon vor 20 Jahren hat der (später geschasste) Priester und Psychotherapeut Eugen Drewermann mit seinem Standardwerk „Die Kleriker“ die psychischen Defizite des Kirchenpersonals beschrieben. Seitdem hat sich die Lage eher noch verschlimmert. Sexualität ist tabuisiert und wird in der Priesterausbildung nur theoretisch betrachtet.

Das Milieu zieht Menschen mit dem Sexleben eines Pubertierenden magisch an. Das sind dann Priester, die von einem Intimleben auf Augenhöhe mit einem Partner (ein Drittel der katholischen Priester gelten als schwul) oder einer Partnerin nur träumen können, für die eigene sexuelle Erfahrungen immer mit Schuld und Heimlichkeit verbunden sind. Und der Priestermangel führt dazu, dass manche Bistümer offensichtlich ungeeignete Kandidaten zu Priestern weihen.

Wie legt man einen solchen Sumpf von Lebensfeindlichkeit und – man muss das Wort gerade gegenüber der Kirche gebrauchen – Unmoral trocken? Eltern sollten beim Pfarrer genauso kritisch sein wie beim Fußballtrainer, eher kritischer. Das Canisius-Kolleg und der Jesuitenorden könnten in die Offensive gehen und eine internationale Konferenz aus Theologen, Soziologen, Medizinern und Missbrauchsopfern einberufen, um darüber zu reden, welche Strukturen in der Kirche dem sexuellen Missbrauch Vorschub leisten.

Früher haben die Kirchen für drängende kirchliche und gesellschaftliche Probleme eigene Orden gegründet oder Lehrstühle an Universitäten geschaffen. Die Frage, wie sehr die Struktur der Kirchen zu befreiendem Handeln oder zu lebensfeindlichen Missbräuchen einlädt, wäre deutlich wichtiger als spitzfindige theologische Debatten und hätte ein eigenes Forschungszentrum verdient. All das wird unter dem deutschen Papst nicht passieren. Aber wenn man irgendwo Wunder erwarten darf, dann doch wohl in der katholischen Kirche.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

Bernhard Pötter
Redakteur für Wirtschaft und Umwelt
Jahrgang 1965. Seine Schwerpunkte sind die Themen Klima, Energie und Umweltpolitik. Wenn die Zeit es erlaubt, beschäftigt er sich noch mit Kirche, Kindern und Konsum. Für die taz arbeitet er seit 1993, zwischendurch und frei u.a. auch für DIE ZEIT, WOZ, GEO, New Scientist. Autor einiger Bücher, Zum Beispiel „Tatort Klimawandel“ (oekom Verlag) und „Stromwende“(Westend-Verlag, mit Peter Unfried und Hannes Koch).
Mehr zum Thema

30 Kommentare

 / 
  • AL
    anonym Linz

    @ Antwort an Wolfgang, "04.02.2010 14:49 UHR"

     

    Würden Sie einräumen, daß Ihr Anliegen wichtiger

    ist als der Tierschutz? Und einen österreichischen

    Rechtsträger zurechtweisen wollen, der sich der

    Sache des Tierschutzes in unzweckmäßiger Weise

    widmet?

    Siegfried P. Posch

    Wegen einer Sperre meines Mail-Accounts

    über deutsche Veranlassung ist keine Antwort

    per E-Mail möglich!

  • W
    Wolfgang

    Zu allen Kommentaren sei eins gesagt:

    warum hat ein "allmächtiger Gott" nie ein Kind geschützt?

    warum scheint er aber seine Prediger zu schützen und die kirchlichen Institutionen?

    Also stelle ich die Frage: gibt es ihn oder nicht?

    Eher wohl nicht.

  • DR
    Dr. rer. Nat. Harald Wenk

    Es sollte heissen:

    "Es gibt nur eine Psychologie, die des Priesters“ -Deleuze/Guattari im Anti-Öipus - Pflichtlektüre für alle Psycho- und Sozialberufe, auch für Gläubige.

