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Debatte BehindertengerechtigkeitGeldgierige Wohlfahrt

Kommentar von Rainer Kreuzer

Deutschland gibt viel Geld aus für Anderstalentierte. Allerdings nicht um sie zu integrieren, sondern um sie lebenslang auszuschließen.

Exklusion statt Inklusion - so die Kritik von Rainer Kreuzer an der Behindertenpolitik in Deutschland. Bild: dpa

D ie Inklusion geht um in diesem Land. Inklusion, das Fremdwort der UNO: Es soll Menschen, die dauerhaft an körperlichen, geistigen oder psychischen Handicaps leiden, ein selbstverständliches Miteinander mit anderen Menschen garantieren: gleiche Chancen, gleiche Rechte, gleiche Teilhabe.

Eine plurale Gesellschaft der menschlichen Vielfalt. Sozialministerin Ursula von der Leyen hat dafür einen nationalen Aktionsplan ins Leben gerufen, um diesem Ziel vordergründig ein Stück näher zu kommen. Tatsächlich aber geht der Trend in Deutschland hin zu immer mehr Exklusion.

Eigentlich sollte man meinen, dass gemeinnützige Einrichtungen und Träger im Dienste des Gemeinwohls arbeiten. Doch weit gefehlt! In den vergangenen 20 Jahren haben sich die Anbieter pädagogischer Hilfen auf staatliche Vorgaben hin in kapitalistische Musterbetriebe umgewandelt. Auch wenn die "gemeinnützigen GmbHs" formal keine Gewinne ausweisen dürfen, unterscheiden sie sich kaum von den echten Shareholder-Value-Größen an der Börse.

Bild: privat

RAINER KREUZER lebt als freier Journalist in Hamburg und ist dort auch als Sozialpädagoge tätig. Seine Themenschwerpunkte sind Sozialpolitik und Wirtschaft.

Nichts ist wichtiger, als Umsätze zu steigern, Kapazitäten auszulasten, neue Märkte zu erschließen, Konkurrenten zu verdrängen und immer mehr Behinderte, die im neoliberalen Neusprech als "Kunden" oder "Nutzer" bezeichnet werden, für den geschlossenen Verwertungskreislauf von der Frühförderung bis zur Werkstatt, vom Behindertenheim bis hin zu den ambulanten Diensten und der anschließenden Pflege zu akquirieren.

Behindertenindustrie

Die gesamte Branche lebt von der Exklusion. Sie ist für Länder und Kommunen ein teurer Luxus - aber politisch so gewollt, ebenso wie der in den 1990er Jahren künstlich geschaffene Wettbewerb der Träger untereinander. Seitdem explodieren die Kosten. Die Ausgaben für die sogenannte Eingliederungshilfe sind von 1998 bis 2009 um rund 60 Prozent auf über 13 Milliarden Euro gestiegen. Je mehr ideologisch über Inklusion geredet wird, desto mehr Menschen werden faktisch ausgegrenzt.

Das rasante Wachstum der Werkstätten für behinderte Menschen (WfbM) hat bislang jede Prognose übertroffen. In den vergangenen zehn Jahren ist die Zahl der Plätze dort um mehr als die Hälfte auf knapp 300.000 in die Höhe geschossen. Die Träger expandieren, der Staat zahlt, und für arme Seelen, die in der exklusiven "Wissensgesellschaft" keinen Job finden, ist ein sicherer WfbM-Platz eine zunehmend interessante Alternative zu einem Leben mit Hartz IV.

So wird Ausgrenzung zementiert. Wer in einer WfbM zu arbeiten beginnt, bleibt dort bis zur Rente. Noch nicht einmal 1 Prozent ihrer Klienten können die Werkstätten auf den ersten Arbeitsmarkt vermitteln, obwohl dies ihr Auftrag ist. Der gesetzliche Begriff der Eingliederungshilfe wirkt wie ein Hohn. Es ist vielmehr die Ausgliederungshilfe, für die der Staat sein Geld ausgibt.

Lukrative Unselbständigkeit

Im Wohnbereich sieht es kaum anders aus. Die Zahl der Heimplätze ist steil gestiegen und stagniert nun bei rund 200.000. Fast 90 Prozent der Gelder fließen in stationäre Einrichtungen, während die ambulante Alltagsbegleitung zur billigen Discounthilfe abqualifiziert wird.

Allzu viel pädagogischer Einsatz könnte zu mehr Eigenständigkeit führen. Damit die Heimbewohner aber im Heim wohnen bleiben, wird auf pädagogisches Fachpersonal immer mehr verzichtet. Ein staatlich gefördertes Heer von Freiwilligen übernimmt im großen Maße die Arbeit mit den Menschen. Immer mehr Nichtfachkräfte und Praktikanten drücken die Löhne der Fachkräfte.

Pädagogische Förderung bleibt da auf der Strecke - Inklusion: eine Illusion! Das frustriert die anfangs hochmotivierten Heilerzieher. Ständig wechselnde Belegschaften, unbezahlte Helfer, die permanent eingearbeitet werden müssen, und eine zunehmende Flut unnützer Formulare, die aus bürokratischen Gründen ausgefüllt werden müssen, fördern Resignation und den Rückzug auf Routinearbeiten.

Doch die Nachfrage steigt immer weiter. Vor allem die Gruppe jener Menschen, die als geistig, lern- oder psychisch behindert eingestuft werden, wächst besonders schnell. Je höher die Gesellschaft ihre Anforderungen ans rein abstrakte Denken schraubt, mehr Stress und Leistungsdruck inszeniert, umso mehr Kinder und Erwachsene fallen raus. Wer zappelt, hat ADHS, wer sich nicht anpasst, eine "Störung des Sozialverhaltens". Für jede Abweichung von der Norm findet sich inzwischen eine Schublade im Diagnoseschlüssel der ICD-10. Daran verdienen Ärzte und Pharmaindustrie. Ist der junge "Patient" erst einmal ins Hilfesystem eingeloggt, führt sein Weg nach der Sonderschule immer häufiger direkt in die Werkstatt.

Geld kommt nicht an der richtigen Stelle an

Die desaströse Bilanz der deutschen Behindertenhilfe lässt sich mit mangelnden Finanzen nicht erklären. Das Geld fließt in Strömen. Es wird allerdings zweckentfremdet eingesetzt. Finanziert wird die Behinderung, nicht deren Überwindung. Je mehr Hilfebedürftige, je höher deren Bedarf, desto mehr Geld erhalten die Dienstleister.

Inklusion wäre das genaue Gegenteil: die soziale Aufhebung von Behinderung. Hierfür müssen die Träger aber erst noch staatlicherseits zum Umsteuern gezwungen werden. Die ambulanten Hilfen im privaten Wohnbereich müssen weitaus besser als die stationären vergütet werden. Der dauerhafte Verbleib im Heim und in der WfbM darf sich nicht länger lohnen. Abnehmende Vergütungssätze, hohe Erfolgsprämien für die Vermittlung auf den ersten Arbeitsmarkt sowie in eine eigene Wohnung könnten motivieren. Arbeitgeber müssen gesetzlich ausnahmslos gezwungen werden, Menschen mit Behinderung zu beschäftigen.

Das Schlupfloch über die symbolisch geringen Ausgleichszahlungen, mit denen sich die Unternehmen von ihrer Beschäftigungspflicht noch immer freikaufen können, muss gestopft werden. 300.000 Behinderte aus den Werkstätten kann die deutsche Wirtschaft mühelos integrieren durch individuell passende Teilzeitjobs und mit Sozialpädagogen, die sie begleiten. So viel Aktionsplan und Inklusion muss sein! Das teure System der Ausgrenzung würde dann einstürzen. Ende der VerAnstaltung!

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66 Kommentare

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  • An dieser Stelle möchte ich Sie darauf hinweisen, dass Sie bedenken sollten, dass in Deutschland der Caritasverband mit der Lebenshilfe koexistiert.

     

    Viele negative Kommentare gegenüber WfbM´s und Wohlfahrtsverbänden ergeben sich geradezu aus dem wachsenden Misstrauen gegenüber der Propaganda die der Caritasverband fleißig verbreitet.

     

    Hinzu kommt da noch die Statistische Belegung seitens der FAZ dass Caritas und Co für ihre "sozialen" Handlungen sogar übermäßig Steuern verschwenden. http://www.faz.net/aktuell/wirtschaft/caritas-co-die-heimlichen-geschaefte-der-wohltaeter-1382329.html

     

    Man muss an dem Punkt sehen dass Berufsbildungswerke die inkludierende Maßnahmen anbieten hierdurch benachteiligt werden da man es schwerer hat so von der Agentur für Arbeit eine unterstützte Ausbildung für den 1. Arbeitsmarkt finanziert zu bekommen das ist finde ich als selber Betroffener wirklich scheiße asozial

  • An alle, die fragen, wie man die 300.000 Behhinderten aus den WfBMs herausbekommt:

    Schauen Sie nach, wie es in Schweden gemacht qwwird - dort gibt es keine WfBMs.

  • "und mit Sozialpädagogen, die sie begleiten."

    Diese Mischpoke ist ist auch nicht besser, wie das restliche institutionelle System. Die Betroffenen werden instrumentalisiert, in dem immer wieder an den Auswirkungen rumgebastelt wird, anstatt erst mal die Ursachen sowie Hindernisse zu beseitigen.

    Zu den WfBm´s heißt es immer wieder Arbeit Arbeit Arbeit, nichts ist so "strukturförderd" wie Arbeit, jedoch profitieren die Betroffenen nicht davon; es wird sogar gesagt: Dank unserer günstigen Zuarbeit werden Betriebe in unserer Region gehalten, welche ohne uns in ein Land mit geringeren Lohnkosten ausgewandert werden. Hier wird ohne Not zugegeben, dass Tarife unterwandert werden.

    Die Profies stellen sich auch ständig die Frage: Wie rechtfertige ich mein Gehalt.

    Das Persönliche Budget hingegen wird totgeschwiegen. Wer als Nichtfachmann auf einer der ersten Budgetkonferenzen war, hat genau gemerkt wie die akademischen Profies Angst um ihre Einkommensplätze haben.

    Ich selbst wurde durch dieses System geschädigt; ich hatte einen GdB von 30 und arbeitete als technischer Angestellter in Vollzeit, war für EDV und andere Technik zuständig. Nachdem ich mich auf dieses "Hilfesystem" eingelassen habe, wurde ich durch dessen unerträgliche "Förderung" zu einem "Frührentner" mit einem GdB vom 80 und stehe vor dem familiären, finanziellen, sozialteilabenden, somit kompletten Ruin und mein ehemaliger Betreuer hat ein großes Landwirtschaftlisches Anwesen gekauft und im Stall stehen keine Nutztiere, sondern teure Pferdchen für seine Töchterchen. Er und sein Lebensweg ist somit erfolgreich, und der Erfolg ist es, welcher jedem Teilhabe und Inclusion ermöglicht. Denn in dem Wort Teilhabe steckt Haben drinne - und nicht Sein.

  • B
    Birgit

    Lieber Herr Kreuzer,

    nur eine kleine Frage: Wie viele Menschen mit schwermehrfachen Behinderungen bzw. psychischen Erkrankungen sind bei der TAZ fest angestellt (absolut und in Prozent)?

    Viele Grüße

    Birgit

  • T
    TiFock

    19.06.2012 - 09:20 Uhr, Wüest & Partner

    Berlin (ots) - In Deutschland werden bis 2020 zusätzlich über 210.000 stationäre Pflegeheimplätze und bis 2030 mehr als 320.000 neue Pflegeheimplätze benötigt. Der regionale Bedarf an zusätzlichen Pflegeheimplätzen fällt in den Städten und Kreisen Deutschlands sehr unterschiedlich aus. Während beispielsweise Berlin bis 2020 seine Pflegeplatzzahl um über 31% (bis 2030 sogar um 47%) steigern muss, beträgt der Zusatzbedarf in Hamburg bis 2020 nur 16% (bzw. bis 2030 knapp 26%). Dies sind Ergebnisse einer aktuellen Pflegeheim-Marktstudie der Wüest & Partner AG und Ottenströer Immobilienwirtschaft I Regionalökonomie.

    Stark steigender Bedarf nach Pflegeleistungen

    Im Jahr 2009/10 waren laut des Statistischen Bundesamtes 2,34 Mio. Menschen in Deutschland lebenden Menschen pflegebedürftig. Das entspricht einem Anteil von 2.9% der gesamten Bevölkerung. Allein zwischen 2003 und 2009 ist die Zahl der Pflegebedürftigen um 12,6% gestiegen.

