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Debatte Reiche in DeutschlandEin Land guckt weg

Ulrike Herrmann
Kommentar von Ulrike Herrmann

Wer arm ist, wird komplett durchleuchtet, wer Geld hat, bleibt unerfasst. Der Datenmangel ist kein Zufall, er ist politisch gewollt.

G eld ist ein scheues Reh. Dieses Bild ist abgegriffen, aber wahr. So gehört es zu den deutschen Statistikwundern, dass zwar erfasst ist, dass es 2007 exakt 69 Theaterorchester gab - doch sehr unklar ist, über wie viel Vermögen und Einkommen die reichen Bundesbürger verfügen.

Diese statistischen Lücken sind kein Zufall. Die deutschen Eliten wissen genau, dass eine Verteilungsdiskussion nur aufkommen kann, wenn bekannt ist, wie der Wohlstand verteilt ist. Also bleibt dies ein Geheimnis.

Die Kurvenmethode

Dieser Datenmangel wird zudem geschickt kaschiert, denn regelmäßig erscheinen seriös anmutende Vermögensberichte. Akribisch wirkt etwa der "Weltreichtumsbericht", den die US-Investmentbank Merrill Lynch und die Beratungsfirma Capgemini jährlich erstellen. Danach soll es 2009 in Deutschland 861.500 Millionäre gegeben haben, 2008 waren es angeblich nur 809.700. Das sieht nach echter Statistik aus - bis man zum Methodik-Teil der Studie blättert. Dort wird es abenteuerlich. Offenbar wird die Zahl der Millionäre dank einer "Capgemini Lorenz Kurvenmethode" ermittelt, die "Schätzungen" auf der "Makro-Ebene" fortschreibt. Unklar bleibt aber, was wohl diese "Capgemini Lorenz Kurvenmethode" sein soll. Zudem ist unwahrscheinlich, dass die Zahlen stimmen - wie schon der Vergleich mit einem Konkurrenzunternehmen zeigt.

Die Beratungsfirma Boston Consulting hat nämlich ebenfalls entdeckt, dass Reichen-Rankings ein wunderbares Marketing-Instrument sind, das großformatige Zeitungsartikel garantiert. Allerdings kommt Boston Consulting für das Jahr 2008 nur auf 373.565 Dollar-Millionäre in Deutschland. Noch seltsamer: Capgemini weist zwar deutlich mehr Millionäre aus, dafür sollen diese aber deutlich weniger besitzen als bei Boston Consulting. Für 2008 schätzt Capgemini das Vermögen der "High Net Worth Individuals" auf weltweit insgesamt 32,8 Billionen Dollar. Boston Consulting kommt auf stolze 92,4 Billionen.

Bild: taz

Ulrike Herrmann ist Wirtschaftskorrespondentin der taz. Die Langfassung dieses Textes findet sich in "Hurra, wir dürfen zahlen. Der Selbstbetrug der Mittelschicht" (Westend 2010). Die Serie mit Beiträgen aus anderen Ländern wird fortgesetzt.

Aber auch die amtliche Statistik weiß fast nichts über die Reichen in Deutschland. Die offiziellen Daten sind so lückenhaft, dass sie kaum zu gebrauchen sind.

Um die Erhebungen kurz vorzustellen: Einen groben Überblick bietet die Bundesbank. Sie hat für das Jahr 2007 ermittelt, dass die Deutschen ein Reinvermögen von 9,5 Billionen Euro besaßen - davon 4,6 Billionen als Geldvermögen. Diese Durchschnittswerte sagen jedoch nichts darüber aus, wie sich das Vermögen individuell zwischen Armen, Mittelschicht und Reichen verteilt. Dafür sind die Statistiken der Bundesbank blind.

Scheu wie die Rehe

Daher erstellt das Statistische Bundesamt alle fünf Jahre die Einkommens- und Verbrauchsstichprobe (EVS). Befragt werden knapp 60.000 Haushalte. Das Amt selbst ist sehr stolz auf diese Masseninterviews: Die EVS sei "die größte Erhebung dieser Art innerhalb der Europäischen Union". Allerdings werden Großverdiener nicht erfasst. Die Statistik berücksichtigt keine Haushalte, die über ein monatliches Nettoeinkommen von mehr als 18.000 Euro verfügen. Sie würden "in der Regel nicht in so ausreichender Zahl an der Erhebung teilnehmen, dass gesicherte Aussagen über ihre Lebensverhältnisse getroffen werden könnten". Übersetzt: Das Statistikamt hat festgestellt, dass die Reichen eine gewisse Scheu zeigen, über ihr Einkommen und ihr Vermögen freiwillig Auskunft zu geben.

Nicht freiwillig ist hingegen eine andere Stichprobe: der Mikrozensus. Jährlich ist ein Prozent der Bevölkerung verpflichtet, sich an dieser Erhebung zu beteiligen. Auch die Reichen können sich nicht entziehen. Allerdings wird das Vermögen gar nicht abgefragt - und das Einkommen nur sehr pauschal erhoben. Spitzenverdiener müssen dort nur ankreuzen, ob ihr persönliches Nettoeinkommen "18.000 Euro oder mehr beträgt". Mit dem Mikrozensus ist also nicht besonders viel anzufangen.

Und die Finanzämter?

Bleiben noch die Finanzämter. Denn auch Spitzenverdiener müssen Steuern zahlen. Den aktuellsten Daten von 2005 ist zu entnehmen, dass es damals 39.833 Steuerpflichtige gab, die ein Jahreseinkommen von mehr als 500.000 Euro brutto zu versteuern hatten. Doch auch bei dieser Statistik bleiben immense Lücken. Gerade Unternehmer, Selbstständige und Freiberufler können sich leicht fürs Finanzamt arm rechnen. Legendär ist etwa die Tatsache, dass zwar 52 Prozent der Deutschen zur Miete wohnen, bei den Finanzämtern jedoch kaum Mieteinnahmen versteuert werden. Stets wissen es die Hausbesitzer so darzustellen, dass ihre Mehrfamilienhäuser eigentlich nur Kosten verursachen.

Zudem erhebt die Einkommensteuerstatistik - wie der Name schon sagt - nur das jährliche Einkommen. Über das Gesamtvermögen der Reichen haben die Finanzämter keine Übersicht. Früher gab es immerhin noch eine Vermögensteuer, die zumindest ein wenig verriet, wer wie viel besaß. Doch seit 1997 wird sie nicht mehr erhoben.