  • HK
    Hans-Peter Krebs

    Was bitteschön ist Täter von Tiergarten???

  • DR
    Dr. rer. Nat. Harald Wenk

    „Es gibt nur eine Psychologie, die des Priesterss“ -Deleuzeze/Guattari im ,, Anti-Ödipus“ - Pflichtlektüre für alle Psycho- und Spezialberufe, auch für Gläubige.

    Bitte konsequent „neurologisch“ bis auf die theoriegenerierende Molekülebene [„Molekulare Revolution“] lesen. Hormone, aber nicht nur sie, sind Treibstoff für Wunschmaschinen. Dann klärt sich so ziemlich alles Mysteriöse daran.

    Diese Psychologie des Priesters basiert auf Schuld und Sühne, ausgehend von der zentralen, zum „kleinen schmutzigen Geheimnis“ (ebenda zustimmend von D.H. Lawrence aufgenommen] gemachten Sexualität. Das wird im Artikel sehr gut noch einmal unterstrichen. Die Bedeutung für das psychische Leben und die wirkliche Hemmung der westlichen Kultur, [„Wir kranken am Eros“] durch den klerikalen christlichen Umgang mit Sexualität, gerde bei ihren „Kadern“, kann der Artikel natürlich nicht so ausführlich wie in diesem die Studentenbewegung stark orientierend inspirenden tiefgründigem Werk deutlich gemacht werden.

  • W
    walter_33

    Dazu kommt noch ein gewichtiges Element: Je traditioneller gelagert der Orden oder die Gemeinschaft, desto unumstösslicher sind die Hierarchien.İn diesem Gefüge sind "die Laemmer", also die Kinder, das schwaechste Glied, vor allem wenn sie sich in Schulinternaten befinden. Denn im kirchlichen Autoritaetsverstaendnis haben die Eltern ihr Kind den Ordensleuten (verlaengerter Arm Christi usw.) zur christlichen Erziehung übergeben. Je nach Orden wird dies sogar von den Oberen eingefordert.

    So, in diesem Umfeld gibt es so gut wie keine Chance, aufzumucksen, denn auch die Eltern werden ja Partei...

     

    İm Übrigen fand ich İhren Kommentar sehr lesenswert.

  • HM
    Hermann Mahr

    Es muß heißen

     

    "der" Zölibat.

  • DG
    Dirk Gober

    Warum nur schrieb die taz nicht so ausführlich über die Forderung der Grünen (vor einigen Jahren), Sex mit Kindern zu gestatten, da diese ja (sinngemäß zitiert) "eine eigene Sexualität haben"?

     

    Vielleicht weil es von der "richtigen" Seite kam?

  • G
    Gockeline

    Die Verurteilung der Kath.Kirche wegen Vertuschung von Pädophilen Priester muß sein.Es ist ein Verbrechen das die Kath.Kirche nicht erkennt.Aber unsere heuchlerische Gesellschaft die mit allen Fingern auf die Kirche zeigt, sieht nicht wie heute unsere Kinder ihre Kindheit verlieren.Sex ist zu unseren Kindern ins Kinderzimmer gekommen und nimmt die Kindheit weg.Kinder mit 10-16 sind unterwegs mit sexuellen Erfahrungen und niemand zeigt sie (Täter)an wegen Kindesmißbrauch!Kinder werden zum Arzt geprügelt um die Pille zu bekommen zur Verhütung.Kein Arzt zeigt dies beim Jugendamt an.Keine Mutter zeigt den Täter an wegen Kindesmißbrauch.Da schaut die Mutter noch zu und denkt mein Kind ist aber früh dran.Bei Priester schreien alle auf,nur bei der eigenen Familie macht man alle Augen zu.Unsere Kinder sind alle früh sexualisiert.Konditioniert auf Sex im frühen Alter,weil ihnen nichts anderes angeboten wurde.Die meisten Kinder müßen doch zu Hause Sex ansehen ob im Fersehen oder dass Eltern selber vor den Kinder Pornos schauen.Diese werden alle Partnerschaftskrüppel,weil sie nur eines fixiert sind.