    Dieser Anstieg wird in den kommenden Jahren anhalten. Trotz des zukünftigen Schrumpfens der Gesamtbevölkerung in Deutschland wird die Zahl älterer Menschen aufgrund der demografischen Alterung deutlich zunehmen. So wird entsprechend den Vorausberechnungen des Statistischen Bundesamtes bis 2030 mit einer Steigerung der über 60-Jährigen von 21,2 Mio. auf 28,5 Mio. Menschen (+34,5%) gerechnet. Noch deutlich stärker fällt die prozentuale Steigerung der Hochbetagten über 80 Jahre - eine Altersgruppe mit hohem Risiko der Pflegebedürftigkeit - aus.

    Von den Pflegebedürftigen werden gegenwärtig 69% zu Hause und 31% in 11.600 Pflegeheimen mit über 845.000 stationären Pflegeplätzen versorgt. In 2009/10 lag der durchschnittliche Auslastungsgrad der verfügbaren Pflegeplätze in Deutschland bei 86,6%. Aktuell erreichen die östlichen Bundesländer sowie das Ruhrgebiet hohe durch-schnittliche Auslastungsgrade. Die geringsten Auslastungsgrade sind in Rheinland-Pfalz, Berlin, Schleswig-Holstein und Hamburg zu beobachten.

    Bayern und Nordrhein-Westfalen brauchen neue 100.000 Pflegeheimplätze

    Aufgrund eines starken Anstiegs der Anzahl der Hochbetagten werden bis 2030 laut Studie allein in Bayern über 50.000 neue Pflegeheimplätze benötigt. Nur noch Nordrhein-Westfalen hat bei den Bundesländern mit etwa 57.000 Pflegeheimplätzen einen höheren Bedarf.

    Bis 2030 hat bei den deutschen Metropolen Berlin mit etwa 16.000 zusätzlichen Pflegeheimplätzen den mit Abstand größten Bedarf. Dies entspricht 133 größeren Pflegeheimen mit jeweils 120 Pflegeplätzen. Im Vergleich zur Bundeshauptstadt sind die bis 2030 notwendigen 4.500 neuen Pflegeheimplätze in Hamburg überschaubar. Für München wird mit einem Zusatzbedarf von etwa 2.500, für Köln mit 2.300 und für Dresden und Leipzig mit jeweils 2.200 benötigten Pflegeheimplätzen gerechnet. Frankfurt am Main hat mit 1.100 zusätzlich notwendigen Pflegeheimplätzen einen geringeren Nachfragedruck zu erwarten. Die regional abweichenden Bedarfe sind auf Unterschiede in der Bevölkerungsentwicklung sowie regionalen Pflege- und Heimquoten zwischen den Städten zurückzuführen.

    Chancen für Immobilieninvestoren

    Deutsche Pflegeheime sind bei Immobilieninvestoren weiterhin begehrt. Neben dem demografisch bedingten Bedarfswachstum sind auch langfristige Mietverträge mit professionellen Betreibern Grund für das wachsende Interesse. Dem steht jedoch eine oft geringe Drittverwendungsfähigkeit von Pflegeheimen entgegen. Da Pflegeheime Betreiberimmobilien sind, hängt der nachhaltige Erfolg, neben dem richtigen Standort, vor allem vom richtigen Konzept und der Professionalität und Bonitätsstärke des Betreibers ab. Zukünftig ist eine verstärkte Bildung von Pflegeheimketten zur Generierung von Wettbewerbsvorteilen, Kostensynergien sowie verstärkter Markenbildung zu erwarten.

    Der Nachfrageboom wird sich zwischen 2020 und 2050 ergeben, wenn die geburtenstarken Jahrgänge ab 1960 ("Baby-Boomer") alt und pflegebedürftig werden. Langfristig ist dann wieder mit sinkender Nachfrage nach Pflegeleistungen zu rechnen, da geburtenschwache Jahrgänge nachrücken. Deshalb besteht langfristig die Gefahr von Überkapazitäten mit sinkenden Auslastungsgraden. Wird diese Bedarfsentwicklung beachtet, sollten die neuen Heime so konzipiert werden, dass eine spätere Umnutzung z.B. für Wohnen, Büro oder Hotel möglich ist.

    Weitere Informationen zur Studie «Pflegeheim-Atlas Deutschland 2012»" befinden sich auf www.de.wuestundpartner.com und www.ottenstroeer.de. Gerne geben wir Ihnen auch persönlich Auskunft.

  • RG
    Rolf Gutsche

    Inklusion auf Teufel kommraus?

     

    Wir leben nicht im Schlaraffenland. In Deutschland sind die sozialen Rahmenbedin-gungen nicht geschaffen, das jeder Mensch mit Behinderung einen Arbeitsplatz auf den freien Arbeitsmarkt bekommen kann. In den letzten Jahrzehnten wurden Werk-stätten für Behinderte gebaut.

    Ich bin schwerhandbehindert und dazu sprechbehindert. Ich habe einen Computer-arbeitsplatz in den Aktiva Werkstätten für Menschen mit Behinderung. Der Hilfebe-darf ist sehr hoch. Ich kann nur am Computer Daten eingeben. Der Vorteil ist für mich, dass ich hier nicht unter Druck arbeiten muss. Darum bin ich ein Befürworter der Werkstätten, auch wenn Menschen mit Behinderung isoliert werden.

    Nun will ich mit Fragen fortfahren.

    Müssen Eltern, wenn ihre Kinder eine Behinderung haben und keine Arbeit finden zu Hause bleiben?

    Wenn es keine Werkstätten für Menschen mit Behinderung gäbe, werden dann die Arbeitslosenzahlen steigen?

    Im Wohnbereich kann man eher eine Assistenz bekommen.

    Leider ist ein bürokratischer Aufwand eine Assistenz zu beantragen.

    Aus meinen Bekanntenkreis kenne ich vier Leute, die eine Berufsausbildung gemacht haben und seit Jahren nach Arbeit suchen.

    Für mich bleibt es eine Utopie, dass die Werkstätten für Menschen mit Behinderung in Deutschland von der Bildfläche verschwinden.

  • A
    ashna

    @von Thomas,

     

    ich danke Ihnen von Herzen für Ihre Worte. Sie sprechen eine Wahrheit an, wo andere schweigen.

  • BA
    Berthold Asche

    Sehr geehrter Herr Kreuzer,

    Ihre Gedanken zur Inklusion sind doch ein wenig oberflächlich. Ich glaube aus Ihren Worten erkennen zu können, dass Sie diese immense gesellschaftliche Aufgabe zu einem Problem der Institutionen reduzieren.

    Außerdem habe ich den Eindruck, dass Sie gar nicht wissen, wovon Sie reden, wenn Sie die 300.000 Menschen mit Behinderungen, die in WfbM arbeiten, in der Privatwirtschaft unterbringen wollen.

    Der größte Teil der Menschen, von denen Sie reden, ist schwer geistig gehindert.

    Aus eigener Erfahrung weiß ich, wie Privatwirtschaftler auf das Klientel von WfbM reagieren, wenn es um einen "festen" Arbeitsplatz für diese Menschen geht: (fast wörtlich) "Ich habe eine Aufgabe, ein Produkt zu produzieren, dafür stelle ich mir Menschen ein, die diese Aufgabe bewältigen können und nicht solche, die mir zusätzliche Probleme machen. Und vor allen Dingen, schicken sie mir keinen Sozialpädagogen mit!"

    Bezüglich der Finanzierung der WfbM gebe ich Ihnen teilweise recht. Jedoch der wirtschaftliche Druck auf die WfbM ist riesig geworden, seit der Staat sich immer mehr aus der Verantwortung für die Institutionen der Behindertenhilfe herausnimmt. Die Konsequenz ist die von Ihnen kritisierte Notwendigkeit, sich den Märkten mit seinen sehr rauen Gesetzen zu stellen.

    Nun haben Sie Ihren Artikel in einem neoliberalen Blatt veröffentlicht und sich sicherlich auch gefragt (?), beschäftigt die TAZ denn auch Menschen mit Behinderung, z.B. in der Redaktion? Ich habe keine Ahnung, aber vermute stark, dass auch die TAZ kein Beispiel für Ihre "Inklusion" ist.

    • @Berthold Asche:

      Schauen sie mal wie in Schweden Behinderte Arbeiten. Dort gibt es keine WfBMs.

  • T
    thoni

    Sehr geehrter Herr Kreuzer,

     

    vielen Dank für ihren spannenden, pointierten & provokanten Kommentar. Ihr Kommentar ruft einige Fragen auf, zu denen ich mir eine Antwort wünsche:

     

    Wie genau kann denn nun was genau durch wen geändert werden? Wie kommen denn „die 300.000 Behinderte aus den Werkstätten“ mit „der deutschen Wirtschaft“ ins Gespräch um Verträge für „individuell passende Teilzeitjobs“ zu unterschreiben? Ist das dann schon Inklusion? Wo sind die interdisziplinären Arbeitskreise mit Handlungskompetenz, die umsetzungsfähige Konzepte erarbeiten? Was genau kann denn getan werden, damit das vielbeschworene „Umdenken in der Gesellschaft“ stattfinden kann?

     

    Es ist frustrierend in diesem fragwürdigen System zu arbeiten – wie genau kann der Unmut über dieses System allein schon der Menschen gebündelt werden, die diese Vielzahl an Leserbriefen zu ihrem Kommentar geschrieben haben? Es kann doch nicht sein, dass so viele Menschen die widerrechtlich anmutende Systemwillkür zwar erkennen, aber dieses System weiter bestehen darf und durch unsere Steuergelder finanziert wird. Wo ist denn hier die kritische Stimme vom Bund der Steuerzahler? Wo ist die zielgerichtete Lobbyarbeit für die Menschen mit Behinderungen?

     

    Wie genau lösen andere Länder das gemeinsame Leben der Menschen mit & ohne Behinderungen? Wo sind die international vernetzten Arbeitskreise, die ihre Erfahrungen austauschen und ihre Erfahrungen anderen Ländern mit Entwicklungsbedarf in dieser Angelegenheit zur Verfügung stellen?

     

    Wie genau ist ihr „Kommentar“ zu verstehen? Ist das eine „einmalige Randnotiz“ an der sich engagierte LeserInnen „abarbeiten“ können und dann mit ihrem Unmut alleingelassen werden? Ist irgendetwas „Weiterführendes“, „Vertiefendes“ geplant?

  • KB
    Kritischer Betrachter

    Was da beschrieben wird, ist ganz allgemein pures Gift für humanitäre Werte, die ohne Investitionen in den Familienschutz und Kinderfürsorge sowie Leben in Würde und individuelle Entfaltung von Nachwuchs aussterben, was Frieden und Sicherheit in Gegenwart und Zukunft ins Wanken bringt.

     

    Es werden Systeme geschaffen, die die Familie ablösen - angefangen mit der Einfuhr von Gastarbeitern, die die Wirtschaft billiger bezahlen darf als die hier ansässigen Arbeitnehmer - über Militärdienstverweigerer, FSJ-Kräfte, HartzIV-Personal und zuletzt Fördervereine und Ehrenämter, die mit Gastronomie und eigenem Programm Spenden dafür sammeln, dass sie ein von Subventionen und Wirtschaftsponsoren mitgetragenes Bürgerengagement bezahlen können und dabei Gewinne wegstecken können, mit denen sich weitere Feste und Reisen finanzieren lassen.

     

    Egal wo man hinguckt. Wenn jemand an gar nichts profitiert, dann sind es immer wieder Kinder, die unbezahlt für den Staat arbeiten müssen, während Eltern der Wirtschaft und der Religion dienen. Bildung, Sport und Kultur werden als Kneipengeschäft finanziert, während der Profit das Fest- und Reisevergnügen für Politik, Religion und Wirtschaft finanziert, die Sonderprogramme für Kinder, Enkelkinder, Eltern, Großeltern etc. verbilligen will.

     

    Die Situation ähnelt der Weimarer Republik. Kulturaufschwung neben Massenarmut, obwohl Politik, Religion und Wirtschaft sich mit ihrem egoistischen Kulturgenuss in Not gebracht haben. Mir kommt es so vor, dass wir auf eine Versklavung der jungen Generation zudriften, die sich auf mittelalterliche Weise bald rchen dürfte, weil man Kultur rettet, die sich alle paar Jahrzehnte selbst ausrottet aber auf reicher Seite sitzt, weil sie zahlungsunfähige Menschen rauskickt und wir so blöde sind den Gürtel für die Opfer enger zu schnallen, während uns die Elite mit Investitionen in Aufschwung und Regulierung ruckartig überlastet und wir uns immer wieder um neue Ausgrenzungsopfer kümmern, damit uns kein Nachbar erschlägt.