Als eine ziemlich verlässliche Quelle bleibt daher nur noch das Sozio-ökonomische Panel, kurz SOEP. Seit 1984 gibt es diese repräsentative Langzeiterhebung, die jährlich die gleichen rund 12.000 Haushalte befragt. Seit 2002 gehört auch eine "Hocheinkommensstichprobe" dazu, um endlich bessere Daten über die Reichen zu erhalten. Es existiert keine genauere Erhebung - trotzdem liefern auch die SOEP-Befragungen nur lückenhafte Erkenntnisse. Billionen verschwinden aus der Statistik: Während die Bundesbank für das Jahr 2007 ein Reinvermögen von 9,5 Billionen ermittelte, kam das SOEP nur auf 6,6 Billionen. Diese Differenz lässt sich zum Teil durch statistische Abweichungen erklären. So erhebt das SOEP nicht den Wert von Gebrauchsgegenständen wie Autos oder Teppichen. Trotzdem ist weit mehr als eine Billion Euro verschollen. Niemand weiß, wer sie besitzt.

In Deutschland gibt es einen Armuts- und Reichtumsbericht, der 226 eng beschriebene Seiten umfasst. Doch nur zehn Seiten davon widmen sich den Reichen, der Rest beschäftigt sich mit den Armen. Die Unterschichten sind statistisch bestens erfasst, während man über die Vermögenseliten kaum etwas weiß. Das ist politisch gewollt.

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Ulrike Herrmann
Wirtschaftsredakteurin
Der Kapitalismus fasziniert Ulrike schon seit der Schulzeit, als sie kurz vor dem Abitur in Gemeinschaftskunde mit dem Streit zwischen Angebots- und Nachfragetheorie konfrontiert wurde. Der weitere Weg wirkt nur von außen zufällig: Zunächst machte Ulrike eine Banklehre, absolvierte dann die Henri-Nannen-Schule für Journalismus, um anschließend an der FU Berlin Geschichte und Philosophie zu studieren. Sie war wissenschaftliche Mitarbeiterin der Körber-Stiftung in Hamburg und Pressesprecherin der Hamburger Gleichstellungssenatorin Krista Sager (Grüne). Seit 2000 ist sie bei der taz und schreibt nebenher Bücher. Ihr neuester Bestseller heißt: "Das Ende des Kapitalismus. Warum Wachstum und Klimaschutz nicht vereinbar sind - und wie wir in Zukunft leben werden". Von ihr stammen auch die Bestseller „Hurra, wir dürfen zahlen. Der Selbstbetrug der Mittelschicht“ (Piper 2012), „Der Sieg des Kapitals. Wie der Reichtum in die Welt kam: Die Geschichte von Wachstum, Geld und Krisen“ (Piper 2015), "Kein Kapitalismus ist auch keine Lösung. Die Krise der heutigen Ökonomie - oder was wir von Smith, Marx und Keynes lernen können" (Piper 2018) sowie "Deutschland, ein Wirtschaftsmärchen. Warum es kein Wunder ist, dass wir reich geworden sind" (Piper 2022).

47 Kommentare

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  • N
    netservice

    "Viel Klagen hört ich,

    über Hochmut den der Große übt.

    Der Großen Hochmut wird sich geben,

    wenn unsre Kriecherei sich gibt!"

    (Lessing)

     

    Leider entwickelte sich das Kriechertum zu einer edlen Tugend in diesem Land. Der Grund dafür ist, daß ein Heer von erfinderischen Ingenieuren einem Heer von habgierigen Dummköpfen eine Vollautomationsmaschinerie zum Geldverdienen hingestellt hat, die ununterbrochen produziert und den unproduktiven Geldgeiern, ohnen einen Handschlag zu tun, permanent einen sprudelnden Geldsegen beschert. Das ist das Dilemma.

     

    Hier gilt nur die Weisheit: "Wenn dein starker Arm es will, dann stehen alle Räder still!" Wenn die Geldmaschinenen der Autoindustrie, der Bahn, des Flugbetriebs, der Zigaretten-und Alkoholmafia, der Pharmakonzerne still stehen, dann ist der Verdienst für diese Parasiten innerhalb weniger Tage Null - und das Leben der einfachen Leute geht genauso weiter wie vorher, mit den gleichen Sorgen und der gleichen Armut. Aber wenigstens mit dem Wissen: wer uns nicht teilhaben läßt an unserer Arbeit Früchte, der soll auch unsere Armut teilen!

  • JP
    Joachim Petrick

    Eine Billion € datenloses Vermögen in Deutschland unauffindbar?,

    u. a. steuerlich im Gegensatz zum Geld-, Kapitalvermögen zu niedrig veranlagten Grund und Boden versickert?

     

    Reiche als Kostgänger/innen der vielen Armen!?

    Vermögen scheut datenarm wie ein Reh aus dem Dickicht tappend auf globalen Lichtungen von Steueroasen herum „Bumm“

    Die Reichen, Vermögenden sind dahingehend heute so sensibilisiert für das, was Armut bedeutet, die sie verbreiten, und gleichzeitig ohne Vorstellung davon, dass sie Armut zum letzten Wachstumsmarkt gemacht, weil sie nirgendwo auf Erden und in der Wirtschaft wirklich vergattert in der Verantwortung stehen. Als Entschädigung für ihr Leiden an der Armut im Leben der Anderen, die sie verbreiten, verlangen sie Armutsbeichtberichte, um sich wenigstens durch die vielen Armen materiell anhäufend entschädigen zu lassen, weil sie deren Anblick mannhaft weitrhin ertragen!?

    JP

  • CM
    Christian Maxen

    Innerem Kolonialismus gleich, und unter hauptsächlicher Bezugnahme auf ihre eigenen Interessen, fällt eine kulturell verschiedene, nicht anpassungswillige Minderheit, die zentralen Entscheidungen über unser aller Leben, auf Kosten unser aller öffentlichen Kassen.

     

    Der kleinen Frau, ihren Männern und deren Kindern bleibt für das alltägliche Handeln der BerlinPass, die Bildungschip-Karte und Lebensmittel-Gutscheine; diese werden aus eigener (unser aller öffentlichen) Kasse bezahlt, und darüberhinaus in Ehrenamt, EineuroJob, Sozial- und Zivildiensten selbst erarbeitet.

