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Debatte EurokrisePlan B zur Bankenrettung

Kommentar von Gerd Grözinger

Die Bürger müssen nicht unbedingt mit weiteren Bürgschaften belastet werden. Stattdessen könnten Zwangsanleihen für Aktionäre und Manager eingeführt werden.

Die Banker sollen haften, das fordern auch die Demonstranten der Occupy Wall Street-Bewegung. Bild: dapd

N ein, die gegenwärtig diskutierten Pläne, wie mit der Schuldenkrise in der Eurozone umzugehen ist, sind nicht optimal. Besser wäre es, man würde den – endlich allgemein als unvermeidlich angesehenen – radikalen Schuldenschnitt Griechenlands über eine lange Zeit strecken.

Wenn man die hellenischen Staatspapiere in von den Eurostaaten garantierte Bonds mit niedrigem Zinssatz und einer hohen Wiederanlageverpflichtung umtauschen würde, käme man um formale Abschreibungen bei den Banken herum. Trotzdem würde wegen der langen Frist über viele Jahrzehnte der Beitrag des Privatsektors erheblich steigen. Griechenland bekäme eine realistische Perspektive der Krisenlösung, statt sich einem brutalen Panikregime unterwerfen zu müssen, wie man jetzt von ihm verlangt.

Besser wäre auch, man würde die an den Kapriolen des Finanzsystems unbeteiligte Mehrheit der BürgerInnen nicht weiter mit Bürgschaftsverpflichtungen belasten, um überhöhte Zinsen bei den anderen Wackelkandidaten zu garantieren. Stattdessen sollte man Zwangsanleihen für Vermögende und Einkommensstarke einführen. Das ist in Notzeiten schon häufig geschehen, und die seit 2008 bestehende Finanzkrise ist einer Naturkatastrophe ökonomisch gleichwertig.

Bild: IDW
GERD GRÖZINGER

ist Volkswirt und Soziologe. Er lehrt an der Universität Flensburg in den European Studies. Seine Überlegungen zur Schuldenkrise, Eurobonds und möglichen Alternativen finden sich auf der Homepage der Heinrich-Böll-Stiftung.

Die marktfreundliche Eurozone

Aber eine solche so vernünftige wie gerechte Lösungskombination ist in absehbarer Zeit kaum zu erwarten. Deutschland und auch der Rest der Eurozone sind politisch ähnlich marktfreundlich aufgestellt. Stattdessen will die Achse Merkel-Sarkozy wohl einen Schuldenschnitt in Griechenland mit einer Bankenrettung aus öffentlichen Mitteln verbinden, sei es auf nationalstaatlicher Ebene, sei es über den Rettungsschirm EFSF. Und wieder wird es heißen, eine solche Politik sei alternativlos. Und irgendwie eigentlich auch egal, weil am Ende der Steuerzahler so oder so hafte. Das aber darf man, das muss man bestreiten.

Wenn denn die Stärkung der Kapitalausstattung der Banken im Moment das vielleicht einzige kurzfristig zur Verfügung stehende Instrument in der Eurozone darstellt, ist ein Plan B gefordert, der aufzeigt, wie auch dieses zweitbeste Instrument sinnvoll gestaltet werden könnte. Dass der wackelnde Bankensektor nicht einfach fallen gelassen werden kann, ist dabei die erste Einsicht. Man mag es empörend finden, dass hier schon wieder die Politik tätig werden muss, aber eine Welle von Bankenzusammenbrüchen kann sich niemand wünschen.

Zweites Ziel einer Alternativlösung sollte aber sein, die durchschnittlichen SteuerzahlerInnen so wenig wie möglich zu belasten. Also auf die Märkte setzen? Das ist wenig erfolgversprechend. Denn InvestorInnen mögen nicht immer mit rationalen Einsichten glänzen, sie haben aber klare Interessen und werden deshalb zusätzliches Eigenkapital für die Banken kaum einfach in der notwendigen Höhe bereitstellen. Denn mehr Eigenkapital mindert die Höhe der Gewinnaussichten, dazu kommt weiter die häufig unklare Risikoposition.