     

    Wir sind längst in einer Wende, in der dies nicht gehalten werden kann; denn eins wird immer wieder vergessen. Aus Kindern werden Leute, die uns überrollen, wenn sie in der Mehrheit sind. Humanitär agierende ältere Menschen brechen weg - sei es, dass sie sterben, gepflegt werden müssen oder als Erzieher, Lehrer, Pfleger, Pädagoge, Polizist, Handwerker etc. ins Burnout fallen, weil zuviel Arbeit, zuviel Fortbildung und zu wenig Geld dafür das Leben in Würde und freie Entfaltung ausschließt.

     

    Wenn der Nachwuchs das versteht, dann dürfte er sich gegen die Seniorenpolitik in Deutschland verbünden und zieht es auch den Rest des sozialen Gesellschaftsteils mit sich, wie es schon in einigen Ländern passiert. Angst habe ich vor Allem vor der deutschen Mentalität; denn der deutsche lässt sich viel zu lange als Untertan stillhalten, und platzt dann umso schlimmer aus seiner Depression raus.

     

    Ich fürchte eine Rechtsruck - und ja, oben die Kultur, unten die Wohlfahrt, die auch Geld haben will. Das lässt sich nicht tragen, sondern sprengt die Familien, womit keine Humanität an den Nachwuchs vermittelt wird und er sich in seiner Armut tatsächlich zu einem Raubtier entwickelt um dann die Herde anzugreifen, die schwächelt, weil man Vergreisung fördert, und die Senioren leider keinen Nachwuchs gepflegt und in ihr Kulturvergnügen integriert haben, damit er einen Sinn dafür hat, ihnen ein würdevolles Leben zu gönnen.

  • TH
    Thorsten Hinz

    Mit dem Artikel wird einer Versuchung nachgegangen, die derzeit in Deutschland Schule macht und die in ihren gesellschaftlichen Implikationen gefährlich ist. Begriffe wie „geldgierige Wohlfahrt“, „Behindertenindustrie“ oder „Normierungswahn“ wecken Vorstellungen, die nicht der Realität entsprechen. Das Fußvolk soll trampeln dürfen. Ich verkürze die im Artikel vorgelegte Formel: hier eine überfinanzierte Wohlfahrt, dort der Mensch mit Behinderung, der gerade wegen dieser Wohlfahrt kaum gesellschaftliche Teilhabe erfährt.

    Innerhalb der Wohlfahrt gibt es drei wesentliche Rollen- und Aufgabenfelder: Anwaltschaft, Solidaritätsstiftung und Dienstleistung. Viele dieser Aufgaben werden nicht staatlich finanziert. Im Gegenteil, die Verbände der Freien Wohlfahrtspflege wären kaum arbeits- und handlungsfähig ohne die vielen Ehrenamtlichen, die gemeinsam mit den Hauptamtlichen Entscheidendes für den Erhalt des sozialen Friedens leisten, die Menschen am Rande wahrnehmen und diesen bei der Teilhabe in der Gesellschaft zur Seite stehen. Die Inklusion und Teilhabe von Menschen mit Behinderung ist eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe: Nicht die „Behindertenindustrie“ verhindert die Inklusion – es ist vorrangig die Gesellschaft, die nach wie vor Menschen mit Behinderung ausgrenzt, stigmatisiert und diskriminiert.

    Die gesetzlichen Rahmenbedingungen sind nicht von der Wohlfahrt „erfunden“, sondern bilden den Kontext, an dem sich alle orientieren müssen. Dieser Rahmen wird auch von den Wohlfahrtsverbänden – im Interesse der Menschen – beobachtet und kritisiert. Aktuell bedeutet dies beispielsweise, dass die Fachverbände der Behindertenhilfe sehr besorgt sind über die Kostenneutralitätsvorgaben des Gesetzgebers bei der geplanten Gesetzesreform der Eingliederungshilfe (SGB XII). Selbsthilfe – und Behindertenhilfeverbände fürchten große Einschnitte bei den Selbstbestimmungs- und Persönlichkeitsrechten. Alle Wohlfahrtsverbände wie auch die Fachverbände der Behindertenhilfe haben die Ziele der UN Konvention über die Rechte von Menschen mit Behinderung ausdrücklich begrüßt und setzen sich aktiv für deren Umsetzung ein. Die Fachverbände der Behindertenhilfe engagieren sich besonders für die Teilhabechancen von Menschen mit schweren und geistigen Behinderungen, deren Interessen in der Gesellschaft kaum vertreten werden und für deren Selbstbestimmung und Teilhabe sehr hohe Barrieren in allen Lebensbereichen überwunden werden müssen.

    Im Artikel fällt insbesondere die massive Kritik an den Werkstätten für Menschen mit Behinderung (WfbM) auf, in denen die „geldgierige Wohlfahrt“ „Ausgrenzung zementiert“. Es wird bewusst übersehen, dass für viele Menschen mit Behinderung die WfbM ein angemessener und notwendiger Ort ist, um sinnvoll und in Gemeinschaft tätig zu sein und durch eigene Arbeit zur gesellschaftlichen Wertschöpfung beizutragen. Es sind vorrangig die Leistungsanforderungen des allgemeinen Arbeitsmarktes und seine geringe Aufnahmefähigkeit die verhindern, dass mehr Menschen mit Behinderung am allgemeinen Arbeitsleben teilhaben können. Hier sind Gesellschaft und Wirtschaft gleichermaßen gefragt, Barrieren abzubauen.

    Nach Angaben des statistischen Bundesamtes lebten 2009 in Deutschland ca. 7,1 Millionen Menschen mit Schwerbehindertenstatus. Ein hoher Anteil von diesen sind ältere Menschen über 65 Jahre. Zirka 65% der Behinderungen werden vom Bundesamt als „körperliche Behinderung“ und 9,9 % als „geistig-seelische“ Behinderung eingeordnet. 82,3 % der Behinderungsursachen sind durch Krankheit, 2,2 % durch Unfälle erworben. Von den nicht volljährigen Personen in Deutschland sind in jedem Altersjahrgang etwa 9.000 Personen schwerbehindert. Die kommunalen Spitzenverbände, die die Eingliederungshilfe für Menschen mit Behinderung tragen müssen, sprechen von einem hohen Notstand. Sie beklagen, dass die Eingliederungshilfe inzwischen zur größten Position der Sozialhilfeausgaben angewachsen ist. Dies auch obschon die Sozialhilfe durch die Einführung der sozialen Pflegeversicherung im Jahr 1995 und durch die Zusammenlegung von Arbeitslosenhilfe und Sozialhilfe zur Grundsicherung für Arbeitsuchende im Jahr 2005 in Milliardenhöhe entlastet wurde. Heute betragen die Gesamtkosten der Eingliederungshilfe rund 14 Mrd. Euro. Immer mehr Menschen sind auf Leistungen der Eingliederungshilfe angewiesen. Dazu gehört auch, dass die die Anzahl betagter Menschen mit Behinderungen in den zurückliegenden Jahren gestiegen ist.

    Artikel wie der vorliegende machen Angst, weil sie den gesellschaftlichen Einsatz und die solidarischen Kosten zur Teilhabe von Menschen mit Behinderung in Frage stellen, weil suggeriert wird, dass es anders viel besser und kostengünstiger zu machen sei. Teilhabe beginnt in der Zivilgesellschaft – die Verbände der Freien Wohlfahrtspflege wie auch die Fachverbände der Behindertenhilfe sind Teil der Zivilgesellschaft und stellen sich selbstkritisch den Anforderungen von Integration und Inklusion. Der Deutsche Caritasverband stellt beispielsweise in diesem Jahr die Anliegen von Menschen mit Behinderung in den Mittelpunkt seiner öffentlichen Kommunikation: www.kein-mensch-ist-perfekt.de. Als Geschäftsführer des Caritas-Fachverbandes Behindertenhilfe und Psychiatrie lade ich ein, diese Seiten zu besuchen, um auch auf diese Weise zu erfahren, wie sich für die selbstbestimmte Teilhabe von Menschen mit Behinderung und psychischen Erkrankungen engagiert werden kann.

     

    Thorsten Hinz

  • G
    Gast

    Hier gab es eine Menge interessanter Kommentare. Weshalb findet man die nicht mehr?

  • K
    Karola

    Super Beitrag. Und was nun ?

     

    Welche MinisterInnen sind da eigentlich am Werk, bzw. dafür zuständig ? Sozial-Arbeits-Familien-Gesundheits-ministerium?

     

    Dieses Land ist ja nicht einmal mehr in der Lage, ausgebildete, qualifizierte junge Leute in den Arbeitsmarkt zu bringen, wie soll das dann möglich sein, bei Menschen mit Behinderungen?!

     

    Das ganze Land steht auf dem Kopf, seit die neoliberal-neokonservative Denkrichtung Einzug in alle Bereiche des Lebens gehalten hat.

     

    Geld machen ist die Devise und nicht gesund machen, gesund erhalten.

     

    Vom Gesundheits- über das Arbeitsministerium verdienen sich zu viele dumm und dämlich an der priv. Vermittlung im Arbeitsmarkt und bei der Gesundheit die Pharmaindustrie.

     

    Alle sind NICHT daran interessiert, Menschen einzugliedern, sondern konsequent und systematisch auszugliedern.

     

    Warum ? Der Neokonservativismus und Neoliberalismus kennt keine Solidarität. Beide kennen nur: teilen, herrschen, kontrollieren und - wie oben schon gesagt: Geld machen !

  • MZ
    Michael Ziegert

    Na so was, gestern waren hier noch ganz viele Kommentare...

    taz.de, habt Ihre Eure Technik nicht im Griff?

  • J
    Jörg

    Wo sind denn die über 20 Gästebucheinträge zu diesem Artikel hin? Waren da einige zu kritisch?

  • P
    peter

    gibt für diese artikel zu den werkstätten für menschen mit behinderung in der taz auch einen dislike-button. selten habe ich so viele vorurteile gegenüber werkstätten zusammen gehört und zudem sind die artikel schlecht recherchiert. das s/w denken und wenig ausgefeilte differenzierung wird immer mehr zum leitbild diese zeitung.

  • UG
    Ursula Geißelsöder

    Der Artikel beschreibt genau das, was wir mit unserem Sohn zur Zeit erleben.

    Arbeitgeber, egal ob privat oder öffentlich, winden sich wie ein Aal, um nicht einen Menschen mit geistiger bzw. starker Lernbehinderung in ihrem "Unternehmen" zu haben. Selbst bei entsprechender Förderung/Minderleistungsausgleich ist keiner bereit, diesen Schritt mit zu gehen.

    Inklusion gibts anscheinend nur auf dem Papier!

  • HH
    Harry Hirschfeld

    Der Bericht ist reichlich einseitig. Leider müssen sich auch Wohlfahrtsverbände seit Jahren - politisch gewollt - dem "Wettbewerb" stellen. Der Autor ist ja selbst Sozialpädagoge. Verwunderlich, dass er dazu nichts sagt. Hab dazu vor kurzem diesen Artikel gelesen: http://awowesterwaldpresse.wordpress.com/2011/11/03/awo-lohnabwartsspirale-im-sozialbereich-stoppen/

     

    Da muss die Politik handeln!

  • MR
    Manuela Richter

    Dieser Bericht spricht mir aus meiner allertiefsten Seele.

     

    Ich bin seit vielen Jahren Bewohnerin in einem betreutem Wohnprojekt. Ich hatte mich aufgrund einer schweren fortschreitenden Erkrankung, sowie begleitenden psychischen Problemen (F33.2, F43.2, F10.2) freiwillig für diese Wohnform entschieden um Halt und Sicherheit zu bekommen. Davor lebte ich als ganz "normaler" Mensch mit Behinderung, erst leichter, aber dann zunehmnd schwerer Natur mitten im gesellschaftlichen Leben. D.h. Schule, Beruf, Arbeit.

     

    Ich habe zu der Zeit Inklusion gelebt da gab es dieses Wort noch gar nicht.