     

    Gewinne kommen den oberen Etagen der geförderten Träger zu Gute, den 'Leistungsträgern', den Kolonialdamen und Herren, die die Arbeit und das Geld verteilen und verwalten; wie die politisch Verantwortlichen.

     

    Diese Art des gezielt auf die Zivilbevölkerung gerichteten Extremismus(zwanghaft alternativlos) durch eine unbelehrbare Minderheit, erscheint mir als unerträgliche Last.

     

    Dabei ist es keine Freude, zu zu sehen, wie 'sie' sich selbst überflüssig machen und abschaffen, weil Sie die überlebenswichtigen und notwendigen gesellschaftlichen Systeme (Rente, Gesundheit, Pflege, Bildung, Wirtschaft, ..) zerstören. Und die Menschen darin und die ganze Erde gleich mit.

  • D
    Dani

    "Nur die einen bekommen es eben umsonst und ohne Gegenleistung und die anderen Arbeiten dafür"

     

    Unfug.

     

    HartzIV ist ja eigentlich nichts weiter, als eine "Schadensersatz-Entschädigung" für die Tolerierung eines Wirtschaftssystems welches zwangsweise "menschliche Überkapazitäten" produziert.

     

    Da die Erde aber eigentlich jedem Menschem gehört, könnten diese sonst nämlich ihren natürlichen Anspruch auch Beteiligung und Zugang zu Arbeit und Ertrag einfordern.

     

    Ich erinnere an die aktuelle Diskussion, dass Trinkwasser und die Zugangsfreiheit dazu als Menschenrecht aufzunehmen.

     

    HartzIV ist der (billige) Preis für den Wohlstand der Arbeitnehmer und die Reichstumsanhäufungen einiger weniger.

  • WR
    Wolfgang Ruf

    ILaut Stat. Bundesamt hatten 2004 (neuere Daten sind in der Fachreihe 23.8.1 noch nicht veröffentlicht) 9 510 Steuerpflichtige, also ca. 10 000, Einkünfte von mehr als 1 Mio Euro und hierfür wurden als Einkommens-steuer festgesetzt in der Summe 9 315 Mio Euro bei einem zu versteuernden Einkommen von 24 563 Mio Euro. Somit ergibt sich ein tatsächlicher gezahlter Steuersatz von ca. 38% bei einem Spitzensteuersatz ab

    250 000 Euro von 45%.

     

    Zum Vergleich: ein gutverdienender sozialversicherungspflichtig Beschäftigter mit einem zu versteuernden Einkommen von ca. 140 000 Euro zahlt ca. 32% Steuern .

     

    Aus den obigen Zahlen kann man errechnen, dass das Durchschnittseinkommen der oberen ca. 10 000 Steuerzahlern etwa 2.6 Mio pro Steuerzahler Betrug (24 563 Mio Euro / 9 315 Zahler )

     

    Folgen wir den Hinweis „von Volkswirt“ weiter oben zu dem „DACH – Report“ so können wir diesem entnehmen: In Deutschland, Schweiz und Österreich hatten wir 2008 etwa 909 000 EURO Millionäre mit einem Vermögen von 2380 Mrd EURO, also ca. 2.6 Mio EURO pro Millionär. Lt. DACH hat Deutschland

    etwa 719 200 Millionäre.

     

    Wie Frau Frau Herrman im Artikel schreibt, hätten wir lt. Bundesbank 2007 ein Reinvermögen in Deutschland 9.5 Bio Euro und lt SOEP eines von 6.6 Bio EURO (wenn auch etwas anders ermittelt). Der Mittelwert ergibt

    ca. 8 Bio Euro. Lt. SOEP besitzen die reichsten 10 % etwa 60 % des Vermögens, hier also 4.8 Billionen Euro.. Lt. Stat. Bundesamt hatten wir 2004 etwa 20. 5 Mio effektive Steuerzahler , davon wären 10% etwa

    2 Mio. Hier kämen wir etwa auf 2,34 Mio pro Steuerzahler.

     

    Mir ist bewusst, das dies nur grobe Schätzungen sind, nichtdestotrotz erkennen wir gewaltige Unterschiede, wenn wir versuchen, das zu versteuernde Einkonmmen zu ermitteln. Lt. DACH wird für die nächsten Jahre

    Ein Wachstum des Vermögens von 8.4% pro Jahr erwartet. Legen wir diese Zahl auch für die Vergangenheit zugrunde, so erhalten wir bei einem durchschnittlichen Vermögen von ca. 2.5 Mio Euro pro Jahr einen Zuwachs von ca. 210 000 Euro, die versteuert werden müssten. Tatsächlich weisst das Stat,. Bundesamt für

    zu versteuernde Einkommen ab 175 000 Euro etwa 245 000 Steuerzahler aus.

     

    Wie gesagt, das sind nur Schätzungen. Mitte Juni 2010 ging eine Pressemitteilung von Boston Consult durch die Medien, dass es in der Bundesrepublik Deutschland 430 000 Millionärshaushalte gibt , in der Zeit vom 17.06.2010 wird auf Seite 21 von 810 000 Millionären in Deutschland gesprochen, als investierbares Vermögen, jeweils in US – Dollar. In Euro ist die Zahl kleiner, so dass die 719 200 Millionäre aus dem

    DACH – Report stimmen könnten.

     

    Zwischen 245 000 Steuerzahlern ab einem zu versteuernden Einkommen ab 175 000 Euro ( hier sind ja auch die gutverdienenden enthalten) und ca. 719 000 Millionären ist halt eine grosse Lücke, die sicherlich nicht nur durch die Schätzungenauigkeiten erklärt werden kann. Am 2.8.2010. hat in der 3 SAT -Sendung „ Schön reich – Steuern zahlen die anderen“ ein Königssteiner Millionär offen bekannt, dass er von seinem Vermögen lebt, das er auf fünf Millionen Euro schätzt. Sein letzter Jahressteuerbescheid aber betrug nur 2.300 Euro. Soviel Steuern zahlt jeder schon im unteren Einkommensbereicht. Ein gut verdienender Angestellter mit ca. 140 000 Euro brutto Jahreseinkommen zahlt ca. 44 000 Euro Steuern im Jahr (ca. 32% Steuersatz), von den Abgaben mal abgesehen. Würde dieser so besteuert wie dieser Millionär, so könnte er im Laufe von 10 Jahren weit über 400 000 Euro sparen und z.B. Immobilienvermögen anschaffen oder am Finanzmarkt anlegen. Man kann erkennen, dass die nicht gezahlten Steuern erheblich zum Vermögensaufbau beitragen. Somit wird auch hier deutlich, dass der Staat die Mittelschicht zu Gunsten der Oberschicht „ausbeutet“. Man kann dies nicht anders benennen!! Die Personen mit einem zu versteuernden Einkommen von 1 Mio Euro

    aufwärts tragen ca. 5.6% der gesamten (!) Einkommenssteuer, während die Einkommen zwischen 50 000 Euro und 125 000 Euro ca. 40 % der Einkommenssteuerlast tragen.

