Debatte im Rundfunkrat: Intendantin besteht auf Aus für Radio Multikulti
31.000 Unterschriften fordern Erhalt von Radio Multikulti. RBB-Chefin ist beeindruckt, bleibt aber bei ihrem Kurs
Orange war der Schal um den Hals von Intendantin Dagmar Reim. Orange wie die Protest-T-Shirts der knapp 200, die am Donnerstagnachmittag vor dem RBB für den Erhalt von Radio Multikulti demonstrierten und Reim 31.000 Protest-Unterschriften übergaben. War der Schal ein Symbol? Gab es etwa Hoffnung, sie lasse Multikulti leben? Reim lächelte in die Kameras, sagte aber nichts und redete erst 14 Stockwerke höher vor dem Rundfunkrat Klartext: Es bleibe beim Aus für das Hörfunkprogramm, das sich vor allem an Migranten richtet. "Ich bin beeindruckt, dass so viele daran hängen und es retten wollen. Wir würden es auch gerne tun - wenn wir nur könnten", sagte Reim.
Gegenüber der taz hatte SPD-Rundfunkratsmitglied Frank Zimmermann schon vor der Sitzung erklärt, dass das Gremium kaum etwas gegen die Schließung unternehmen könne: "Wir können das nicht an uns ziehen, wir sind hier nur ein beratendes Gremium." Reim habe sich festgefahren und könne aus der Sache nicht mehr heraus. Die Grünen-Kulturpolitikerin Alice Ströver, die als Rundfunkrätin in den 90ern Radio Multikulti mit auf den Weg brachte, wirft Reim Ignoranz vor: "Die Frau versteht diese Stadt nicht."
In der Sitzung wehrte sich Reim gegen die Kritik vergangener Monate: "Glauben Sie, es ist schön, ein halbes Jahr lang als Ausländerfeindin, Integrationsgegnerin und Kanakenvertreiberin beschimpft zu werden?" Sowohl CDU-Vertreter Friedbert Pflüger, Ex-Fraktionschef im Abgeordnetenhaus, als auch Juliane Freifrau von Friesen, 2001 als Wirtschaftssenatorin für die Grünen in der Landesregierung, riefen später dazu auf, sich vor Reim zu stellen, berichteten Teilnehmer der Sitzung.
Nach Angaben des RBB-Verwaltungsrats ist die finanzielle Situation des Senders "sehr viel ernster, als sich das in der Öffentlichkeit darstellt". Eine Finanzhilfe für den RBB von möglicherweise 20 Millionen durch andere Sender ist zwar im Gespräch, aber nur als Kredit.
Reim ließ sich auch von einem erneuten politischen Appell aus dem Abgeordnetenhaus nicht umstimmen. Dort hatten am Morgen im Integrationsausschuss Koalition und Grüne gefordert, mit der Schließung zumindest noch ein Jahr zu warten.
Überraschende Zustimmung dafür war aus der CDU gekommen: Der Kreuzberger Abgeordnete Kurt Wansner, oft als Rechtsausleger abgetan, stimmte neben der türkischstämmigen Emine Demirbüken-Wegner für den Appell, die drei anderen CDU-Ausschussmitglieder votierten dagegen. "Ich höre Multikulti nur selten, und die Musik gefällt mir auch nicht", sagte Wansner, "aber der Sender erreicht Leute, an die die Politik nicht rankommt. Deswegen ist er notwendig."
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