     

    Mit meinem Einzug ins betreute Wohnen wurde ich zu einem Menschen gemacht der erstmal als besonders schwierig und als Herausforderung eingestuft wurde, es wurde Eingliederungshilfe beantragt, sogenannte Pädagogische Fachleistungsstunden, deren Summe x im Monat vierstellig war, ich hatte ja genug zu "bieten" was einen Betreuungsbedarf erfordert, nun gut ... es war durchaus die ersten Jahre gerechtfertigt bis ich von der Psyche wieder gefestigt und auch, jawohl ... ich habs geschafft ganz trocken war

     

    aber: wirkliche Unterstützung durch Pädagogik in dieser Zeit ? nicht wirklich, aber es liegt nicht an den Leuten, die versuchen oft alles, aber können sich nicht vierteilen, und haben selber kaum noch Resscourcen für die schwierigen und Herausforderer, hauptsache das Geld geht in das System rein, aber das System wird dem einzelnen Menschen den es betreut nicht wirklich gerecht, für das Leben fitmachen ? Fehlanzeige

     

    Ein Mensch mit Behinderung darf alles sein um in ein System zu passen, nur eines nicht, eine Kämpfernatur die zurück in das wirkliche Leben möchte.

     

    Und das Leben in so einem System macht müde, unendlich müde. Entweder kämpft man tagtäglich gegen jede Debilmachung an, oder man ergibt sich seinem Schicksal und singt zur Guitarre Kumbaja mit.

     

    es ist so unendlich traurig, ein Absprung für mich nicht mehr möglich, ich nenn es immer burn out bei der Klientil ... und lebenslang

  • SS
    Silvio Seiger

    Zu diesem Thema hätte auch viel zu Sagen. Ich wollte als Körperbehinderter vor 2 Jahre mit meinen Projekt neue Wege gehen lief alles Planmäßig bis ich einen "Projektfördervertrag" mit einem Zentrumsleiter der NA in Stuttgart unterschrieb.Jetzt steh ich vor dem Scherbenhaufen meiner Existenz.

     

    Silvio Seiger, Stuttgart

  • DS
    Dietmar Schneider

    Als Angestellter im Pädagogisch-Sozialen Dienst einer WfbM kann ich diesen Beitrag nicht ganz unkommentiert lassen.

    In unserem Kreis - Heinsberg, NRW - wurde die Lebenshilfe in den 60er Jahren von Eltern von Menschen mit Behinderung ins Leben gerufen und unser Vorstand setzt sich weiterhin aus Eltern zusammen. Wir sind darüberhinaus weiterhin ein eingetragener Verein und keine gGmbH.

    Im Kreis Heinsberg hat die Lebenshilfe seitdem viele Möglichkeiten geschaffen, wie Menschen mit Behinderung an der Gesellschaft teilhaben können und es gehört hier zum normalen Bild, dass bei gesellschaftlichen Anlässen und im Alltag Menschen mit Behinderungen selbstverständlich einbezogen werden. Aufgrund dieser Arbeit sind auch Arbeitgeber sensibilisiert und häufig bereit, Menschen mit Behinderung in ein Praktikum aufzunehmen, woraus in einigen Fällen - zugegebenermaßen sind dies nicht viele - auch eine dauerhafte Tätigkeit und somit eine Vermittlung auf den Allgemeinen Arbeitsmarkt erwächst. Diese Toleranz und Offenheit wäre ohne die Bemühungen der Lebenshilfe sicherlich nicht in diesem Maße vorhanden.

     

    Sicherlich, das Hilfesystem kostet viel Geld und sicherlich ist es in anderen Ländern fortschrittlicher und auch günstiger. Aber Deutschland hat nun mal aus der Geschichte heraus ein anderes Hilfesystem und dass man Systeme anderer Länder nicht mir nichts, dir nichts, auf andere Gesellschaften übertragen kann, hat man ja bei der Arbeitsmarktreform gesehen.

    Inklusion erzielt man nicht von heute auf morgen. Eine Gesellschaft muss dazu auch offen und bereit sein und um dies zu erreichen, müssen insbesondere auch die Träger der Wohlfahrtspflege die Öffentlichkeit sensibilisieren, wo die Politik dies nicht schafft.

    Viele Eltern und auch die Menschen mit Behinderung selber sind darüberhinaus froh, dass es Förderschulen (der Begriff der "Sonderschule" ist eigentlich nicht mehr zeitgemäß, dies scheint dem Autor entgangen zu sein) und die WfbM gibt, da ihr Kind dort die Förderung erhält, die es benötigt und die Regeleinrichtungen wohl kaum zu leisten imstande wären. Oder können Sie sich vorstellen, wie Kinder mit schwerer Mehrfachbehinderung in einer normalen Grundschule beschult werden sollen? Und wo sie danach einen Arbeitsplatz finden?

     

    An dieser Stelle würde mich übrigens interessieren, wie viele Menschen mit Behinderung bei der taz arbeiten? Oder verhindern die bösen WfbMs das, obwohl die Redaktion ihnen sicher die Türen einrennt und ganz erpicht darauf ist, diese armen Menschen aus dem grausamen Zwangssystem der WfbM herauszuholen?

     

    Der Autor dieses Artikels gibt sich als fachmännischer Kenner der Materie, scheint aber nicht zu wissen, dass man heute nicht mehr von "dem Behinderten", sondern vom "Menschen mit Behinderung" bzw. "Assistenznehmer" oder auch "Kunden" spricht. Inklusion bedeutet auch einen gewissen Sprachgebrauch, Herr Kreuzer!

  • WM
    Wilfried Moll

    Glückwunsch Herr Kreuzer zum beispielhaften Kommentar!

     

    So macht man das heute:

    Knappe und ausreichend polemische Kernaussagen, deftige Rundumschläge, die die Arbeit von zigtausend Menschen diffamieren und möglichst wenig differenzierte Betrachtungen eines komplexen Themas.

    Da stört dann auch eher eine umfassende Recherche in der aktuellen Praxis.

     

    Ich hätte Lust, Ihnen jetzt zu jedem einzelnen Punkt meine Einschätzung darzulegen. Das geht aber leider nicht. Als Geschäftsführer einer „ExklusionsGmbH“ habe ich dafür keine Zeit. Schließlich bin ich permanent damit beschäftigt, das stetig strömende Geld im Keller zu verstauen...

    Aber auf eine Ihrer wirklich durchdachten Ideen möchte ich noch eingehen:

    Ich würde gerne einen hohen persönlichen Preis dafür bezahlen, dass Ihre Forderung zur Integration aller 300.000 Werkstattbeschäftigten in die Wirtschaft umgesetzt wird – meine eigene Arbeitslosigkeit!

    Bitte vereinbaren Sie für nächsten Donnerstag einen Termin mit Frau Merkel, Herrn Rösler und den Vorstandsvorsitzenden aller DAX-Unternehmen. Das wird klappen – die haben derzeit keine dringenden Termine.

    Und wenn dann im Oktober das entsprechende Gesetz in Kraft tritt, melde ich mich gleich arbeitslos - die Werkstätten werden dann nicht mehr gebraucht.

    Macht ja auch nichts! Wetten, dass ich einen Arzt finde, der mir eine wesentliche Behinderung attestiert?! ;-)

    Na, und dann habe ich die freie Auswahl: Arbeite ich neben einem Menschen mit schweren und mehrfachen Behinderungen in der Deutschen Bank, bei Siemens oder SAP?

    Nein! Ich gehe zur TAZ!

    Und dann darf ich auch nette Kommentare schreiben, ohne mir Gedanken zu machen, was ich damit anrichte.

    So, jetzt muss ich aber wirklich Schluss machen. Ich bin dann mal weg – Geld scheffeln...

  • M
    Maike

    Sehr viele Menschen fallen auch in die „Lücke“ zwischen Erwerbsunfähigkeitsrente und voller Erwerbsfähigkeit. Das Jobcenter schickt einen in diesem Fall mittlerweile zum Amtsarzt, wo man ein Gutachten kriegt, dass man z.B. nur Teilzeit und ohne Stress und Lärm oder mit ähnlichen Einschränkungen arbeiten kann. Ich mache jetzt eine MAE („Arbeitsgelegenheit mit Mehraufwandsentschädigung“, polemisch auch „1-Euro-Job“ genannt) und sehr viele hier haben solche Einschränkungen. Wir verdienen 1,50 € zusätzlich zum ALG II und ein guter Teil der Arbeitszeit wird für Fortbildung genutzt.

     

    Der durchschnittliche Arbeitslohn in WfB’s lag laut Wikipedia 2008 bei 159,- € bei einer Mindestarbeitszeit von 35 Stunden wöchentlich. Davon gehen dann noch Kosten ab, z.B. bei einer Wohnheimunterbringung oder für Essen. Der Freibetrag liegt bei rund 43,- €. (http://de.wikipedia.org/wiki/Behindertenwerkstatt#Arbeitsentgelt_und_Sozialtransfers).

     

    Ich denke auch, wie es hier einer schrieb, dass die Menschen in den WfB’s gute Arbeit machen. „Teilhabe“ fängt für mich beim Recht auf eine normale tarifliche Entlohnung an!

     

    Man sollte jedoch nicht für die Abschaffung irgendwelcher Arbeitsplätze kämpfen, sondern für Verbesserungen. Auf dem sogenannten „freien Markt“ sind heutzutage nur noch die Arbeitskräfte erwünscht, die Maximalprofit bringen können. Also: So wenig Leute wie möglich, mit möglichst langer Arbeitszeit und bei möglichst großer Arbeitshetze. Wenn die dann vernutzt sind, schickt man sie in MAE’s.

     

    Der Kampf um Teilhabe, reguläre Löhne und ein gesellschaftliches Verständnis von Arbeit, bei dem die menschlichen Bedürfnisse und nicht der Profit im Mittelpunkt stehen, ist nicht „in Einzelteile zerlegbar“.

  • A
    Abendländer

    Das trifft den Nagel auf den Kopf!!

     

    Es ist einfach eine Schande, daß die Gesellschaft immer mehr Menschen als unbrauchbar abstempelt, obwohl jeder Mensch irgendetwas leisten kann. Dadurch sind immer mehr Betreuungsfälle geschaffen worden. Die "Betreuungsindustrie" ist auch dadurch entstanden, weil vielen der Mitmensch einfach scheißegal geworden ist. Jeder ist sich nur selbst der Nächste!

     

    Bedingungsloses Grundeinkommen halte ich, entschuldigt, für ein linkes "Hirngespinst". Wer etwas bekommt, muß auch nach seinem Vermögen etwas tun. Statt bedingungsloses Grundeinkommen ein Leben in Würde sichernde Arbeit für alle durch gemeinnützige Genossenschaften, wo für die Gesellschaft ein Mehrwert geschaffen wird. Diejenigen, ob behindert oder nichtbehindert, welche in der Privatwirtschaft nicht unterkommen, könnten je nach Fähigkeit dort beschäftigt werden. Die Bedingungen in WfbMs sind zum Teil würdelos!!

     

    Weder neoliberale Wirtschaft noch Stalinismus ist die Lösung!

  • T
    Tifock

    Bürokratiemonster

     

    Bürokratiemonster Modell "Persönliches Budget" für Behinderte gescheitert

     

     

    Das 2008 eingeführte "Persönliche Budget" für Behinderte erreicht nicht die Betroffenen. Dieses Fazit ziehen Wohlfahrts- und Behindertenverbände in Mitteldeutschland dreieinhalb Jahre nach Start des Leistungsmodells. In einer Umfrage des MDR kritisieren sie vor allem das komplizierte Antragsverfahren, lange Bearbeitungszeiten und eine unzureichende Kostenerstattung. Der Bundesbehindertenbeauftragte Hubert Hüppe kommt zu dem Schluss, das Budget sei zu komplex und bürokratisch geregelt. "Davor scheuen sowohl die Leistungsträger als auch die Betroffenen selbst zurück." Über das Persönliche Budget können Behinderte Geld für Hilfe und Pflege ausgezahlt bekommen, um ihr Leben individuell zu gestalten.