     

    Nur machen die Einkommenssteuern nicht mal ein Drittel der Gesamtsteuern aus. Der Block der Um-satzsteuern (Mehrwertsteuer und Einfuhrumsatzsteuer ist mit ca. 174 580 Milliarden EURO fast genau so groß wie die Lohn- und Einkommensteuer mit 175 989 Mrd. EURO , zusätzlich kommen die ganzen Ver-brauchssteuern. Da retten die ca. 41 Mrd EURO Gewerbesteuer und ca. 4.8 Mrd Erbschaftssteuer auch nicht mehr die Tatsache, dass die Hauptlast der gesamten Steuern von den sozialversicherungspflichtigen Beschäftigten, als größter Anteil an der Gesamtbevölkerung, getragen wird. Ich würde diesen Anteil am Gesamtsteueraufkommen von ca. 540 Mrd Euro auf ca. 80 % bis 85% schätzen.

    Es geht nicht darum, die „Reichen“ madig zu machen, von denen viele mit hohem Einsatz und Risiko Ihr Vermögen erworben haben sondern es geht darum, wie ein Staat diejenigen Bürger zur Beute erhebt, die

    als „abhängig Beschäftigte“ kaum eine Möglichkeit haben, die Steuerzahlungen zu umgehen. Während die

    einen Vermögen schaffen und die Aufwendungen hierzu steuermindernd absetzen können, wird bei den abhängig Beschäftigten, die die Last des Sozialstaates tragen, darüber diskutiert, ob diese dann als Rentner

    Rentenminderungen hinnehmen sollen, wenn die Lohnsumme zurückgeht und FDP Brüderle die Rentenga-

    Rantie angreift., Dass die Beamten- und Politikerpensionen an das Steueraufkommen gekoppelt werden sollen habe ich noch nicht vernommen. Als FDP würde man den Rentnern sinkende Renten zumuten und

    gleichzeitig für HARTZ IV Empfänger einen Inflationssausgleich durchsetzen. Nicht dass ich letzteres bemängle, nur sollte das für die Rentner auch gelten, deren Rente in den letzten Jahren mit ca. 1% pro Jahr stiegen (Inflation ca. 2% pro Jahr). Die Beamtenpensionen stiegen mit etwa 2.5%. Hier hat auch noch keiner

    die Anpassung an die Inflation gefordert, genauso wenig wie bei den Renten.

    hren Kommentar hier eingeben

  • V
    Völkerwanderung

    Schwachsinn hoch drei von Th. Haupts. Sie scheinen wohl garnichts verstanden zu haben. Friedrich Engels war für seine Zeit auch Superreich und er hat trotzdem viel für die Allgemeinheit getan. Es gäbe noch viele andere Beispiele, vielleicht denken sie noch mal drüber nach!

  • CA
    Chief A.

    Wie Bertold Brecht so schön sagte ...

     

    " Gehören soll was da ist - denen die für es gut sind " ...

     

    Es gab nie so viele Millionäre ...

    Nie so viel Kinderarmut ...

    Nie so viele Tafeln ...

    Nie so viele Nichthingucker ...

    Nie so viele Egoisten ...

    Nie so viele korrupte Politiker ...

    Nie so viele Russenmafia-Freunde ( Schröder - Clement usw. )

    Was ist aus uns geworden ???

    Ohne Eier - ohne Seele - ohne Hirn ... uvm.

     

    Trauerfall Deutschland ...

  • LL
    Lerne Lachen ohne zu Weinen

    1. Tolle Analyse; praktisch kann man den "verteilten" Reichtum im Umland von Berlin/Potsdam "wachsen" sehen ... Villen ... immer größer und größer ... und auf den angrenzenden Gewässern ... Yachten ... größer und größer ... Wer dazu etwas bemerkt, wird als sozialer Neidhammel diffammiert ... tolle Methode, die Leute zum Schweigen zu bringen ! Hatz-4ler werden obendrein von diesen "Reichen" (meist Steuerhinterziehern) allenfalls belächelt ... eher aber als Sozialschmarotzer an den Pranger gestellt ... dreister, frecher und arroganter gehts schon nicht mehr !

     

    2. Synthese: WER kann/will Einkommens-Gerechtigkeit organisieren/managen ? GIER und EGOISMUS an die Leine legen ??? Die LINKE bzw.Gewerkschaften bestimmt nicht ... und die SPD schon gar nicht ... die machen nämlich fleißig mit (siehe das Tun und Lassen der ehemaligen SPD-Minister im Ruhezustand ... )

  • F
    Freigeist

    "Es lässt sich doch auch viel entspannter diskutieren, wenn man weiß was Bedürftige "zu viel" bekommen, umgekehrt jedoch niemand weiß was die Reichen zuwenig abgeben."

     

    Nur die einen bekommen es eben umsonst und ohne Gegenleistung und die anderen Arbeiten dafür - sorry, ich vergaß - die Anderen beuten dafür das Proletariat aus, was sich bspw. in der Verteilung der Steuern (10% bezahlen 50%) äußert. Ein eindeutiger Beweis für die Umverteilung von unten nach oben, oder doch nur eine Mär?

  • M
    michl4k

    Die Sozialromantiker und Vorprescher in den "Verteilungsdiskussionen" gieren also wieder mal nach Daten über die verhassten "Reichen", wo sie ansonsten der behördlichen Datensammelwut ja eher ablehnend gegenüberstehen. Nicht hier! Nein, einer, der schon wahnwitzige 42% Spitzensteuersatz abführt sollte noch auf jedes weitere Quäntchen Eigentum gescannt und dann vom gierigen Staat ausgepresst werden, damit die nichtproduktive Hälfte der arbeitsfähigen Bevölkerung auch weiterhin eine parasitäre Existenz mit vielen Annehmlichkeiten führen kann.

