Angesichts der massiven Völkerrechtsverbrechen durch die israelische Regierung und das israelische Militär kann ich diesen Artikel nur als einseitig bezeichnen. Sie erwecken mit diesem Artikel den Eindruck, als möchten Sie von diesen Verbrechen ablenken.
Hier einige Anmerkungen zu Ihrem Artikel:
1.) Sie schreiben:
"So riefen zu Protestveranstaltungen gegen den Krieg neben palästinensischen und islamistischen Organisationen auch Gruppierungen aus dem linksradikalen Spektrum auf, die bekanntlich dazu neigen, Israel auf ihrer speziellen "Achse des Bösen" als Statthalter der imperialistischen USA, als Speerspitze des internationalen Finanzkapitals oder als rassistischen Apartheidstaat ins Visier zu nehmen."
Selbst der ehemalige israelische Botschafter in Deutschland, Avi Primor, wirft der israelischen Regierung vor, die Palästinensergebiete mit Apartheitmethoden zu regieren.
Und die seit langen Jahren sehr unkritische Haltung der US-Regierung (auch und besonders unter Bush) gegenüber der israelischen Regierung darf durchaus kritisiert werden!
2.) Sie schreiben:
"Wer sich immer noch mit dem "palästinensischen Widerstand" gegen die israelische Besatzungsmacht identifizierte, musste freilich die jüngere Geschichte ignorieren: Dass die radikalislamische Hamas Raketen hinterherschoss, als Israel den Gazastreifen räumte."
Sie verschweigen in Ihrem Beitrag, daß Israel den Waffenstillstand gebrochen hat. So schreibt z.B. der Spiegelfechter:
"Die israelische Propagandamaschine und die westlichen Medien sind sich in der Kriegsschuldfrage weitestgehend einig. Die Hamas hat den Waffenstillstand gebrochen und Israel hatte keine Alternative, als die „terroristische Infrastruktur“ auszuschalten – dass es in einem dicht besiedelten Kriegsgebiet trotz „Präzisionsbomben“ zu Kollateralschäden kommt, sei unvermeidlich. Der Medienfokus richtete sich auf die 8.500 Raketen, die in den letzten acht Jahren vom Gaza-Streifen aus in das israelische Kernland abgefeuert wurden und dabei 20 Menschenleben auslöschten. Selbstverständlich wurde dabei verschwiegen, dass Israel im Gaza-Streifen seit dem Abzug der jüdischen Siedler 1.700 Palästinenser bei militärischen Angriffen getötet hat."
3.) Sie schreiben:
" Dass sie (die Hamas) dort eine Scharia-Gesellschaft aufzubauen begann und die säkulare Fatah mit Gewalt vertrieb."
Der frühere US-Präsident Jimmy Carter hat sich in den vergangenen Jahren intensiv für eine friedliche Zukunft zwischen Israel und den Palästinensern engagiert. Er schreibt in einem Beitrag aus dem Mai 2008 (Titel: Menschenrechtsverbrechen in Gaza) im Zmag:
"Die Welt wird Zeuge eines schrecklichen Menschenrechtsverbrechens in Gaza. 1,5 Millionen Menschen sind eingesperrt. Sie haben so gut wie keinen Zugang zur äußeren Welt - weder über das Meer, noch über den Luft- und Landweg. Eine ganze Bevölkerung wird brutal bestraft.
Nachdem die politischen Kandidaten der Hamas bei den PA-Parlamentswahlen 2006 die Mehrheit der Sitze errungen hatten, eskalierte Israel – mit Rückendeckung der USA – die krasse Misshandlung der Palästinenser in Gaza dramatisch. Sämtliche internationalen Beobachter hatten die Wahl einstimmig als fair und ehrlich
eingestuft.
Israel und die USA weigerten sich, das Recht der Palästinenser anzuerkennen, eine Einheitsregierung aus Hamas und Fatah zu bilden. Nach internen Auseinandersetzungen kontrolliert mittlerweile die Hamas allein Gaza. 41 der 43 siegreichen Hamas-Kandidaten, die in der Westbank lebten, sitzen mittlerweile in israelischer Haft -sowie 10 weitere, die eine Position in der kurzlebigen Koalitionskabinett beansprucht
hatten.
Unabhängig davon, welche Haltung man zu dem Parteienkampf zwischen Fatah und Hamas im besetzten Palästina einnimmt, wir dürfen nicht vergessen, dass Wirtschaftssanktionen und Restriktionen bei der Lieferung von Wasser, Nahrung, Elektrizität und Treibstoff eine extreme Härte für die unschuldigen Menschen in Gaza darstellen. Eine Million von ihnen sind Flüchtlinge.
Immer wieder schlagen israelische Bomben und Raketen auf dem abgekapselten Gebiet ein und fordern viele Opfer - unter Militanten wie unter unschuldigen Frauen und Kindern. Letzte Woche wurde eine Mutter mit ihren vier kleinen Kindern getötet - ein Vorfall, über den ausführlich berichtet wurde. Schon davor illustrierte ein Report der führenden israelischen Menschenrechtsorganisation B'Tselem dieses Muster: zwischen dem 27. Februar und dem 3. März wurden 106 Palästinenser getötet. 54 dieser Toten waren Zivilisten, die nicht an den Kämpfen beteiligt waren, 25 waren unter 18 Jahre alt."
4.) Sie schreiben:
"Dass sie sich als Teil einer islamistischen Internationale begreift, die einen doppelten Feldzug führt: gegen Israel (dessen Existenzrecht sie nicht nur in ihrer Charta - einem einzigartigen Dokument des Judenhasses - bestreitet) und zugleich gegen den ungläubigen, moralisch verderbten, mammonistischen Westen."