     

    Nur 0,1 Prozent der Betroffenen nutzen das Angebot

     

     

     

     

     

     

    MDR aktuell

     

    Behinderter muss um sein Recht kämpfen

     

    26.07.2011, 21:45 Uhr | 02:31 min

     

     

     

    Nach Aussage des Bundessozialministeriums haben nur schätzungsweise 10.000 bis 15.000 Behinderte Budgets bewilligt bekommen – also rund 0,1 Prozent der 9,6 Millionen Menschen mit Behinderungen in Deutschland. In Sachsen-Anhalt erhalten nach offiziellen Angaben von den rund 171.300 Schwerbehinderten derzeit nur rund 500 solche individuellen Budgets. In Thüringen mit seinen 182.000 Schwerbehinderten wurden demnach 2009 etwa 470 Budgets vergeben, in Sachsen waren es bei rund 325.300 Schwerbehinderten sogar nur 160. Allerdings gibt es keine genauen Zahlen, da die Leistungsträger die Anträge nur freiwillig melden müssen.

     

     

     

    Budget als Sparmodell?

     

     

    Für die geringe Inanspruchnahme des Budgetmodells gibt es eine Vielzahl von Gründen. Der Referent Behindertenhilfe vom Paritätischen Wohlfahrtsverband Sachsen-Anhalt, Ralf Hattermann, kritisiert die hohen bürokratischen Hürden und die Pauschalen als zu gering: "Die Budgethöhen erweisen sich oft als viel zu niedrig, um eine entsprechende Leistung einkaufen zu können." Hattermann vermutet, dass das Land Sachsen-Anhalt das Budget auch als Sparmöglichkeit sieht. Dafür spricht auch eine interne Handlungsanweisung der Sozialagentur Sachsen-Anhalt, die dem MDR vorliegt. Demnach werden die Geldleistungen bewusst niedrig gehalten.

     

     

     

     

     

    MDR aktuell

     

    Behindertenbeauftragter: Mehr Beratung nötig

     

    Warum nutzen nur so wenige Behinderte das Persönliche Budget für mehr Selbstbestimmtheit? MDR aktuell befragt den Behindertenbeauftragten der Bundesregierung, Hubert Hüppe.

     

    26.07.2011, 21:45 Uhr | 02:42 min

     

     

     

    Bearbeitungszeiten von über einem Jahr

     

     

    Nach Ansicht von Jutta Hildebrandt vom Landesbehindertenbeirat sind die Richtlinien der Sozialagentur in Sachsen-Anhalt zu eng gefasst. Hildebrandt streitet selbst vor Gericht um ein höheres Budget für ihre schwerbehinderte Tochter, die in einer eigenen Wohnung lebt. Deren 900 Euro über das persönliche Budget und 660 Euro Hilfe zur Pflege reichten theoretisch nur zu einen Stundenlohn von zwei Euro für die Helfer.

     

     

    Laut der Liga der Wohlfahrtsverbände in Sachsen-Anhalt ist das Antragsverfahren zu schwierig und der Bedarf wird oft zu gering angesetzt. Die Bearbeitungszeit der Anträge dauere zudem oft länger als sechs Monate. Außerdem würden Behinderte, die das Modell der "Persönlichen Assistenz" wahrnehmen wollten, benachteiligt. Eine Antwort der Regierung steht nach Angaben der Liga seit acht Monaten aus. Martin Killat von der Diakonie in Zwickau berichtet, dass Antragsteller in den Anfangszeiten teils über 13 Monate auf einen Bescheid warten mussten. Inzwischen liege die Bearbeitungszeit unter einem halben Jahr.

     

     

    Allerdings laufen in Sachsen und Sachsen-Anhalt in diesem Jahr die vom Gesetzgeber geförderten Beratungsprojekte zum Budget-Modell aus. So gibt es Killat zufolge für den gesamten ländlichen Raum in Sachsen nur noch ein solches Projekt. Der Beratungsbedarf sei deutlich un­ter­schätzt worden. Nach Aussage von Killats Kollegen Andree Reininger wissen auch drei Jahre nach Einführung des Persönlichen Budgets noch nicht einmal alle Betroffenen und deren Angehörigen von dem Angebot.

     

    Korrekturen am Modell geplant

     

     

    Trotz der großen Probleme hält der Bundesbeauftragte Hüppe am Modell "Persönliches Modell" fest – will es aber entbürokratisieren und ausweiten. "Ich würde weitere Bereiche budgetfähig machen, zum Beispiel die Leistungen für Werkstätten für Behinderte. Hier vor allem der Berufsbildungsbereich, aber auch der Arbeitsbereich."

     

    http://www.mdr.de/nachrichten/BudgetmodellBehinderte100.html

  • G
    gast

    Ja, es wird zeit, diesen "sozialen" Unternehmern genau auf die Finger zu sehen in dieser kultur, nur wer traut sich das, in dieser Kultur des Wegsehens. Respekt für diesen Artikel. Diese Seilschaften gehen quer durch die Gesellschaft. Macht man das Maul auf wird klug sozial und empört geredet, dann gemoppt und endlich gedroht. Wir alle brauchen mehr Mut zur Zivilcourage.

  • KW
    K. Wolfgang Schmidt

    Moin zusammen,

    aus den überwiegenden Antworten kann man erkennen, wie erbärmlich mit Menschen, besonders mit behinderten Menschen umgegangen wird. Damit meine ich NICHT diejenigen, die mit viel Hingabe und Zuneigung behinderte Menschen betreuen!

    Ich glaube nicht, das die sogenannten Werkstätten für Menschen mit Behinderung (WfbM) welcher Art auch immer, das Maß aller Dinge ist und nicht deshalb, weil jemand schrieb …wo ist schon was vollkommen (wie banal!). Warum können Firmen keine geschulten Betreuer einstellen, die sicher in den Produktionsprozess mit eingebettet werden können und sich um behinderte, auch geistig behinderte Menschen kümmern (Einrichtung von Arbeitsplätzen für behinderte Menschen wird vom Staat gut bezuschusst, aber Arbeitgeber zahlen lieber eine Abgabe!). Man kann ganz sicher auch Erfolgserlebnisse für diese Menschen vermitteln und ihnen zeigen, dass es gut ist, sie dabei zuhaben. Und ich frage die Skeptiker, haben sie schon mal geistig behinderte Menschen arbeiten sehen? Ich kenne hier die verbreiteten WfbM’s – Sie werden überrascht sein, wie gut sie das machen und wie gut es ihnen dabei geht. Menschen muß man nicht aussondern, so eine Werkstatt ist überflüssig, man könnte sie in Firmen einbinden. Es mag vielleicht Menschen geben, die nicht integriert werden können, auch ein Professor Feuser gab das mal zu, aber der Versuch ist es wert!

    Eigentlich stört mich das Wort Inklusion, früher hieß das Integration, dieser Begriff wird nun von unserer hilflosen Zuwanderungspolitik belegt. Was auch nicht wirklich hilft, oder streiten wir uns um Begriffe? Nein, ich bin auch überzeugt, dass Karola (Kom. 18.7.2011-21:50) recht hat, Solidarität, Fürsorge und Miteinander ist in diesem Land nicht gefragt

    Es ist ein dummer Spruch, man kann das nicht von heute auf morgen ändern – unsere Nachbarn können es, siehe z.B. Holland, Italien (plötzlicher Wegfall der Sonderschulen) – wann fangen wir mit Integration (Inklusion) an???

  • FI
    Fachkraft in einer WfbM

    Sicherich gibt es einiges zu kritisieren an WfbMs. Sicherlich kann man vieles verbessern.

     

    Doch wie hier mit Zahlen kontextlos argumentiert wird, ist nicht rechtschaffen.

     

    Wir haben eine steigende Zahl von Menschen mit Behinderungen und Menschen mit Einschränkungen, dank guter medizinischer Betreuung. Viele wären früher mangels medinzinscher Versorgung gestorben.

     

    Zudem "erholen" wir uns in unserer Gesellschaft auch noch von der Nazizeit, wo viele Menschen mit Behinderungen ermordert wurden.

     

    Somit gibt es langsam auch eine steigende Zahl von Menschen, die eben eine Einschränkung oder Behinderung haben.

     

    Ich "integriere" auf den Allgemeinen Arbeitsplatz, indem ich eine Außengruppe in einer Firma tagtäglich begleite. Diese Arbeit erfordert ziemlich viel Flexibilität und Belastbarkeit von den Menschen mit Behinderungen.

     

    Für viele Beschäftigte der Werkstätten eine programmierte Überforderung in der Anforderung.

     

    Für einige Beschäftigte eine supertolle Sache, die genau das richtige ist.

     

    Ich bin froh, das es in Deutschland einen geschützten Rahmen innerhalb der Werkstatt gibt. Auch dort wird Teilhabe und Selbstbestimmung gelebt. Teilhabe und Selbstbestimmung sollte nun auch nicht zu einem ZWANG ausarten, der Menschen mit Behinderungen suggeriert, in der Werkstatt auf einem Schleudersitz zu sitzen, der weniger Wert sei, als ein Außenarbeitsplatz.

     

    Ich habe Angst, dass die Menschen mit Behinderungen vermehrt in eine Arbeitslosigkeit, in eine ALG 2 Welt gedrückt werden sollen, nachdem sie in den Allgemeinen Arbeitsmarkt "integriert" wurden, da das faktisch einfach billiger ist.

     

    Vereinzelung, Vereinsamung und Verarmung mit eventuell sedierender Medikamentation könnten für viele folgen.

     

    Denn wer setzt die Rechte für die Menschen durch, wenn sie erstmal dem freien Markt ausgeliefert sind? Jeder muss für sich allein kämpfen. Wie soll das ein Mensch mit einer schweren geistigen Behinderung durchsetzen? Oder wie soll ein traumatisierter Mensch, der kaum vor die Tür gehen kann, seine Rechte engagiert und vital durchsetzetzen, um nur ein Beispiel zu nennen.

     

     

     

    Ein gutes Beispiel ist der Umgang mit dem Persönlichen Budget. Da braucht derjeinige Behinderte, der das beantragt einen Fachanwalt um bei Behörden seinen Rechte durchzusetzen. Faktisch auch eine Einsparung.

     

    Wir sind engagierte und kompetente Kräfte, die das Wohl des behinderten Menschen in den Mittelpunkt stellen.

     

    Wir tun uns keinen Gefallen wenn wir uns zusammenhanglos selbst diskreditieren als "Sozialarbeiter". Bei aller Anforderung der betriebswirtschaftlichen Notwendigkeiten geht es um Rehabilitation, Teilhabe und Selbstbestimmung behinderter Menschen, die eben auch viel Geld kostet. An der Stelle mal vernünftig ausgegeben. Das Werkstätten sich der Zukunft stellen müssen, ist glaube ich republikweit angekommen. Aber alles schlecht zu machen, ist mir zu einfach...

     

    Heutzutage ist jeder Kunde. In gekündigter, in ungekündigter Stellung, beim Arzt, beim Arbeitsamt, beim Schlachter und beim Finanzamt. Wir sind uns alle sozusgen wechselseitig Kunden.

     

    Wenn das zu einem besseren, ehrlicheren und freundschaftlichen Umgang führt, meinetwegen.

     

    Werkstatt ist viiiiiiiel besser als ihr Ruf.

     

    Auch wenn es wie gesagt, bei weitem nicht perfekt ist, aber wo ist es das schon?

  • T
    Tifock

    Petition 10950: MenschenRecht Assistenz!

    Der Bundestag möge beschließen, dass MenschenRecht Assistenz - § 19 der Behindertenrechtskonvention der Vereinten Nationen - sofort umzusetzen!

    Unabhängig und Selbstbestimmt Leben mit persönlicher Assistenz , Einkommens unabhängig!

    Abschaffung des Zivildienstes bei gleichzeiter Schaffung von Alternativen! Durch Wehr- und Zivildienst werden

    immense Ressourcen

    gebunden, diese in sichere Beschäftigungsverhältnisse investiern. Die finanziellen Mittel müssen dahingehend

    umgelenkt werden!.

    MenschenRecht Assistenz!

    § 19 der Behindertenrechtskonvention der Vereinten Nationen

    Die Diskussion um die Verkürzung bzw. Abschaffung der Wehrpflichtzeit und damit die Infragestellung des

    Zivildienstes, insbesondere hier in der individuellen-Schwerbehinderten-Betreuung, zeigt wie gefährdet dieses

    Menschenrecht ist.

    Dies betrifft unmittelbar viele Menschen und deren Lebensgrundlage.

    Sollten die Pläne zur Reduktion der Wehrpflichtzeiten bzw. gar zur Abschaffung der Wehrpflicht umgesetzt werden,

    hätte dies dramatische Folgen.

    Doch die Abschaffung des Zivildienstes birgt auch die Chance eines Neubeginns, weg vom Fürsorge Gedanken, hin

    zur gleichberechtigen Teilhabe.