  • L
    lapidar

    Der einfache Priester gelobt Ehelosigkeit, mit der Weihe zum Bischof dann Keuscheit. Ehelosigkeit ist nicht Keuschheit!

  • A
    Augenhöhe

    ANKE: Sehr einleuchtende Argumentation. Hier noch etwas, das zwar mit dem Thema nichts zu tun hat, jedoch alle sprachlich Interessierten erfreut haben dürfte: die Absage an das alberne Modewort "Augenhöhe". Vorübergehend sah es mal so aus, als sei es den Journalisten so langesam selber fragwürdig geworden. Neuerdings kiegt man es leider wieder zunehmend häufig serviert. Na, wie wär's...?

  • L
    Lund

    Wie bitte? Der Glaube ist Ursache von Missständen? So etwas in der taz zu lesen ist ja fast subversiv, wo sich diese Zeitung doch ansonsten so dafür stark macht, dass Glaube und Verfehlungen ihrer Anhänger nichts miteinander zu tun haben???? Ach so, ich vergaß: Nicht alle Glauben sind gleich.

  • D
    Diva

    Die Lösung des Problems ist doch ganz einfach !

     

    Entweder man schafft das Zölibat ab oder neue Priesteranwärter müssen (natürlich freiwillig) sich kastrieren lassen .

    Das wer für mich dann konsequent und sexuelle Übergriffe würde es dann nicht mehr geben.

     

    Kein Ständer kein Verlangen kein Missbrauch ...so einfach ist das !

  • O
    Otto

    Es mag ja sein, dass sich die katholische Kirche in einer moralischen Krise befindet angesichts der zahlreichen Missbrauchsfälle. Aber was kann den Weg aus der Krise weisen? Doch bestimmt nicht die sexuelle Toleranz und Zügellosigkeit, auf die sich unsere Gesellschaft mittlerweile geeinigt hat und die sie nun auch von den Priester fordert. Die epidemische Ausbreitung von Aids und anderen Geschlechtskrankheiten, die massenhaften Abtreibungen (von Feministinnen sogar als Zeichen sozialen Fortschritts begrüßt) und das Ende der Familie in großen Teilen der Bevölkerung (abgelöst durch das Ideal der Alleinerziehenden Mutter unter staatlicher Aufsicht) zeigen doch, dass die Gesellschaft auch keine wirkliche Alternative zu bieten hat.

  • A
    anke

    @Eisenzahl:

    Vielleicht desillusioniere ich Sie mit meiner Aussage, aber für mich steht fest, dass nicht allein "die Tätigkeit des Geistlichen" extrem familienfeindlich ist. Allen anders lautenden Sonntagspredigten von Politik und Wirtschaft zum Trotz fordern auch "weltliche" Arbeitgeber (der Börsenwert ist im Grunde auch fast heilig) aller Couleur noch immer "vollen Einsatz" von ihren "Arbeitnehmern". Dieser Einsatz aber endet nicht nach den vertraglich vereinbarten 8 Stunden täglich, und er wird auch entschieden besser honoriert, als die Rücksichtnahme auf jene, die entweder "vorher dazu nicht gefragt wurden (Kinder) oder nicht absehen konnten, was ihre Zustimmung bedeutet (Ehepartner)". Die Kirchen, auch die katholische, sind halt noch immer ein integraler Bestandteil dieser Gesellschaft. Bloß wer von wem abschreibt, ist heutzutage längst nicht mehr so klar erkennbar, wie es früher mal gewesen sein soll.

  • H
    Hier

    Der Artikel ist ja an sich ganz gut und die Aussagen kann ich gut nachvollziehen.

    Nur was mir bitter aufstöst ist folgender Satz:

    "Es gibt eine lange Liste mit solchen Schandtaten im Namen des Herrn, zuletzt waren es pädophile Priester in den USA und in Irland. "

     

    Ich glaube nicht, dass die Taten im namen des Herrn erfolgten. Sie schreiben ja selbst, dass die Täter gegen Kirchenregeln verstoßen haben.