Die Politik "des Westens" macht es den Palästinensern (auch der Hamas) nicht gerade leicht, positiv wahrgenommen zu werden. Dies gilt im übrigen für den überwiegenden Teil der Bevölkerung in den arabischen Staaten.
Beispiele:
- Der Westen gestattet seit Jahrzehnten Israel die völkerrechtswidrige Besatzungspolitik in den Palästinensergebieten. Würde ein "offizieller Feind" des Westens eine Politik nach dem Strickmuster Israels betreiben, dann wäre dieser längst zum "Schurkenstaat" erklärt worden.
- Der völkerrechtswidrige Angriffskrieg westlicher Staaten gegen den Irak hat das Ansehen des Westens in dieser Region weiter ramponiert.
- Der Westen paktiert im Nahen Osten mit feudal-diktatorischen Regimen, denen in der eigenen Bevölkerung der Rückhalt fehlt. Auch dies macht das Gerede des Westens von "Demokratie" für die Menschen des Nahen Ostens sehr unglaubwürdig.
Und was die Anerkennung des Existenzrechts Israels durch die Hamas anbelangt, so heißt es in dem schon zitierten Artikel Jimmy Carters:
"Alle arabischen Nationen haben sich auf eine vollständige Anerkennung Israels geeinigt, sollte Israel die Schlüsselresolutionen der UNO erfüllen. Die Hamas ist bereit, jede verhandelte Friedensregelung zwischen der Palästinensischen Autonomiebehörde unter Präsident Mahmoud Abbas und dem israelischen Premierminister Ehud Olmert zu akzeptieren, vorausgesetzt das palästinensische Volk wird dieses Abkommen in einem Referendum anerkennen."
5.) Sie schreiben:
"Die antisemitische Radikalisierung erreichte ihren Höhepunkt, als Naomi Klein, Ikone der Antiglobalisierungsbewegung, im Guardian dazu aufrief, israelische Produkte, Firmen und Institutionen weltweit zu boykottieren, um endlich den von palästinensischen Gruppen erfundenen Israel-Boykott in der globalisierungskritischen Linken salonfähig zu machen. Umgehend übernahmen Professoren an britischen Universitäten den Aufruf und forderten einhellig Israels Niederlage ("Israel must lose!") - unter ihnen der unvermeidliche Slavoj Zizek und jener Ted Honderich, dem Micha Brumlik, weil er palästinensischen Terror gegen Israel moralphilosophisch zu begründen versucht hatte, einst "philosophischen Judenhass" attestierte."
Wie kommen Sie zu der skandalösen Behauptung, der Aufruf zum Boykott israelischer Produkte, Firmen und Institutionen als "antisemitische Radikalisierung" zu bezeichnen? Wenn zum Boykott oder zu Wirtschaftssanktionen gegen andere Staaten aufgerufen wird, dann ist das ja auch kein "Antisemitismus" oder dergleichen. Ich bezeichne das, was Sie uns hier unterjubeln wollen, als "positiven Antisemitismus". Viele israelische Bürgerinnen und Bürger, die der israelischen Politik und dem Vorgehen des israelischen Militärs kritisch gegenüberstehen, würden sich von ihrer Antisemitismus-Definition distanzieren!
Und Micha Brumlik zu erwähnen, macht die Sache auch nicht gerade besser, hat er sich in der Vergangenheit doch leider nur allzu häufig als unkritischer Lautsprecher der israelischen Regierung betätigt.
6.) Sie schreiben:
"Den ideologischen Boden für einen Israel-Boykott hatte Naomi Klein bereits mit ihrem letzten Buch gelegt (The Shock Doctrine: The Rise of Disaster Capitalism, 2007). Dort verbindet sie zwei abenteuerliche Behauptungen zu einem wahren Schauermärchen vom globalen Kapitalismus. Erstens: Dieser sei heute ein Katastrophenkapitalismus, der sich die Welt mittels Schocktherapien - seien es Kriege oder Umweltzerstörung, seien es neoliberale Sozial- und Wirtschaftsprogramme - gefügig mache. Zweitens: Nach 9/11 beziehe das internationale Kapital unter dem Vorwand des "Kriegs gegen den Terror" seine Profite vorwiegend aus der Vermarktung von Sicherheitstechnologie. Hauptprofiteur dieser Entwicklung sei der Staat Israel, der seinen einschlägigen Entwicklungsvorsprung in Sachen Sicherheit dank des Gazastreifens behalte, ein Freiluftgefängnis, das zugleich als "Labor für eine Festungswelt" diene, um an den Palästinensern als "Versuchskaninchen" die Mittel zur Einkerkerung, Überwachung und Ängstigung von Menschen zu testen ("Laboratory for a fortressed world", nachzulesen in The Nation)."
Bei Naomi Klein scheinen bei Ihnen die Sicherungen durchzubrennen. Sie beschreibt in dem von Ihnen zitierten Buch, wie die Schockstrategie des "Katastrophen-Kapitalismus" in zahlreichen Ländern praktiziert wurde und wird. Die israelische Politik in den Palästinensergebieten ist nur eines von sehr vielen Länderbeispielen. Für Verschwörungstheorien, mit denen Sie in Ihrem Artikel operieren, eignet sich dieses Buch in keinster Weise!
meistkommentiert
Anschlag in Magdeburg
Bis Freitag war er einer von uns
Elon Musk und die AfD
Die Welt zerstören und dann ab auf den Mars
Nordkoreas Soldaten in Russland
Kim Jong Un liefert Kanonenfutter
Bankkarten für Geflüchtete
Bezahlkarte – rassistisch oder smart?
Magdeburg nach dem Anschlag
Atempause und stilles Gedenken
Tarifeinigung bei Volkswagen
IG Metall erlebt ihr blaues „Weihnachtswunder“ bei VW