    Interessanterweise wäre eine Finanzierung der persönlichen Assistenz relativ problemlos möglich, wenn die

    staatlichen Zuwendungen für die Zivi-Stellen (Sold, Abfindung, Fahrt-, Wohn-, Essens- und Kleidergeld sowie

    Sozialversicherungsbeiträge) nicht an soziale Mittler wie zum Beispiel die Diakonie, ASB, Malteser Hilfsdienst gehen

    würden, sondern direkt als Budget den AssistenznehmerInnen zur Verfügung stünden. Der staatliche Zuschuss plus

    die eingesparten Kosten für den Einsatz der Zivildienstleistenden würden ausreichen, um ein selbstbestimmtes

    Leben weiter zu ermöglichen. Die persönliche Assistenz wäre mit dieser Maßnahme gegenfinanziert.

    Andere Länder haben schon vorgemacht, dass dies möglich ist. In Schweden ist die persönliche Assistenz

    unabhängig von der Ursache (Alter, Krankheit, Unfall, von Geburt an, körperlich oder seelisch) im Grundgesetz

    verankert. Der Ministerpräsident legt jährlich den Stundensatz fest. Und dies alles steuerfinanziert! Alle Heime

    wurden aufgelöst. Die AssistenznehmerInnen leben mit ihrer Assistenz selbstbestimmt dort, wo sie es wünschen.

    Seit 2008 gibt es auch in Deutschland ein persönliches Budget. Das heißt, dass man seine Ansprüche an die

    Krankenkasse, Pflegeversicherung ect. zusammenfassen kann. Dieser Geldwert kann dann nach eigenen

    Bedürfnissen eingesetzt werden. Dieses „persönliche Budget” reicht jedoch in keinem Fall für eine

    24-Stunden-Assistenz!

    Die Abschaffung der Wehrpflicht bzw. Zivildienstes setzt die erforderlichen Mittel frei! Niemand kann sich in diesem

    Zusammenhang auf fehlende Finanzierungsmöglichkeiten berufen. Menschenrechte können mit diesem Argument

    nicht ausgehebelt und unterlaufen werden. Deutschland muss gerade jetzt im Hinblick auf die eingegangenen

    Verpflichtungen der UN-Konvention Artikel 19 diese einmalige Chance nutzen und diese Ressource zum Wohle der

    Menschen und zum Schutz der Menschenrechte nutzen.

    - 3 -

    Wenn Sie Anregungen (z.B. Stichworte oder Fragen) für die Online-Diskussion geben

    wollen, können dieses Feld nutzen.

    MenschenRecht Assistenz! - § 19 der Behindertenrechtskonvention der Vereinten Nationen

    Abschaffung des Zivildienstes bei gleichzeiter Schaffung von Alternativen!

    Bei der Bundeswehr und im Sozialbereich werden durch Wehr- und Zivildienst immense Ressourcen

    gebunden, die viel sinnvoller in sichere Beschäftigungsverhältnisse investiert wären. Anstatt vier weitere Jahre

    mit einer Verkürzung zu verschwenden, muss der endgültige Ausstieg aus den Pflichtdiensten organisiert werden.

    Schwerbehinderten, Senioren und kranken Menschen MUSS ein selbstbestimmtes Leben durch persönlichen

    Assistenz ermöglicht werden

    (§ 19 der Behindertenrechtskonvention der Vereinten Nationen).

    Die finanziellen Mittel (ca. 1,1 Milliarden) für den Zivildienst dort hin umgelenkt werden!. Diese Subventionierung

    erzeugt zudem Lohnsteuer, Sozialabgaben, Konsum, schützt vor Heimeinweisung, Heimkosten + Harzt IV. Der Staat

    profitiert und spart Arbeitslosengeld und Harzt IV für ca. 40 000 neue Arbeitsplätze!

     

    https://epetitionen.bundestag.de/index.php?action=petition;sa=details;petition=10950

  • AM
    Andreas Müller-Goldenstedt

    Ich bin derzeitig Betriebsrats-Vorsitzender in den Elbe-Werkstätten Hamburg.

     

    Zugegeben ein provokanter Kommentar.

    Wahrscheinlich notwendig, um die Debatte zu führen.

    Aber es gibt doch ein differenziertes Bild.

    Der Versuch von Inkusion und Öffnung der WfbM`s nach draußen passiert.

    z.B. in den Betrieben der Elbe-Werkstätten.

    Aber gleichzeitig "produziert" die Wirtschaft neue Menschen mit Behinderung. ( gerade Menschen mit psychischen Beeinträchtigungen)

    Und fast 300.000 Menschen mit Behinderung sind weder in den WfbM`s noch auf dem 1.Arbeitsmarkt.

    Sondern schlicht arbeitslos.

    Die Politik kann nicht einfach Inklusion rufen, sondern muss mit den WfbMs zusammen einen neuen Masterplan für Menschen mit Behinderung aufstellen.

    z.B die klare Verpflichtung, daß Unternehmen Menschen mit Behinderung einstellen müssen !!!!!

    Auch sie und ich müssen mit einem Menschen mit Behinderung an der Aldi-oder Lidl-Kasse rechnen und sich das wünschen!! und diese Arbeitsplätze müssen sozialversicherunsgpflichtig sein !!!

    Und last but not least: Die Macht der kirchlichen Wohlfahrtsverbände wird durch die jetzige Politik gestärkt!! Wie sind die Arbeitsplätze dort, wire ist die Meinungsfreiheit dort?

  • T
    Tifock

    Alternativlose Abschaffung Ambulanterhilfen/Zivis=mit staatlicher Unterstützung Pflege- und Altersheime lukrativ füllen. taz

  • RG
    Rolf Gutsche

    Inklusion auf Teufel kommraus?

     

    Wir leben nicht im Schlaraffenland. In Deutschland sind die sozialen Rahmenbedin-gungen nicht geschaffen, das jeder Mensch mit Behinderung einen Arbeitsplatz auf den freien Arbeitsmarkt bekommen kann. In den letzten Jahrzehnten wurden Werk-stätten für Behinderte gebaut.

    Ich bin schwerhandbehindert und dazu sprechbehindert. Ich habe einen Computer-arbeitsplatz in den Aktiva Werkstätten für Menschen mit Behinderung. Der Hilfebe-darf ist sehr hoch. Ich kann nur am Computer Daten eingeben. Der Vorteil ist für mich, dass ich hier nicht unter Druck arbeiten muss. Darum bin ich ein Befürworter der Werkstätten, auch wenn Menschen mit Behinderung isoliert werden.

    Nun will ich mit Fragen fortfahren.

    Müssen Eltern, wenn ihre Kinder eine Behinderung haben und keine Arbeit finden zu Hause bleiben?

    Wenn es keine Werkstätten für Menschen mit Behinderung gäbe, werden dann die Arbeitslosenzahlen steigen?

    Im Wohnbereich kann man eher eine Assistenz bekommen.

    Leider ist ein bürokratischer Aufwand eine Assistenz zu beantragen.

    Aus meinen Bekanntenkreis kenne ich vier Leute, die eine Berufsausbildung gemacht haben und seit Jahren nach Arbeit suchen.

    Für mich bleibt es eine Utopie, dass die Werkstätten für Menschen mit Behinderung in Deutschland von der Bildfläche verschwinden.

  • A
    ashna

    @von Thomas,

     

    ich danke Ihnen von Herzen für Ihre Worte. Sie sprechen eine Wahrheit an, wo andere schweigen.

  • BA
    Berthold Asche

    Sehr geehrter Herr Kreuzer,

    Ihre Gedanken zur Inklusion sind doch ein wenig oberflächlich. Ich glaube aus Ihren Worten erkennen zu können, dass Sie diese immense gesellschaftliche Aufgabe zu einem Problem der Institutionen reduzieren.

    Außerdem habe ich den Eindruck, dass Sie gar nicht wissen, wovon Sie reden, wenn Sie die 300.000 Menschen mit Behinderungen, die in WfbM arbeiten, in der Privatwirtschaft unterbringen wollen.

    Der größte Teil der Menschen, von denen Sie reden, ist schwer geistig gehindert.

    Aus eigener Erfahrung weiß ich, wie Privatwirtschaftler auf das Klientel von WfbM reagieren, wenn es um einen "festen" Arbeitsplatz für diese Menschen geht: (fast wörtlich) "Ich habe eine Aufgabe, ein Produkt zu produzieren, dafür stelle ich mir Menschen ein, die diese Aufgabe bewältigen können und nicht solche, die mir zusätzliche Probleme machen. Und vor allen Dingen, schicken sie mir keinen Sozialpädagogen mit!"

    Bezüglich der Finanzierung der WfbM gebe ich Ihnen teilweise recht. Jedoch der wirtschaftliche Druck auf die WfbM ist riesig geworden, seit der Staat sich immer mehr aus der Verantwortung für die Institutionen der Behindertenhilfe herausnimmt. Die Konsequenz ist die von Ihnen kritisierte Notwendigkeit, sich den Märkten mit seinen sehr rauen Gesetzen zu stellen.

    Nun haben Sie Ihren Artikel in einem neoliberalen Blatt veröffentlicht und sich sicherlich auch gefragt (?), beschäftigt die TAZ denn auch Menschen mit Behinderung, z.B. in der Redaktion? Ich habe keine Ahnung, aber vermute stark, dass auch die TAZ kein Beispiel für Ihre "Inklusion" ist.

  • T
    thoni

    Sehr geehrter Herr Kreuzer,

     

    vielen Dank für ihren spannenden, pointierten & provokanten Kommentar. Ihr Kommentar ruft einige Fragen auf, zu denen ich mir eine Antwort wünsche:

     

    Wie genau kann denn nun was genau durch wen geändert werden? Wie kommen denn „die 300.000 Behinderte aus den Werkstätten“ mit „der deutschen Wirtschaft“ ins Gespräch um Verträge für „individuell passende Teilzeitjobs“ zu unterschreiben? Ist das dann schon Inklusion? Wo sind die interdisziplinären Arbeitskreise mit Handlungskompetenz, die umsetzungsfähige Konzepte erarbeiten? Was genau kann denn getan werden, damit das vielbeschworene „Umdenken in der Gesellschaft“ stattfinden kann?

     

    Es ist frustrierend in diesem fragwürdigen System zu arbeiten – wie genau kann der Unmut über dieses System allein schon der Menschen gebündelt werden, die diese Vielzahl an Leserbriefen zu ihrem Kommentar geschrieben haben? Es kann doch nicht sein, dass so viele Menschen die widerrechtlich anmutende Systemwillkür zwar erkennen, aber dieses System weiter bestehen darf und durch unsere Steuergelder finanziert wird. Wo ist denn hier die kritische Stimme vom Bund der Steuerzahler? Wo ist die zielgerichtete Lobbyarbeit für die Menschen mit Behinderungen?

     

    Wie genau lösen andere Länder das gemeinsame Leben der Menschen mit & ohne Behinderungen? Wo sind die international vernetzten Arbeitskreise, die ihre Erfahrungen austauschen und ihre Erfahrungen anderen Ländern mit Entwicklungsbedarf in dieser Angelegenheit zur Verfügung stellen?

     

    Wie genau ist ihr „Kommentar“ zu verstehen? Ist das eine „einmalige Randnotiz“ an der sich engagierte LeserInnen „abarbeiten“ können und dann mit ihrem Unmut alleingelassen werden? Ist irgendetwas „Weiterführendes“, „Vertiefendes“ geplant?

  • KB
    Kritischer Betrachter

    Was da beschrieben wird, ist ganz allgemein pures Gift für humanitäre Werte, die ohne Investitionen in den Familienschutz und Kinderfürsorge sowie Leben in Würde und individuelle Entfaltung von Nachwuchs aussterben, was Frieden und Sicherheit in Gegenwart und Zukunft ins Wanken bringt.

     

    Es werden Systeme geschaffen, die die Familie ablösen - angefangen mit der Einfuhr von Gastarbeitern, die die Wirtschaft billiger bezahlen darf als die hier ansässigen Arbeitnehmer - über Militärdienstverweigerer, FSJ-Kräfte, HartzIV-Personal und zuletzt Fördervereine und Ehrenämter, die mit Gastronomie und eigenem Programm Spenden dafür sammeln, dass sie ein von Subventionen und Wirtschaftsponsoren mitgetragenes Bürgerengagement bezahlen können und dabei Gewinne wegstecken können, mit denen sich weitere Feste und Reisen finanzieren lassen.