Aktien statt Einkommen

Wer bleibt übrig, wenn man auch den Staat und überstaatliche Einrichtungen ausschließt? Die Aktionäre und Manager des Finanzsektors selbst. Sie haben in der Vergangenheit profitiert, sie müssen in der Zukunft tätige Wiedergutmachung leisten. Deshalb sollten erstens, bis zu einer bestimmten zu erfüllen Eigenkapitalquote, alle Dividenden nur in Form von Zusatzaktien an die AktionärInnen ausgegeben und die Gewinne in Eigenkapital überführt werden.

Zweitens sollten alle Beschäftigten und Pensionäre der Banken ab einem bestimmten Schwellenwert (z. B. 50.000 Euro jährlich) alle weiteren vereinbarten Einkommen, ob nun Gehalt oder Boni oder üppige Abfindung, ebenfalls nur in Form von Aktien erhalten. Auch hier würde der Geldwert dieses Entlohnungsanteils dem Eigenkapital zugeführt.

Ein zweites Problem ist die ungleiche Verteilung der Risiken bei den Banken. Hier wäre ein wenig "kapitalistischer Kommunismus" (Karl Marx) angebracht. Hat eine Bank ihr Eigenkapitalziel erfüllt, aber der Bankensektor insgesamt noch nicht, könnten die oben genannten Vorschriften zwar abgemildert werden - so viel Belohnung vorsichtigeren Investierens darf schon sein -, aber sie dürften nicht vollständig wegfallen.

So könnte man etwa festlegen, dass für jeden dann wieder erlaubten ausgezahlten Dividenden-Euro ein zweiter in Neuemissionen von Geschäftsanteilen anderer, noch unterkapitalisierter Finanzinstitute im Land anzulegen wäre; und dass auch die Hälfte des Einkommens der Bankmanager über 50.000 Euro nur in dieser Form ausgezahlt werden dürfte. Zu den solcherart kollektiv gestützten Kreditinstituten sollten natürlich dann auch die diversen Bad Banks gezählt werden, sodass die SteuerzahlerInnen real von Verpflichtungen entlastet würden.

Finanzsektor ver-haften

Und wenn Kreditinstitute damit drohen, das Land zu verlassen? Das muss man nicht allzu ernst nehmen. Ihre Finanziers wie ihre Kunden sitzen mehrheitlich hier, und selbstverständlich könnte man ein entsprechendes Gesetz auch so formulieren, dass eine Sitzverlagerung erst nach der vollständigen Erfüllung der Eigenkapitalquote des Bankensektors möglich ist. So lange bliebe man als Bank haftbar. Haftbar sollten auch die Manager bleiben.

Natürlich wäre für manche Banker die Verlockung groß, sich einen neuen Job etwa in London oder Zürich zu suchen, wo sie ihr Gehalt und Boni zur freien Verfügung bekommen. Aber erstens ist das kaum Zehntausenden möglich, und zweitens könnte man auch da vorsorgen; etwa durch eine gesetzliche Regelung, die für die zum Stichtag 1. 1. 2012 an Deutschlands Banken Beschäftigten eine Verpflichtung auf Zeit einführt, ihr Gehalt von jedwedem Arbeitgeber in jedwedem Land zu bestimmten Anteilen in Geschäftsanteilen von Banken anzulegen.

Gerade weil noch vergleichsweise wenig betroffen, könnte Deutschland hier mit gutem Beispiel vorangehen. Und den Regierungen Sarkozys und Berlusconis, die zu gern ihre maroderen Banken über den EFSF, sprich zu Lasten der BürgerInnen Europas sanieren möchten, damit eindeutig signalisieren, dass erst einmal eine Ver-Haftung des Finanzsektors auf der Agenda stehen muss.

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10 Kommentare

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  • W
    W.Wacker

    Da könnte man aber gleich noch ergänzen:

     

    Diäten und Ruhestandsbezüge der Politiker über 50.000 Euro werden in PIGS-Anleihen ausgezahlt.