    Aber so eine Formulierung kann man sich wahrscheinlich einfach nicht verkneifen, wenn man über die katholische Kirche schreibt.

  • J
    Johnny

    *lol, das sagen die richtigen "der Glaube sind die Ursachen", genau meine Aussage auch bei den Linksradikalen sind ihre Politik und ihre Medien verantwortlich für die Radikalisierung, die 1. Mai Bürgerkriege und die Gewalt gegen Polizisten von Linken und Migranten. Sie werden doch nicht ernsthaft glauben, wenn sie ihre eigenen Verfehlungen verheimlichen, sie können andere an den Pranger stellen?! Also primitiver geht Journalismus wirklich nicht mehr, ich sag mal TAZ und BILD sind sich doch irgendwie gleich ;)

  • A
    anke

    Mich würde interessieren, wie "die katholischen Bistümer" (who the fuck is...) vor der jeweiligen Priester-Weihe geeignete und "offensichtlich ungeeigneten Kandidaten" voneinander unterscheiden sollen. Außerdem: Wo, genau, sollen Eltern beim Pfarrer kritisch hinsehen? Kontrolle, scheint mir, wäre in diesem ganz speziellen Fall nicht halb so gut, wie Vertrauen. Auf Seiten der Kinder, meine ich. Vielleicht sollte mit denen hin und wieder mal jemand reden. Nicht autoritär oder suggestiv. Nur ernsthaft. Und natürlich auf Augenhöhe, wie immer sprachlich so schön gebildert wird. Darüber, welche Strukturen dem sexuellen Missbrauch Vorschub leisten, kann und muss man natürlich außerdem nachdenken. Intern genau so wie extern.

  • RR
    Robert R

    'Sexualität ist tabuisiert und wird in der Priesterausbildung nur theoretisch betrachtet.'

     

    Praktische Ausbildung ist bei Sexualität allgemein nur schwer zu finden.

  • CR
    Christiane Raffauf

    Und die weltlichen Einrichtungen?

    Das Canisius-Kolleg ist Vorreiter bei der Entscheidung, bei Bekanntwerden von systematisch anmutenden sexuellen Übergriffen gezielt potentielle Opfergruppen anzusprechen. Die hierdurch losgetretene Lawine weist zunächst allein - der Natur der Sache geschuldet - auf jesuitische Einrichtungen hin. Die oben genannten Überlegungen für den Klerus sind ohne Zweifel wichtig und notwendig. Dennoch ist es zu kurz gedacht, jetzt nur über Katholiken und Sexualität zu sprechen. Die Bedeutung, die aus den Erkenntnissen des Canisius-Kollegs zu ziehen ist, geht weit über den kirchlichen Bereich hinaus. Man wagt kaum zu spekulieren, was geschehen würde, wenn alle säkularen Einrichtungen wie Schulen, Musikschulen, Sportvereine, Jugendheime, Krankenhäuser, Ausbildungsbetriebe mit in den letzten drei Jahrzehnten vielleicht auch nur gerüchteweise bekannt gewordenen sexuellen Übergriffen gegenüber Abhängigen, systematisch alle ehemaligen Azubis, Zöglinge, Schüler, Patienten anschreiben würden und eine unabhängige Mitteilungsinstanz für sexuelle Übergriffe anbieten würde. Daher ist zu hoffen, dass der jetzt auch medial so stark entfachte Aufklärungswille nicht an den (inneren) Klostermauern halt macht.

  • B
    bernhard

    gefällt! schick geschrieben

  • D
    Didi

    Selbstverständlich ist der Zölibat mit Schuld an der Angelegenheit. Der Zölibat zieht kluge, sexuell aber verkorkste junge, männliche Katholiken an. Befreit von der eigenen Sexualität kann man fromm leben... Dass die Rechnung ohne den Wirt, also das Testosteron gemacht wurde, dämmert dem einen oder anderen erst später. Bis dahin haben sie nicht gelernt, reife, adäquate Beziehungen zu entwickeln und haben auch nicht die notwendigen Beziehungsversuche gemacht.