     

    Egal wo man hinguckt. Wenn jemand an gar nichts profitiert, dann sind es immer wieder Kinder, die unbezahlt für den Staat arbeiten müssen, während Eltern der Wirtschaft und der Religion dienen. Bildung, Sport und Kultur werden als Kneipengeschäft finanziert, während der Profit das Fest- und Reisevergnügen für Politik, Religion und Wirtschaft finanziert, die Sonderprogramme für Kinder, Enkelkinder, Eltern, Großeltern etc. verbilligen will.

     

    Die Situation ähnelt der Weimarer Republik. Kulturaufschwung neben Massenarmut, obwohl Politik, Religion und Wirtschaft sich mit ihrem egoistischen Kulturgenuss in Not gebracht haben. Mir kommt es so vor, dass wir auf eine Versklavung der jungen Generation zudriften, die sich auf mittelalterliche Weise bald rchen dürfte, weil man Kultur rettet, die sich alle paar Jahrzehnte selbst ausrottet aber auf reicher Seite sitzt, weil sie zahlungsunfähige Menschen rauskickt und wir so blöde sind den Gürtel für die Opfer enger zu schnallen, während uns die Elite mit Investitionen in Aufschwung und Regulierung ruckartig überlastet und wir uns immer wieder um neue Ausgrenzungsopfer kümmern, damit uns kein Nachbar erschlägt.

     

    Wir sind längst in einer Wende, in der dies nicht gehalten werden kann; denn eins wird immer wieder vergessen. Aus Kindern werden Leute, die uns überrollen, wenn sie in der Mehrheit sind. Humanitär agierende ältere Menschen brechen weg - sei es, dass sie sterben, gepflegt werden müssen oder als Erzieher, Lehrer, Pfleger, Pädagoge, Polizist, Handwerker etc. ins Burnout fallen, weil zuviel Arbeit, zuviel Fortbildung und zu wenig Geld dafür das Leben in Würde und freie Entfaltung ausschließt.

     

    Wenn der Nachwuchs das versteht, dann dürfte er sich gegen die Seniorenpolitik in Deutschland verbünden und zieht es auch den Rest des sozialen Gesellschaftsteils mit sich, wie es schon in einigen Ländern passiert. Angst habe ich vor Allem vor der deutschen Mentalität; denn der deutsche lässt sich viel zu lange als Untertan stillhalten, und platzt dann umso schlimmer aus seiner Depression raus.

     

    Ich fürchte eine Rechtsruck - und ja, oben die Kultur, unten die Wohlfahrt, die auch Geld haben will. Das lässt sich nicht tragen, sondern sprengt die Familien, womit keine Humanität an den Nachwuchs vermittelt wird und er sich in seiner Armut tatsächlich zu einem Raubtier entwickelt um dann die Herde anzugreifen, die schwächelt, weil man Vergreisung fördert, und die Senioren leider keinen Nachwuchs gepflegt und in ihr Kulturvergnügen integriert haben, damit er einen Sinn dafür hat, ihnen ein würdevolles Leben zu gönnen.

  • TH
    Thorsten Hinz

    Mit dem Artikel wird einer Versuchung nachgegangen, die derzeit in Deutschland Schule macht und die in ihren gesellschaftlichen Implikationen gefährlich ist. Begriffe wie „geldgierige Wohlfahrt“, „Behindertenindustrie“ oder „Normierungswahn“ wecken Vorstellungen, die nicht der Realität entsprechen. Das Fußvolk soll trampeln dürfen. Ich verkürze die im Artikel vorgelegte Formel: hier eine überfinanzierte Wohlfahrt, dort der Mensch mit Behinderung, der gerade wegen dieser Wohlfahrt kaum gesellschaftliche Teilhabe erfährt.

    Innerhalb der Wohlfahrt gibt es drei wesentliche Rollen- und Aufgabenfelder: Anwaltschaft, Solidaritätsstiftung und Dienstleistung. Viele dieser Aufgaben werden nicht staatlich finanziert. Im Gegenteil, die Verbände der Freien Wohlfahrtspflege wären kaum arbeits- und handlungsfähig ohne die vielen Ehrenamtlichen, die gemeinsam mit den Hauptamtlichen Entscheidendes für den Erhalt des sozialen Friedens leisten, die Menschen am Rande wahrnehmen und diesen bei der Teilhabe in der Gesellschaft zur Seite stehen. Die Inklusion und Teilhabe von Menschen mit Behinderung ist eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe: Nicht die „Behindertenindustrie“ verhindert die Inklusion – es ist vorrangig die Gesellschaft, die nach wie vor Menschen mit Behinderung ausgrenzt, stigmatisiert und diskriminiert.

    Die gesetzlichen Rahmenbedingungen sind nicht von der Wohlfahrt „erfunden“, sondern bilden den Kontext, an dem sich alle orientieren müssen. Dieser Rahmen wird auch von den Wohlfahrtsverbänden – im Interesse der Menschen – beobachtet und kritisiert. Aktuell bedeutet dies beispielsweise, dass die Fachverbände der Behindertenhilfe sehr besorgt sind über die Kostenneutralitätsvorgaben des Gesetzgebers bei der geplanten Gesetzesreform der Eingliederungshilfe (SGB XII). Selbsthilfe – und Behindertenhilfeverbände fürchten große Einschnitte bei den Selbstbestimmungs- und Persönlichkeitsrechten. Alle Wohlfahrtsverbände wie auch die Fachverbände der Behindertenhilfe haben die Ziele der UN Konvention über die Rechte von Menschen mit Behinderung ausdrücklich begrüßt und setzen sich aktiv für deren Umsetzung ein. Die Fachverbände der Behindertenhilfe engagieren sich besonders für die Teilhabechancen von Menschen mit schweren und geistigen Behinderungen, deren Interessen in der Gesellschaft kaum vertreten werden und für deren Selbstbestimmung und Teilhabe sehr hohe Barrieren in allen Lebensbereichen überwunden werden müssen.

    Im Artikel fällt insbesondere die massive Kritik an den Werkstätten für Menschen mit Behinderung (WfbM) auf, in denen die „geldgierige Wohlfahrt“ „Ausgrenzung zementiert“. Es wird bewusst übersehen, dass für viele Menschen mit Behinderung die WfbM ein angemessener und notwendiger Ort ist, um sinnvoll und in Gemeinschaft tätig zu sein und durch eigene Arbeit zur gesellschaftlichen Wertschöpfung beizutragen. Es sind vorrangig die Leistungsanforderungen des allgemeinen Arbeitsmarktes und seine geringe Aufnahmefähigkeit die verhindern, dass mehr Menschen mit Behinderung am allgemeinen Arbeitsleben teilhaben können. Hier sind Gesellschaft und Wirtschaft gleichermaßen gefragt, Barrieren abzubauen.

    Nach Angaben des statistischen Bundesamtes lebten 2009 in Deutschland ca. 7,1 Millionen Menschen mit Schwerbehindertenstatus. Ein hoher Anteil von diesen sind ältere Menschen über 65 Jahre. Zirka 65% der Behinderungen werden vom Bundesamt als „körperliche Behinderung“ und 9,9 % als „geistig-seelische“ Behinderung eingeordnet. 82,3 % der Behinderungsursachen sind durch Krankheit, 2,2 % durch Unfälle erworben. Von den nicht volljährigen Personen in Deutschland sind in jedem Altersjahrgang etwa 9.000 Personen schwerbehindert. Die kommunalen Spitzenverbände, die die Eingliederungshilfe für Menschen mit Behinderung tragen müssen, sprechen von einem hohen Notstand. Sie beklagen, dass die Eingliederungshilfe inzwischen zur größten Position der Sozialhilfeausgaben angewachsen ist. Dies auch obschon die Sozialhilfe durch die Einführung der sozialen Pflegeversicherung im Jahr 1995 und durch die Zusammenlegung von Arbeitslosenhilfe und Sozialhilfe zur Grundsicherung für Arbeitsuchende im Jahr 2005 in Milliardenhöhe entlastet wurde. Heute betragen die Gesamtkosten der Eingliederungshilfe rund 14 Mrd. Euro. Immer mehr Menschen sind auf Leistungen der Eingliederungshilfe angewiesen. Dazu gehört auch, dass die die Anzahl betagter Menschen mit Behinderungen in den zurückliegenden Jahren gestiegen ist.

    Artikel wie der vorliegende machen Angst, weil sie den gesellschaftlichen Einsatz und die solidarischen Kosten zur Teilhabe von Menschen mit Behinderung in Frage stellen, weil suggeriert wird, dass es anders viel besser und kostengünstiger zu machen sei. Teilhabe beginnt in der Zivilgesellschaft – die Verbände der Freien Wohlfahrtspflege wie auch die Fachverbände der Behindertenhilfe sind Teil der Zivilgesellschaft und stellen sich selbstkritisch den Anforderungen von Integration und Inklusion. Der Deutsche Caritasverband stellt beispielsweise in diesem Jahr die Anliegen von Menschen mit Behinderung in den Mittelpunkt seiner öffentlichen Kommunikation: www.kein-mensch-ist-perfekt.de. Als Geschäftsführer des Caritas-Fachverbandes Behindertenhilfe und Psychiatrie lade ich ein, diese Seiten zu besuchen, um auch auf diese Weise zu erfahren, wie sich für die selbstbestimmte Teilhabe von Menschen mit Behinderung und psychischen Erkrankungen engagiert werden kann.

     

    Thorsten Hinz

  • G
    Gast

    Hier gab es eine Menge interessanter Kommentare. Weshalb findet man die nicht mehr?

  • K
    Karola

    Super Beitrag. Und was nun ?

     

    Welche MinisterInnen sind da eigentlich am Werk, bzw. dafür zuständig ? Sozial-Arbeits-Familien-Gesundheits-ministerium?

     

    Dieses Land ist ja nicht einmal mehr in der Lage, ausgebildete, qualifizierte junge Leute in den Arbeitsmarkt zu bringen, wie soll das dann möglich sein, bei Menschen mit Behinderungen?!

     

    Das ganze Land steht auf dem Kopf, seit die neoliberal-neokonservative Denkrichtung Einzug in alle Bereiche des Lebens gehalten hat.

     

    Geld machen ist die Devise und nicht gesund machen, gesund erhalten.

     

    Vom Gesundheits- über das Arbeitsministerium verdienen sich zu viele dumm und dämlich an der priv. Vermittlung im Arbeitsmarkt und bei der Gesundheit die Pharmaindustrie.

     

    Alle sind NICHT daran interessiert, Menschen einzugliedern, sondern konsequent und systematisch auszugliedern.

     

    Warum ? Der Neokonservativismus und Neoliberalismus kennt keine Solidarität. Beide kennen nur: teilen, herrschen, kontrollieren und - wie oben schon gesagt: Geld machen !

  • MZ
    Michael Ziegert

    Na so was, gestern waren hier noch ganz viele Kommentare...

    taz.de, habt Ihre Eure Technik nicht im Griff?

  • J
    Jörg

    Wo sind denn die über 20 Gästebucheinträge zu diesem Artikel hin? Waren da einige zu kritisch?

  • A
    a.s.

    danke, daß das thema sozialmafia endlich einmal aufgegriffen wird.

    ich möchte als ehemaliger betroffener ein kleines beispiel aus der praxis unkommentiert beifügen :

    ich war als körperlich schwerbehinderter jahrelang auf die betreuung durch zivildienstleistende angewiesen. diese erhielten ihren sold direkt vom staat, waren aber über organisationen der "wohlfahrtsverbände" beschäftigt, uznd zwar im rahmen eines oligopols, der z.b. privaten pflegediensten nicht erlaubte, zdl zu beschäftigen.

    begründet wurde dies mit dem "gemeinnützigen charakter der träger, d.h. deren verpflichtung, maximal eine schwarze null zu erwirtschaften. soweit, so gut, sollte man meinen. Tatsache ist jedoch, daß mir als "kunden" die zdl nicht etwa kostenfrei zur verfügung gestellt wurden (ihr sold wird ja, wie gesagt, zum allergrößten teil vom staat direkt bezahlt), sondern für einen einsatz eine verwaltungspauschale von 12,50 euro pro stunde (!) berechnet wurde. die leistung des trägers bestand darin, dem entsprechenden jungen mann einen schlüssel in die hand zu drücken mit den worten :"der erklärt dir schon, was du machen musst". auf diese art und weise konnte die firma an einem einigen zivi, wenn sie ihn 8 stunden pro tag vermietete, einen internen gewinn von 8 x 5 x 4,5 x 12,5 = 2.250 euro pro monat erzielen, abzüglich einer geringen pauschale für essensgeld und ggf. fahrtkosten.

    als ich mich schriftlich an den bundesbeaufragten für zivildienst wandte mit der rfrage, wie eine solche praxis in einklang zu bringen sei mit dem gleichzeitigen ständigen geschrei über steigende sozialausgaben etc., wurde mir erwartungsgemäß geantwortet, dies sei eben "gängige praxis" und man habe leider keine möglichkeit, in die internen kostenstrukturen der träger einblick oder gar einfluß zu nehmen. von einer solchen behandlung können hartz-4-empfänger nur träumen.

    für mich war das der anlass, mir meine betreuung privat zu organisieren, was als netten nebeneffekt zur folge hatte, daß mir die leistung aus der pflegekasse um 50% (!) gekürzt wurde, weil es sich ja nun nicht mehr um eine sachleistung handelte.