     

    Sehr interessant die Ansichten einiger Kommentarschreiber hier: "Sie machen diese Gesetze für sich selbst und Ihresgleichen. Doch nicht für's Volk." - Zum Volk gehören auch die Reichen und die Mittelschicht, das sind übrigens wichtige Financiers des Wohlfahrtsstaates.

     

    "Warum stellt sich niemand mal wieder ein Leben auf der Erde ohne Geld vor?" - Geld ist nunmal das perfekte Tauschmittel. Das hässliche am modernen Geld ist nur, dass es von Monopolisten (Staaten) aus dem Nichts geschaffen werden kann, was den schwerwiegendsten Übergriff auf jegliches Eigentum bedeutet.

     

    "[...]es geht nicht an, dass eine Geldelite hier eine Parallelgesellschaft eröffnet." - Unter "Geldelite" versammeln sich u.a. auch viele Unternehmer, welche z.B. Arbeitsplätze zur Verfügung stellen. Parallelgesellschaften sehe ich eher z.B. in hartzenden muslimischen Großfamilien verwirklicht.

     

    So jetzt aber rasch zurück zu ef-online!

  • S
    sieunt

    Wann war es jemals, seit dem Ende der Jäger-und-Sammler-Gemeinschaften, signifikant anders.

    Liegt vielleicht auch daran, das wir alle Menschen sind. Und Menschen eben wie Menschen handeln. Der einzelne kann wie auch immer von der

    Norm abweichen. Wie die auch aussehen mag. Im Gesamtbild, in der Masse, sieht es immer fast gleich aus.

    Dazu gehört scheinbar auch, dass das überproportional angehäufte Vermögen praktisch wie ein Naturrecht angesehen wird. Es gibt die, die es verdienen

    und die, die es nicht anders verdient haben; oder so ähnlich.

    "Früher" war Reichtum meistens gottgegeben in der Form, das die Standesunterschiede eben ein von Gott geschenktes Recht darstellten.

    Die Kirchen machten dabei auch keine Ausnahme.

    Heute heißt es vergleichbar heuchlerisch, das jeder seines eigenen Glückes Schmied wäre. Das mag im Kleinen stimmen, in der Gesamtbetrachtung halte ich das bestenfalls für absurd. Gerade wenn es um sehr große Reichtumsanhäufungen geht.

    Klar hilft auch eine besondere persönliche Begabung, die, im richtigen Moment und Umfeld eingesetzt, richtig Reich machen kann. Bill Gates,

    Google- und Facebookgründer als positiveres Beispiel. Oder den KiK-Gründer als eher Negatives (-:.

    Insgesamt aber war es vermutlich immer und überall so, dass es eine verhältnissmäsig sehr kleine Minderheit von Reichen bis sehr Reichen gibt und die Masse mit (sehr) wenig bis zu einem kleinen Vermögen Besitzenden.

    Und es war, es ist immer völlig "normal".

    Eben menschlich.

     

    Würden Sie einem Stier glauben,wenn er Ihnen erzählt, in Wirklichkeit sei er ein Wurm?

    Im ersten Moment würden Sie wahrscheinlich ungläubig staunen und dann herzlich lachen.

    So ähnlich geht es mir beim Thema Güterverteilung, wenn mir erzählt wird,

    daß alles so wie es war und ist, völlig "normal" währe und auch gar nicht anders sein könnte.

  • F
    Friedhelm

    Tja, Wissen ist eben Macht und Nichtwissen eben auch.

  • F
    finjo

    es ist hochinteressant zu beobachten, wie grundsätzliche überzeugungen zum datenschutz über bord geworfen werden, wenn es mal wieder die richtigen trifft (in diesem fall, die wohlhabenderen). und zu glauben, dass weniger vermögenden mehr und stets korrekte auskunft über ihre vermögenslage erteilen, grenzt an einer unglaublichen naivität. wieso der staat oder die öffentlichkeit ein berechtigtes (!) interesse an der vermögenssituation bestimmter bevölkerungsgruppen (ganz gleich ob "arm oder reich") haben soll, erschließt sich mir ebenfalls nicht.

  • R
    RedFlag

    Interessant ist, wie hier in den Kommentaren die "gierigen Reichen" zum Sündenbock der Gesellschaft werden. Anstatt sich mal über den Rahmen, also über das Wirtschafts - und Finanzsystem mit materiell-monetären Anreizen Gedanken zu machen, wird nur gegen Reiche gehetzt.

    Sie tun fast alle das, was unser System ihnen gewährt. Nun muss man sich natürlich die Frage stellen, wer oder was unser System aufrecht erhält. Hier gilt es also, das Problem an der Wurzel zu packen, im ursprünglichen Sinne "radikal" zu werden.

    Der ewige Tanz um den Gewinn und das Wachstum wären da mögliche Ansatzpunkte ...

  • S
    Schroedingers

    @Volkswirt:

     

    da kann ich nur lachen! Ja, auch ich kenne den Borchardt, auch ich habe VWL studiert - aber von "Wissenschaft" im strengen Sinne der Naturwissenschaften kann hier ja wohl keine Rede sein!

     

    Zudem waere es gar schoen, wenn nicht nur ausgemachte VWLer meinen, dies wissenschaftlich richtig einordnen zu koennen, sondern auch fuer ein Normalbuerger ein wenig Transparenz drin sein sollte.

     

    Best,

    Auch ein Volkswirt

  • G
    galatuga

    An BLEEDRANNER

    Na klar, die Reichen haben ihr Eigentum vor den anderen "geschützt"! Und geheim solls bleiben, damit der Drang nach Gerechtigkeit ja nicht aufkommt. Was ich nicht weiß, ...

    Da lobe ich mir doch das schwedische Modell der Veröffentlichung im Netz! Wäre auch für Deutschland zu empfehlen, aber die Hysterie wäre wie bei Google hoch zehn!

  • B
    Berlinerin

    @ Bleedranner

     

    "Das Thema ist ein wenig daneben, Eigentum ist besonders geschützt, und zwar das von Jeden. Egal ob reich oder arm."

     

    Da irren Sie sich gewaltig! Alle Erwerbslosen, 1-Euro-Jobber und Aufstocker müssen dauernd Kontoauszüge vorlegen. Gehen 100 Euro zuviel ein, müssen sie abgegeben werden. Das geht z. T. so weit, dass Kinder Geschenke von der Oma zurück geben müssen.