     

    Da fällt mir auch gleich Peer Steinbrück ein, der in seiner NRW-Zeit einige 100 Millionen Ruhestandsrücklagen in Zocker-Bonds aka Griechenland-Anleihen "investiert" hat.

  • I
    Ingo

    @Merry: Da hast du nicht weit genug gedacht. Bricht das Bankensystem zusammen, geht's auch der Wirtschaft an den Kragen. Unternehmen bekommen keine Kredite mehr und gehen pleite. Das wiederum trifft Arbeitnehmer, da sie ihren Job verlieren.

     

    Die Spekulanten und Zocker hingegen verdienen sich vermutlich dabei noch eine goldene Nase, da man auch wunderbar bei fallenden Kursen Gewinne machen.

  • A
    aurorua

    Angeblich demokratische Staaten die Spekulationen auf Grundnahrungsmittel nicht strengstens verbieten und unter hohe Strafen stellen sind unglaubwürdig. Die Verantwortlichen aller Geldinstitute die mit solchen Papieren schachern, sowie die Schacherer selbst sind Mörder.

    Gier ist Ausdruck von SUCHT, Sucht ist eine Krankheit auch Geldsucht! Krankheiten in diesem Fall psychische können wenn sie zum Schaden des Erkrankten bzw. zum Schaden der Allgemeinheit führen durch Zwangseinweisung entsprechend therapiert werden.

    Um weiteren Schaden von der Allgemeinheit abzuwenden, Spekulanten und Zocker in die Psychiatrie!

  • M
    @Merry

    Komm zurück in die Realität Merry! Die "gierigen Spekulanten und Zocker" haben ihre Kohle sicher nicht auf dem Sparbuch oder Girokonto investiert und auch wenn Politiker es dir vielleicht einreden, kein Staat kann bei einer Welle von Bankenzusammenbrüchen alle Spareinlagen retten. Die "gierigen Spekulanten und Zocker" sind auch nicht auf Jobs oder staatliche Stütze angewiesen. Beides wird es wohl in deinem Wunschszenario für ne ganze Weile nicht geben. Also viel Spaß bei deinem Bankencrash.

  • H
    Hugo

    Schulden über lange Zeit zu strecken ist eine Lösung, die langfristiges Siechtum erwarten läßt. Nicht umsonst hat man 1990 uns Ostbürgern das Ende mit Schrecken so wortreich schmackhaft gemacht. Inzwischen kann man wohl guten Gewissens sagen, dass es die richtige Strategie war. Dennoch bedeutet das nicht, solche Entscheidungen ließen sich beliebig auf andere Staaten übertragen. In Italien, Island oder Griechenland muß vor allem geschehen, was die Menschen dort wollen, das ist wichtig. ein Schuldenschnitt hat einen gewissen Ruch von Gerechtigkeit an sich, das ist nicht von der Hand zu weisen. Dafür haben die Demonstranten offenbar, selbst wenn sie ansonsten nichts davon verstehen, eine gute Intuition. Aber die stetige schleichende Verwässerung von Aktien durch die obigen Vorschläge würden sich sehr negativ auf Bonität und Markttransparenz auswirken. Auch eine niedrig (Nullcoupon ist angedacht!) verzinste Anleihe, von der man schon von vorneherein weiß, daß sie nie vollständig zurückgezahlt wird, muß einer seltsamen Fantasie entsprungen sein. Deswegen habe ich auch diesen Hebeltrick, der überall so gründlich erklärt wird, nicht vollständig verstanden. Hoffentlich verstehen ihn die, welche jetzt darüber abstimmen werden. Ich bin jedenfalls der Meinung, dass jezt Zeiten mit höherer Inflation bevorstehen. Und das bedeutet, jeder Investor kann Papiere erwerben zu 10%, mit einer großen Gewißheit, diese bei Fälligkeit vollständig zurück zu bekommen (vergleichbar den Einheitsanleihen). Und jedes andere Angebot auf dem Markt wird mit diesem Sachverhalt verglichen werden. Ganz besonders künftige Angebote der EZB.