    Dann sind sie ihren Trieben, die sowieso schon irgendwie verkorkst waren mangels einer adäquaten Reifung vollkommen hilflos ausgesetzt. Dazu die rigide Sexualmoral, die Homophobie usw. Dass so etwas dann hochgeht, ist doch wohl mehr als verständlich.

  • E
    Eisenzahl

    Als verheirateter Geistlicher habe ich großen Respekt vor der Entscheidung der katholischen Kirche, nur diejenigen in ihren priesterlichen Dienst zu nehmen, die sich aus freien Stücken für die Ehelosigkeit entscheiden. Auch wenn ich vor allem in der Seelsorge davon profitiere, selbst einen Ehe-Alltag zu erleben, gibt es viele Argumente die für den Zölibat sprechen. Die Tätigkeit des Geistlichen ist eine familienfeindliche Tätigkeit und ich selbst lebe in dem Dilemma, dass das Ausleben meiner Berufung, die ich von Gott erfahren habe, oft auf Kosten anderer Menschen geht, die entweder vorher dazu nicht gefragt wurden (meine Kinder) oder nicht absehen konnten, was ihre Zustimmung bedeutete (meine Frau). Neben der Ehelosigkeit gibt es aber noch weitere Eigenschaften, die man/frau als Geistlicher braucht. Die strikte Vorgabe des Zölibates in der katholischen Kirche führt dazu, dass dieses zum KO-Kriterium gemacht wird und nicht auf weitere Fähigkeiten geachtet wird. Ich gebe dem Autor recht, dass dieses Thema wissenschaftlich bearbeitet werden muss, um es aus dem Tabu-Bereich herauszuholen. Dass das der katholischen Kirche schwerfallen wird ist klar, denn der Zölibat hat in der Vergangenheit die Existenz der Kirche gesichert. Man stelle sich einen verheirateten Papst als Stellvertreter Gottes vor mit einer menschlichen Familie(Papstens Söhne Müllers Vieh ...), die im Licht der Öffentlichkeit (sprich Regenbogenpresse) stehen. Es wäre wirkllich die Frage, ob die katholische Kirche das überstanden hätte.

  • L
    Langen

    "ein Drittel der katholischen Priester gelten als schwul".

    Stimme mit ihrem Artikel ja in der Tendenz überein, aber was mich in den Wahnsinn treibt, sind Sätze wie der oben stehende. Das kann doch jeder behaupten. Wo wollen Sie diese Zahl denn her haben? Der müffelt ganz stark nach so nem typischen Schreiberling-Kniff um seine Thesen zu untermauern. Also, wo kommt die Zahl her?

  • H
    HarryB

    Der Analyse, dass der Zölibat nur ein Symptom, nicht aber die Ursache des Problems sei, kann ich aus meiner Erfahrung nicht ganz zustimmen. Als schwuler Mann mit einem - klischeehaft - großen Bekanntenkreis kenne ich auch sehr viele schwule Priester, Ex-Priesteramtskandidaten und Theologiestudenten, und habe mich mit einigen davon darüber unterhalten, warum sie den Weg zum Priesteramt einschlagen wollten, bzw. tatsächlich eingeschlagen haben. Mehrere Bekannte meinten, sie hätten ganz bewusst den Beruf des Priesters angestrebt, in der naiven Hoffnung, damit ihre Sexualität sublimieren oder unterdrücken zu können.

     

    Der Zölibat übt mit Sicherheit eine hohe Anziehungskraft aus Männer aus, die mit ihrer nicht der gesellschaftlichen Norm entsprechenden Sexualität nicht klarkommen - egal ob sie nur auf Männer stehen, oder aber auf kleine Mädchen ...

  • WB
    Wolfgang Banse

    Eure Gottesdienste schmecken mir nicht

    In Anlehnung an den Propheten Amos der die Aussage maccht:"Eure Brandopfer schmecken mir nicht"-so ist es heute im Jahr 2010 übertragbar,auf den Missbrauch von Schutzbefohlenen in einer konfessionellen Schule,hier das Canasius Kolleg in Berlin,welches als elitär gilt.Immer wieder kommen Menschen zu Schaden in der Kirche und deren angeschlossenen Einrichtungen.