     

    Leben Sie im Ausland, dass sie den Wandel nicht mitbekommen haben? Wir haben gerade in Berlin sehr viele Arme, die in Mülleimern wühlen, etliche Suppenküchen für Hungernde und das in einem sehr reichen Land.

     

    Hier ein paar Infos zur Vermögensverteilung, fast alles konzentriert sich bei den oberen 10 %, für die Deutschland ein Steuerparadies ist und für deren Zinsen und Spekulationen die andern zahlen müssen: (mit etwas Galgenhumor)

     

    http://www.youtube.com/watch?v=sOgQbx9Ry9s

     

    http://www.youtube.com/watch?v=qz2Xt3NAPQU

  • HH
    H. Herrmann

    Ich weiss, so ganz passt das nicht hier her. Dennoch möchte ich auf eine nette kurze kleine Geschichte verweisen, die mir heute aufgefallen ist: http://auerochse.wordpress.com/2010/08/25/mensch-arbeit-–-lohn-–-rente-–-chancengleichheit/ ...und irgendwie habe ich dass Gefühl, passt es doch hier her!

  • V
    Volkswirt

    Liebe Frau Herrmann,

     

    VWL war wohl nicht Ihre Stärke? Aber als Wirtschaftsjournalistin sollten Sie sich eigentlich mit Lorenzkurven auskennen - und nicht Ihr Unwissen mit angeblich abenteuerlichen Schätzungen verbrämen.

     

    In Borchardts Kleinem VWL-Lexikon, in meiner Studentenzeit Pflichtlektüre, finden Sie im Kapitel zur Einkommensverteilung den Unterschied zwischen Pareto-Verteilung und Lorenzkurve verständlich beschrieben und in Beispiel-Diagrammen bildhaft dargestellt.

     

    Die Paretokurve setzt Prozentanteile aller Einkommensbezieher eines Landes ins Verhältnis zu absoluten Einkommensgrößen. 1950 bezogen z.B. fast 40% aller deutschen Werktätigen zwischen 1500 und 3000 DM Einkommen pro Jahr, weitere 35% erzielten zwischen 3000 und 5000 DM Jahreseinkommen.

     

    Dagegen setzt die Lorenzkurve den Anteil des Gesamteinkommens eines Landes ins Verhältnis zum Anteil der Einkommensbezieher desselben Landes. 1950 bezogen rund 60% aller Verdienenden rund 40% des bundesdeutschen Gesamteinkommens. Die Einzelziffern lassen sich aus Reihenermittlungen z.B. des Statistischen Bundesamtes ermitteln.

     

    Die Firma Capgemini hat nun beide Konzepte miteinander vermischt und neu aufbereitet. Dies zeigt Ihnen der von der Valluga AG herausgegebene DACH-Report zum Vermögen der deutschsprachigen Länder 2009 anschaulich:

    http://www.valluga.li/shared/uploads/press/dach_report_2009.pdf

     

    Ich denke, eine solche Sozialdatenerhebung genügt wissenschaftlichen Kriterien und ist nicht als abenteuerlich zu verwerfen.

  • KS
    Karola Schramm

    Die Überschrift ist nicht richtig.

    Sie müsste heissen:

    Deutsche Politik vehindert Reichtumsbericht.

    Denn das Land guckt nicht weg. Die Politik sorgt dafür, dass die Geldmenge der Reichen, dazu gehören sie inzwischen ja auch selbst sowie Ex-Politiker, weiterhin ein Geheimnis bleibt. Sie machen diese Gesetze für sich selbst und Ihresgleichen. Doch nicht für's Volk.

     

    Ausserdem werden wir alle gut beschäftigt mit den Armutsberichten. Ein Ablenkungsmanöver also.

     

    Aber ein guter Artikel.

    K.S.

  • RS
    Reinhold Schramm

    Auch im stets ideologisch geleugneten deutschen Klassenstaat, der Reichtumsgesellschaft der "Sozialen Marktwirtschaft" - des Kapitals, der Privateigentümer an Produktionsmitteln und Aktionären des Mehrwerts aus der abhängigen Lohnarbeit der Bevölkerungsmehrheit, - der Bourgeoisie, deren ökonomischen und gesellschaftspolitischen Administration - in allen bürgerlichen Parteien und Organisationen, - Stiftungen etc. pp., gibt es keine ernsthafte öffentliche gesellschaftspolitische Diskussion über die reale Klassengesellschaft, Eigentums-, Erbschafts- und Vermögensverteilung; - aus der objektiven Wert- und Mehrwertschöpfung der lohnabhängigen wissenschaftlich-technischen Kopfarbeit und Handarbeit der sozialökonomisch differenzierten Mehrheit der Bevölkerung [- eine unvollständige Zusammenfassung].

     

    Auch die erneute 'Rentendiskussion' und über die angebliche 'Überalterung der Gesellschaft' (Merke: Rassismus und Kapital - in der Germany AG), dient nur der Ablenkung von der Mehrwertverteilung und zur fortgesetzten Enteignung und geistigen Manipulation der Bevölkerungsmehrheit (auch) in der Deutschland AG.

     

    Empfehlung:

    Klassengesellschaft und Vermögensverteilung in Deutschland.

    http://www.debatte.info/fileadmin/download/rschramm_10052009.pdf

  • WS
    Will Stefan

    Hallo zusammen.

     

    Meines Erachtens gibt dieser Artikel sehr gut Aufschluss darüber, wie ungenau doch die meisten als genau empfundenen Statistiken, das argumentativste Instrument der Parteien überhaupt,eigentlich sind. Doch vermisse ich die Antwort auf die Frage, warum dies von der Politik gewollt ist, deren Antwort zu erfahren ja zum Lesen dieses Artikels verleitet. Ich kann mir dabei nur denken, dass damit ein potentielles Aufbegehren der Mittel- und Unterschicht gegenüber den Besserverdienenden, diese doch mehr zu schröpfen, verhindert werden soll. Somit also deren Interessen durch die aktuelle Regierung geschützt bleiben sollen, welche auf Seiten dieses Klientels steht. Was meint ihr?

     

    Mfg Stefan

  • E
    Eisvogel

    In Norwegen liegen die fiskalischen Einkommens- und Vermögensdaten jedes Bürgers völlig frei im Netz.

     

    Wer will, kann seinen Nachbarn dort nachschlagen und herausfinden welches Jahreseinkommen und Barvermögen er hat, oder er kann die gemeldeten Einwohner eines Ortes oder einer bestimmte Strasse nach Einkommen aufgelistet einsehen. Völlige Transparenz.