  • B
    Bankster

    Nicht wirklich gut durchdachte Idee.

    1. Einige der größten Looser unter Deutschlands Banken sind nicht einmal Aktiengesellschaften.

    2. Es würden schon wieder nur die Banker von einer möglichen Erhohlung profitieren (nur diesmal mit einer größeren EK-Quote). Im Gegensatz dazu hat der US-Steuerzahler 35 Mrd. USD Gewinn mit der Bankenrettung gemacht, weil Banken dort zwangsweise staatliches EK bekamen.

    3. Es würde sicher nicht wenige Verfassungsklagen wegen Ungleichbehandlung geben. Man müsste nämlich konsequenterweise alle Arbeitnehmer in staatlich subventionierten Branchen an ihrem Unternehmen zwangsbeteiligen. Als Arbeeitnehmer einer Solarfirma wöllte ich zur Zeit keine Aktie meines Arbeeitgebers haben.

    4. Bankmitarbeiter mit 50.000 Jahresgehalt sitzen sicher nicht in entscheidungsrelevanten Schlüsselpositionen. Die werden gelich doppelt bestraft: Schlechte berufliche Zukunftsaussichten wegen Fehler ihres Arbeitgebers und dann auch noch Zwangsbeteiligung an diesem Arbeitgeber mit fragwürdiger Qualität. Für Manager dagegen ist die Idee nichts neues. Aktien mit Haltefrist als Teil der Entlohnung sind nicht unüblich.

    5. Es wird nur eine Folge des Problems aber nicht die Wurzel des Problems selbst behandelt. Gefahren für die Banken wegen der schlechten Kreditqualität einiger Staaten werden gemindert. Die Kreditqualität von Griechenland & Co mit ihren ausufernden Staatshaushalten und ineffizienter Administration wird bei diesem Lösungsansatz komplett ignoriert.

  • BF
    Bruno Fabro

    Und wenn dann alle das Land verlassen wollen? Kein Problem, dann bauen wir einfach eine Mauer drum herum. Und wenn dann alle drüber klettern wollen? Kein Problem, dann sichern wir die Mauer mit Stacheldraht, Selbstschussanlagen, Wachmannschaften und vermienen einen Streifen von 200 Metern vor der Mauer. Und wenn sich dann alle dem Staat verweigern wollen? Kein Problem, dann erziehen wir sie halt um.

     

    Und ist der IQ noch so hoch, wer die soziale Marktwirtschaft 20. Jahrhundert nicht verstanden hat, der wird wohl kaum die soziale Marktwirtschaft im 21. Jahrhundert gestalten können.

     

    PS: Allen Ernstes will der EU-Binnenmarktkommissar Michel Barnier die Veröffentlichung des Ratings von Staaten verbieten lassen.

     

    PPS: Ihr werdet diesen Kommentar nicht veröffentlichen. Aber ich schwöre: Mindestens einer von euch muss ihn lesen. Ich hoffe eure Leute sind so gut getrimmt wie die Nachrichtenfilter der DDR.

  • S
    Siegfried

    Dieser Plan B zur Bankenrettung hört sich logisch an. Ja warum wird das denn nicht so gemacht? Das schreit doch nach einer Anfrage bei Abgeordneten-Watch.

  • CP
    Che - Pirate of The Capital

    Zwangsanleihe ? Höhöhö. Das gab es doch auch schon im ersten Weltkrieg ? Diejenigen die über Jahrzehnte Vermögen aufgebaut haben und ihre Nachsteuereinkommen brav investiert haben, werden von den Kredit-Junkies in Haftung genommen. Der Klassenfeind steht jetzt links.

  • M
    Merry

    Also ich wünsche mir eine Welle von Bankenzusammenbrüchen!! Besser heute als morgen!

    Das einzige was gerettet werden muss sind die Spareinlagen der normalen Bürger bis zu einer gewissen höhe. Die gierigen Spekulanten und Zocker können dann in die Röhre schauen!