    Schon lange wußte man von den Vorfällen-schwieg,wie es immer meistens der Fall in der Kirche ist. Auf der einen Seite Moral predigen,Weihrauch spenden in der Kirche,im Sündenbekenntnis bekennen :" durch meine Schuld,durch meine Schuld"dies ist das eine Gesicht des Geistlichen-das Alltagsgesicht ist ein anderes. Wirkt es da nicht in irgendeiner Form was Heuchlerisch,vor sich selbst,vor der versammelten Gemeinde ,vor Gott.

    Wenn man davon wußte,warum trat man nicht an die Öffentlichkeit?Der Misswisser ist so zu behandeln,wie der Mittäter und juristisch zur Verantwortung zu ziehen.

    Mit einer Entschuldigung durch den Ordensoberen und den Rektor ist es nicht allein getan.

    Exkommunizierung und mit einer Belegung des Kirchenbannes und Auschluß wäre angebracht.

    Warum erklärt der Bischof des Erzbistums,hier Georg Kardinal Sterzinsky es nicht zur Chefsache,anstatt es den Dompropst zu übertragen?Warum ergeht kein vorösterliches Hirtenschreiben an die Gläubigen. Warum nimmt nicht der Vorsitzende der Deutschen Bischofskonferenz Erzbischof Dr. Robert Zolltisch Stellung?Wo bleibt ein Wort des Heiligen Stuhls?Warum wird der Generalobere des Jesuiternordens in Rom nicht aktiv. Eine Art ... "laßt alles so laufen,"ist erkennbar.Rom und München sind werit entfernt.

    Die Vollversammlung der Bischöfe,die zu ihrer Frühjahrstagung in Freiburg zusammen kommen,sollten ihre Tagesordnungspunkte,die vorgesehen waren,fallen lassen ,sondern sich intensiv mit den Missbrauchfällen an Schutzbefohlenen und die wiederholte Leugnung

    des Holocaust diurch Bischof Willemsen auseinandersetzen.

    Es ist nicht alles Kirche,was sich Kirche nennt.

    Die anderen Religionsgemeinschaften sollten sich kritisch und konstruktiv mit der katholischen Kirche auseinandersetzen,im Bezug auf die Ökumene.hier auf den 2.Ökumenischen Kirchentag der im Mai 2010 in München stattfindet.Durch die bekanntgewordenem Vorfälle muss man sich fragen,wie steht es eigentlich

    im Bewzug mit der Glaubwürdigkeit und Aurichtigkeit,mit den Geboten.Glaubt und lebt ihr das,im Alltag,was ihr im Sonntag im Gottesdienst predigt.

    Ein Jesuitenpater bezichtigte einen Mitmenschen ,er wäre ein kleiner Hitler und ein Faschist. Ebenfalls störte dieser Jesuitenpater im Herbst 2009 in einer evangelischen Kirche in Kreuzberg einen Gottesdienst,indem er einen Pfarrer,während der Predigt unterbrach."Es war mal wieder an der Zeit",so waren seine Worte,im Bezug auf sein Fehlverhalten.Warum läßt man gewähren und schreitet nicht ein,was ein Hausverbot und eine Anzeige betrifft. Stattdessen wirkt diesr Jesuitenpater an Veranstaltungen der evangelischen Kirchengemeinde mit.Auch eine Mitwirkung auf dem 2. Ökumenischen Kirchentag ist durch den Jesuitenpater ins Auge gefasst worden.

    Um der Glaubwürdigkeit willen,sollten die Verantwortlichen des 2. Ökumenischen Kirchentages in München Abstand nehmen,was die Mitwirkung des Gottesdienststörers betrifft. Wer einmal den Gottesdienst gestört hat, der wird ihn auch ein zweites Mal stören.