     

    Komischerweise gibt es dort weder mehr Eigentumsdelikte, Entführungen und auch keinen brandschatzenden Mob. Im Gegenteil, die meisten Menschen dort sind gut entlohnt und leben zufrieden einen hohen Lebensstandard. Deutschland ist nicht der Nabel der Welt, und die ganzen angeblichen Sachzwänge und "das-geht-doch-nicht"s haben meistens was mit Zementierung zu tun.

     

    Ich könnte jedenfalls gut damit leben wenn jeder wüsste was ich verdiene. Ich bescheisse niemanden, ich hinterziehe keine Steuern und lagere kein Schwarzgeld. Meine 47.920€ brutto/Jahr und mein Sparguthaben von rund 12.000€ darf jeder gerne auswendig lernen.

  • B
    Bananenrepubkikaner

    Da wird aber auch ein bißchen zu viel verlangt. Dann müssten Systemprofiteure ja zugeben dass sie Systemrofiteure sind.

  • T
    tartine

    "die unterschicht ist statistisch bestens erfaßt" kann man so nicht sagen, denn die armen geben genauso ungern auskunft über ihre einkommenslage wie die reichen. was bedeutet, daß die einkommen der befragten auch hier oftmals imputiert werden müssen (mitunter auf grundlage von statistischen verfahren, die diskussionswürdig sind). der im artikel erwähnte armuts- und reichtumsbericht bezieht sich im wesentlichen auf die daten von EU-SILC, eine erhebung, die bis zu 5% weniger armut ausweist, als das SOEP. also von wegen klare verhältnisse. stets bestens erfaßt ist meines erachtens nur die mittelschicht, die sowieso gern von sich erzählt ;)

  • S
    Studi

    Also ich sage auch niemanden etwas über meine Finanzsituation. Und das würde sich auch nicht ändern, wenn ich Reich wäre.

     

    Das die ärmere Bevölkerungsschicht hier wirklich ehrlich und Auskunftsfreudiger ist, glaube ich auch nicht.

    Kleinvieh macht auch Mist: Und es gibt vieles, was vor den Sozialkassen versteckt wird.

  • V
    vantast

    Das Schlimme ist, daß das Kurzhalten der Ärmeren und die Bevorzugung der Reichen schon so lange andauert und rücksichtslos weiter verfolgt wird. Aus Baden-Würtemberg hört man gerade, wie großzügig man dort die Reichen behandelt, schiebt vor, aus rechtlichen Bedenken die Steuer-CD nicht zu kaufen und aus gleichen Gründen die Finanzämter kurz zu halten. Man nennt das dann wohl "christliche Nächstenliebe" gegenüber unseren armen,scheuen Reichen. Da ein ausufernder Kapitalismus nach Marcuse alles käuflich macht, erleben wir zur Zeit den Kauf eines Staates, wir können unseren von der Klimaänderung geplagten Enkeln sagen, wir wären dabei gewesen.

  • M
    miri

    Ulrike Hermann lesen lohnt immer! Ich würds ja flattern, wenn ich dafür nicht so ein ekliges PayPal-Konto aufmachen müsste. Gibt es wirklich nix anderes...?

  • A
    A.Soukie

    Wann fangen die Menschen endlich an daran zu glauben, das es allen gut gehen könnte, wenn vernünftig geteilt und sich gegenseitig geholfen würde. Warum glauben nur so wenige, das es höchstwahrscheinlich für unsere Gattung nur in gemeinsamer Anstrengung und größter Solidarität eine Lebenschance auf hohem Niveau und ohne Kriege geben wird. Warum kann die Technisierung nicht allen eine Verbesserung der Lebensqualität bieten. Warum stellt sich niemand mal wieder ein Leben auf der Erde ohne Geld vor. Und warum sollte irgendetwas dadurch zusammenbrechen. Wir sind kreative Geschöpfe und möchten zumindest ein paar unserer Träume verwirklichen können, ohne das es gleich heißt, geh dort arbeiten weil ich es so über dich bestimme.

  • S
    Sigmund

    Unfassbar!

     

     

    Und Frau Herrmann: Danke!

  • K
    Kommentator

    Ein GANZ toller Kommentar, für den ich sehr dankbar bin.

     

    Das ist ja total abenteuerlich, dass diese Gruppe der Schwerreichen aus nahezu allen Statistiken rausfällt (als Ganzes, teilweise oder dank stupider Items).

     

    Bin mir auch sicher, dass sie ganz oft auch ihre Steuern aushandeln oder ihr Vermögen gleich wegschaffen und ihr Einkommen durch angebliche Belastungen maximal kleinrechnen.

     

    Aber das ist beides irgendwie Krimi.

     

    Danke für diesen erhellenden Kommentar, Frau Herrmann.

  • B
    Bleedranner

    Das Thema ist ein wenig daneben, Eigentum ist besonders geschützt, und zwar das von Jeden. Egal ob reich oder arm. Das heißt, es geht keinen was an, wieviel Geld der Bürger auf dem Konto hat. Welche Daten als Ausnahme von der Regel statistisch anonym erfasst werden, ist detailiert geregelt.

     

    Bei steuerfinanzierten Projekten (also öffentliche Ausgaben wie Theaterorchester) geht es sehr wohl alle an, wie die Mittel ausgegeben werden. Deswegen gibt es Statistiken darüber.

  • O
    Oceanborn

    Wenn Sie tatsächlich wissen wollen, was die "Capgemini Lorenz Kurvenmethode" ist, versuchen sie es doch mal mit Lorenzkurve z.B. bei Wikipedia. Das Methode ersatzlos zu streichen und darauf zu kommen, dass Capgemini die durchführende Beratungsfirma ist, erfordert doch nicht soviel Recherchearbeit. :)

  • L
    Lumpy

    Es lässt sich doch auch viel entspannter diskutieren, wenn man weiß was Bedürftige "zu viel" bekommen, umgekehrt jedoch niemand weiß was die Reichen zuwenig abgeben.

  • A
    Amos

    Dass die Reichen sich in einer Mogelpackung verstecken, war immer schon so. Nur, dass heute all die Mogelpackungen unter dem Pseudonym Demokratie geduldet werden, ist doch schon ein starkes Stück von Verwahrlosung. Das Fazit,was die "Volksvertretung" daraus zieht: "Wir können zwar nichts daran ändern, aber durch unsere Selbstbereicherung tut dieses Marionetten-Dasein weniger weh.

  • W
    wertabspaltungsmädchen

    sehr guter artikel - lob! bitte mehr von solchem journalismus.

  • M
    Mitdenker

    Die Antwort auf die Frage des Artikels ist viel einfacher. Das Problem ist, dass "Vermögen" anders als gerne geglaubt und politisch in Debatten über die "bösen Reichen" glaubhaft gemacht, nicht so einfach zu ermitteln sind. Beispiel: Ein Inhaber einer Firma, der auf 10 Mio. geschätzt wird (also besser dessen Anteil an der Firma = letztlich die Ertragskraft der Firma selber) kann nicht über die 10 Mio verfügen, bis er nicht einen Käufer gefunden hat der wirklich bereit ist den Preis zu zahlen. Vorher ist das Geld im Risiko gebunden, könnte vielleicht durch einen Kredit (=2. Mal Risiko des Inhabers) flüssig gemacht werden. Bei angenommenem Verkauf (unter der günstigsten Annahme, das der Preis ganz in bar floss, was nicht üblich ist zu Risikoverteilung zwischen Käufer u. Verkäufer) legt jetzt unser X das Geld an, alles im Dax natürlich, muss ja dem Spekulantenruf Ehre machen. Da war er je nach Zeitraum auch mal ca. 50%-60% ärmer. Wenn er dabei blieb inzwischen wieder etwas reicher. Und das alles in nur ca. 2,5 Jahren. Dieses Problem (auch mal als natürliches Auf und Ab des Lebens/Konjunkturzyklus bekannt) macht jede Schätzung mit der vermeindlichen Gültigkeit so schwer. Mehr Realismus täte gut.

  • K
    Klingelhella

    Also nach dem letzten Artikel mit der Kategorie "demographischer Wandel" geht dieser hier endlich in die richtige Richtung.

     

    Polemisch gesagt: es geht nicht an, dass eine Geldelite hier eine Parallelgesellschaft eröffnet und dann auch noch fröhlich Klassenkampf von oben betreibt.

     

    Sie haben völlig recht damit, gleiche "Transparenz" für Vermögende wie für nicht Vermögende zu fordern. Vielleicht wacht die taz ja doch endlich in der wirtschaftlichen Realität dieser Gesellschaft auf.

  • JS
    Jan Sebastian

    Natürlich ist das politisch gewollt. Man sollte eine Absetzgrenze für Selbstständige einführen. 50.000 im Jahr? 100.000?

     

    In Finnland ist das Einkommen aller öffentlich einsehbar. Die Vermögenswerte der Reichen werden nicht selten in Zeitungen in Form von Listen abgedruckt. Das ist dort alles kein Thema. Man weiß wie viel Steuern der Nachbarn zahlt und das ist in puncto gesellschaftlicher Kontrolle auch gut so.

     

    Dieses ganze Gequake in Deutschland von wegen "Schutz der Privatsphäre" ist Unfug. Geld ist eine Staatsangelegenheit, folglich muss der Staat, das Volk und seine Repräsentanten, wissen wo es ist.

  • HT
    Huber Tus

    Die Menschen in diesem Land, die etwas daran ändern können, bleiben bei den Wahlen zuhause, oder wählen CDU und SPD. Die Frage ist nun, wenn wir die Mißstände kennen, warum ändern wir nicht unser Wirtschaftssystem, warum bekämpfen wir nicht die Vormachtstellung des Geldes in unserem Leben. Sind wir so bequem und selbstzufrieden in unserem vorhersagbaren Leben geworden, dass wir Angst haben diesen Zustand zu ändern? Ja, das glaube ich.

  • BH
    Björn Hens

    Ist ja lustig. Genau darüber lese ich gerade in dem Buch "Arm und Reich" von Werner Rügemer. Aber mal ehrlich, wer häts gedacht. Das Volk muss ja unter Kontrolle bleiben! :( http://www.transcript-verlag.de/ts92/ts92.php

  • CK
    Christian Kaiser

    Ulrike Herrmann hat entdeckt das etwas nicht stimmt im teutschen Staat. Die Gier der Reichen und die zynische Umgangsweise des Staates sind beschämend. Die Kaste der Spitzenpolitiker ist in ständiger Gefahr sich korumpieren zu lassen. Nun fragt sich der Leser: Wohin driftet unsere Neofeudale Gesellschaft und wie stark ist ihr Kitt?

  • UF
    Ullrich F.J. Mies

    Was erwartet man eigentlich von dieser politischen Klasse?

    Sie hat sich schon lange als Gegner weiter Bevölkerungskreise etabliert und praktiziert eine brutale Form der Klassenpolitik. Dazu gehört auch das Nichterheben oder Unterschlagen von Informationen.

     

    Da nur informierte Menschen Demokratie praktizieren können, ist es das Ziel der politischen Klasse maximal viele Menschen geistig zu entmündigen, damit sie sich kein Bild mehr von der Realität machen können.

  • C
    Christian

    In den Artikel bzw. Kommentar fehlt mir jegliche Begründung, warum es POLITISCH gewollt sein soll, dass über reiche Menschen kaum statistiken existieren. Es werden zwar zahlreiche Beispiele angeführt, dass kaum Statistiken über Reiche bestehen, warum das ganze jetzt aber POLITISCH gewollt sein, lässt sich aus dem Text nicht erkennen.

  • M
    manuela

    interessante Definition von Reichtum: http://de.wikipedia.org/wiki/Reichtum

  • K
    Kai

    Ist doch gut so! Sonst wird doch auch immer gefordert das man Einkommensverhältnisse nicht veröffentlichen soll. Egal ob Hartzi oder Millionär, das Vermögen geht niemanden etwas an!

  • TH
    Thorsten Haupts

    Eigentlich zum Schieflachen. Die taz, sonst unter den entschiedenen Gegnern von Volkszählungen mit noch so harmlosen Daten, beklagt auf einmal die fehlenden Daten über Vermögende. Und verlangt zwischen den Zeilen, der Staat hätte die Pflicht, Vermögende gläsern zu machen. Soviel zum Thema "Grundsätze". Denn zu deren Wesen gehört, dass man auch unangenehme Folgen derselben des Grundsatzes wegen in kauf nimmt. Ach, ich vergass - es geht ja um die kleine Minderheit von Reichen. Wo man doch selbst so gerne reich wäre ...