    Warum steht ,was die Glaubwürdigkeit anbetrifft,die Umweltorganisation Greenpeas an der vorderen Stelle und nicht die Kirche".

    Mit Recht halten Atheisten und Entkirchlichte Gläubigen den Spiegel vor.Quo vadis Kirche,was den Umgang mit Schutzbefohlenen und die Leugnung des Holocaust anbetrifft. Wolfgang Banse

  • S
    Siegfried

    Grundsätzlich Zustimmung. Gute Analyse. Nur in einem Punkt wird etwas falsches suggeriert. Wie kann "der Glaube" dafür verantwortlich sein? Welcher Glaube denn? Hier wird einfach pauschal jede Art von Glauben an wen oder was auch immer verantwortlich gemacht für Kindesmissbrauch. Was im Umkehrschluss suggeriert, nur, wer an gar Nichts glaubt, missbraucht keine Kinder.

     

    Richtig ist, dass der Glaube an bestimmte Moralvorstellungen in Zusammenhang mit sexuellen Entgleisungen steht. Und die katholische Kirche hat sich mit Moralvorstellungen seit Jahrhunderten hervorgetan. Aber das ist kein ausschließlich katholisches Problem. Es ist so weit verbreitet, dass speziell der christliche Glaube mit eben diesen Moralvorstellungen verwechselt wird.

     

    Über Bischöfe (damals schlicht eine Art Gemeindeleiter) heisst es in der Bibel, sie sollten zuvor ihre Eignung durch eine vorbildliche Familie mit gut erzogenen Kindern nachweisen. Zum eheliche Sexualleben heisst es "entzieht euch einander nicht". Und über diverse sexuelle Praktiken gab es im alten Testament mal Beschwerden ("dürfen die sowas Unanständiges?), die mit den Worten abgeschmettert wurden "das Ehebett ist heilig". Auf gut deutsch: Das geht Euch gar Nix an.

     

    Also nicht _der_ Glaube an sich ist schuld, denn den gibt es nicht. Wenn schon, dann bitte definieren, welcher Glaube.

  • K
    Khamelion

    Ich finde es eigentlich erstaunlich, dass niemand bei diesen Vorfällen an Homosexualität denkt.

    Die Mehrzahl an Misshandlungen sind nur an Jungen.

    75 % der Katholischen Priester sind homosexuell, aber trotzdem verbietet es die Kirche. Allein daran merkt man wie verlogen die Kirchen sind. Nicht der Glaube, sondern die Katholische Kirche.

  • S
    Schulz

    Auf dem Foto scheint allerdings ein Maedchen abgebildet zu sein.

    Welche Kindheit haben die missbrauchenden Pfaffen

    hinter sich?

    Gab es kein Verstaendnis und keine Therapie fuer diese?

     

    Ein Kleriker ist kein Therapeut.

    Vielleicht fuerchten sich einige Kirchen,

    eine Konkurrenz zur Therapeutenschiene zu werden.

     

    Der Papst scheint die Athmosphaere auf das 8.Jahrhundert einfrieren zu wollen.

     

    Liturgie ist nicht rettend, nicht befreiend.

    Das genehmigte Liederbuch ist nicht heiliger als andere.

    Die Strukturen entprechen nicht einer modernen Gesellschaft.

     

    Offensichtlich wird ganz scharf zwischen

    der verpflichtenden Teilnahme an bestimmten Veranstaltungen (Reinsprechung)

    und dem normalen Leben mit den entgegengesetzten Inhalten unterschieden.

    Beides hat nichts miteinander zu tun.

    Damit entgehen die Katholiken der Anklage von Weltfremdheit,

    bringen sich selbst aber in unloesbare Konflikte.

  • PW
    Peter Wenner

    Schrecklich was da passiert ist, das durch den Glauben zu rechtfertigen finde ich allerdings ist eine bösartige Unterstellung von ihnen.

     

    Wenn die Muslime in einen Topf geworfen werden ist die taz sofort zur Stelle um diese zu Verteidigen, solange mit zwei Maß gemessen wird suche ich mir eine andere Online Zeitung.