  • EM
    Eric Manneschmidt

    Lösungsansätze bietet der Artikel leider nicht.

    Einer wäre, die Einteilung der Menschen in nützliche und unnütze, in schwache und scheinbar starke zu beenden.

    Und ein bedingungsloses Grundeinkommen einzuführen.

  • W
    webster

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    Sehr geehrter Herr Kreuzer,

     

    nicht die bösen geldgierigen WFBM´s sind es, die diesen Zustand zu verantworten haben, sondern die Gesellschaft, die seit langem nicht mehr bereit ist, junge Leute unterhalb eines Realschulabschlusses zu beschäftigen. Jetzt, wo die Wirtschaft zukünftig wieder mehr Arbeitskräfte brauchen wird, entdeckt man plötzlich wieder die zuvor verschmähten Minderleister. Wie es dem einzelnen Menschen mit seinem Handicap dabei geht, ist zweitrangig. Aber genau darauf kommt es an. Aus eigener Erfahrung weiss ich, dass sich viele Menschen in den Werkstätten wohl fühlen, da sie dort nicht ausgegrenzt werden,nicht überfordert werden, dort ihre Freunde bzw Freundinnen finden und als Menschen anerkannt werden. Im übrigen versuchen Werkstätten gemäß ihrem Auftrag ihr Klientel zu befähigen auf dem ersten Arbeitsmarkt zu bestehen. Es ist der Markt der Ihnen ebensowenig wie vielen Hartz 4 -Empfängern keinen Platz bietet

  • IR
    Inge Rosenberger

    Obwohl ich es wirklich nicht mehr ertragen kann, dass der Begriff "Inklusion" zunehmend instrumentalisiert wird, um Sparmaßnahmen schönzureden, und obwohl ich fast jedem Satz dieses Artikels zustimmen kann, bezweifle ich, dass mit der kompletten Abschaffung der Wohlfahrtsverbände die Inklusion für _alle_ Menschen besser voran kommt.

     

    Nein, ich will garantiert nicht die separierende Massenhaltung von behinderten Menschen in nach Art und Schwere der Behinderung eingeteilten Ghettos verteidigen! Aber mir fehlt hier – wie das so oft der Fall ist – die Alternative für Menschen mit schwersten Behinderungen. Eine Unterstützung für Menschen, die nicht für sich selbst sprechen können und ihre Rechte nicht selbst einfordern können. Wer kümmert sich dann um diese Menschen?

     

    Derzeit gibt es von den Politikern, den Behörden, den Wohlfahrtsverbänden und Einrichtungsträgern zwar wunderbare Sonntagsreden zur Auflösung von Heimen, zur Dezentralisierung, zur Inklusion und zur UN-Konvention. Es gibt gegenseitiges Schulterklopfen, und die immer wiederkehrende Bestätigung, dass doch alles bestens läuft und optimal geregelt ist.

     

    Wie soll Inklusion also verwirklicht werden? Ich denke jetzt an unsere Familie. Im Moment regle ich alles für unsere Tochter. Sie ist unser einziges Kind, hat also keine Geschwister, die sich um sie und ihre Angelegenheiten kümmern, wenn wir als Eltern das nicht mehr können.

    Wer bleibt also übrig? Diesen - durch bürokratische Hürden aufgeblasenen - gigantischen Verwaltungsaufwand (der auch bei den Wohlfahrtsverbänden ganz viel Zeit und Geld schluckt) tut sich doch niemand an.

     

    Bitte her mit den Alternativen. Wie kann das laufen? Und wie kann das laufen, wenn ich selbst die Angelegenheiten meiner Tochter nicht mehr bewältigen kann?

  • T
    Tifock

    Mein Artikel zur: Zivildienst und das Schicksal von Behinderten

     

    http://www.theintelligence.de/index.php/gesellschaft/50-allgemein/671-zivildienst-und-das-schicksal-von-behinderten.html

     

    Seit 30.04.2011 kämpfe ich ohne Zivi um eine tgl. Existenz. Der Staat entzieht mir meine Existenz-Sicherheitie - Diakonie ist alternativlos ausgestiegen.

  • U
    Ulla

    Danke für klare Worte!

    In den 80ern wurden gute Analysen der Prozesse der Aussonderung geliefert. Die hat "man" für die Gründung der gGmbHs für die wirtschaftliche Ausbeutung der scheinbar nicht zu ändernden Exklusion genutzt.

    Und das reale Geld, was dafür locker gemacht wird, kommt nicht bei den Behinderten an sondern wird ausgegeben für Kontrollen, Evaluation, Qualitätssicherung, Testverfahren, Gutachten, Studien, Wettbewerbe, Clusterverfahren, etc.

    Allein die Einführung der Pflegeversicherung hat zu Kostenexplosionen geführt - und zu neuen Geschäftsfeldern. Mich erschüttert schon lange, wie viele Organisationen und Einrichtungen sich mit der propagierten "Inklusion" wichtig machen, Geld vedienen und gesparte Steuergelder ausgeben. Für Kinder mit Förderbedarf (und der ist schnell ermittelt) gibt es einen montitär wertvollerern Kitagutschein für den Regel-Kindergarten Wirtschaftfaktor "Besonderung"... auch ein großes Thema in Schulen... "Vielfalt" fordern sie und reagieren auf die Anforderungen mit bewährter "Einfalt".

    z.B. Familien, die ein schwerstpflegebedürftiges Kind haben, gewährt man keine menschenwürdige Kurzzeit-Pflege, weil sich das "nicht rechnet".

     

    Es fühlt sich so an, als hätten die entstandenen Unternehm(ung)en ihre Geschäfte mit der "Exklusion" in das Gesellschafts-, Bildungs-, und Gesundheits-, Sozial- System "integriert" wie ein "Krebsgeschwür", das sich nicht mehr entfernen lässt.

    Ich kann (mir) die Entwicklung im wahrsten Sinne des Wortes vielleicht "erklären" - aber deshalb nehme ich sie immer noch nicht kritiklos hin!!! An Tagen, an denen ich richtig böse bin, nenne ich das auch "Missbrauch".

    Und bevor ich jetzt noch hundert Mal überlege, ob mein Kommentar "richtig" oder "falsch", "nützlich" oder "nicht nützlich" sein könnte... sage ich einfach noch mal DANKE! Sie sprechen mir aus der Seele!

  • IA
    inclusiv Ausgrenzung

    Als Mutter einer geistig behinderten Tochter bin ich froh und dankbar, dass meine Tochter eine GUTE WfB besuchen darf und vorher in einer Sonderschule (halbtags) optimal gefördert wurde. In der Freizeit versuchte ich sie an Maßnahmen der Jugendpflege teilnehmen zu lassen.... meistens ohne Erfolg. Bei Veranstaltungen zum Thema Inclusion mit Kinderbetreuung konnte sie leider so gut wie nie wegen ihrer Behinderung betreut werden. Zitat: Ihr Kind ist unseren Sozialpädagogen wegen deren fehlenden Fachausbildung nicht zuzumuten. Die gleichen Gutmenschen verlangen von der Gesellschaft Inclusion....

    Ich frage diese akademischen Gutmenschen oft, ob sie ihre Freizeit auch mit ungelernten Arbeitern verbringen, ob sie auch gern Arbeiten machen, mit denen sie hoffnungslos überfordert sind usw. Ich werde dann als jemand tituliert, der Menschen mit Behinderung ausgrenzen will.

    Nein, das will ich nicht... ich will, dass meine Tochter eine Arbeit machen kann, auf die sie stolz ist, dass ihre Arbeit geschätzt wird, dass sie sich im Kollegenkreis wohl fühlt und in ihrer Freizeit ihren Hobbies mit Menschen nachgehen kann, von denen sie wertgeschätzt wird. Sie hat darauf ein Recht - wie jeder andere Mensch auch.

     

    Bei all den Diskussionen über Inclusion ist der MENSCH mit seinen ureigensten Bedürfnissen nach Anerkennung und Gemeinschaft völlig aus dem Blickfeld der "Fachleute" geraten. Es gibt kiloweise Berichte über, aber nur wenige Gespräche mit den Betroffenen. In meinem erweiterten Bekanntenkreis erlebe ich immer wieder Menschen, die aus der WfB in den ersten Arbeitsmarkt gingen und tief verstört versuchten, wieder in die WfB zu kommen. Die Vereinsamung, die Ausgrenzung der Kollegen, der Leistungsstress war einfach zu viel geworden.

     

    Dieser Erfahrung wird der Bericht einfach nicht gerecht. Wenn man dazu überginge, mehr mit den Menschen mit Handicap zu reden, ihre Bedürfnisse zu erfragen, die engagierten Mitarbeiter im Sozialsystem von dem Dokumentationswahnsinn zu befreien, könnte vieles an Aktivitäten in Richtung Inclusion mit dem Geld, was jetzt schon gezahlt wird, erreicht werden. Eine Inclusion, die niemanden überfordert, nicht die Behinderten und nicht die Gesunden, muss langsam wachsen und kann nicht von oben verordnet werden. Die heutige Gesellschaft jedenfalls ist noch nicht so weit.

  • O
    OUTSOURCE

    Die Privatisierung des Sozialbereichs, die Haltung der FH und Uni sich dem neoliberalen Markt anzudienen, werden die soziale Profession zerstören. Maßnahmen des Arbeitsamtes sind in der Regel kurzlebig und unprofessionell. Fachkräfte sind Billiglöhner und kruzzeitig eingestellt -Hire and fire ist in. Meist sind Fachfremde heutzutage Führungskräfte, die zwar mit Zahlen umgehen können, aber nicht mit den Klienten. Diese werden nur als geldbringende Masse wahrgenommen und ebenso ausgebeutet, wie die Heilpädagogen, Erzieher und Sozialpädagogen. Mensch als Ware. Alles ist Markt.

  • SH
    Susanne Hilbrecht

    Sehr geehrter Herr Kreuzer,

     

    vielen Dank für diesen Kommentar. Sie haben in wunderbare Worte gefasst, was ich schon lange denke. Insbesondere die Unterstützung von Familien, die sich selber um "ihre Behinderten" kümmern wollen, erhalten viel zu wenig Unterstützung. Jeder Fall wird zur begehrten Ware, um den die Wohlfahrtsverbände sich prügeln. Und bei dem vielen Geld, um das es hier geht, habe ich kaum noch Hoffnung, dass hier irgendwann ein Umdenken in Politik und Gesellschaft stattfinden wird.

     

    Mit besten Grüßen

    Susanne Hilbrecht, Tielenhemme

  • K
    kacepe

    Ich denke, dass es in jeder Branche schwarze Schafe gibt. Warum sollte es bei den Behindertenorganisationen anders sein?! Mit Sicherheit gibt es die im Artikel beschriebenen Probleme und es wird Zeit, dass sich da etwas tut.

     

    Was mir in der gesamten Inklusionsdebatte fehlt ist die Differenzierung. Zuerst sollten alle möglichst "ausgesondert" werden und sollen alle möglichst inkludiert werden. Für mich ist das eine genauso autoritär wie das andere und keine der beiden Haltungen berücksichtigt das Individuum die Vielfalt der Lebenspläne ausreichend. Macht man das Fass "Nichtbehinderte" und "Behinderte" auf, dann wird es akzeptiert, wenn sich "Nichtbehinderte" mit ihren Familien und Kindern zusammenschließen und beispielsweise gemeinsam eine alternative Lebensgemeinschaft gründen. Bei Behinderten jedoch ist es ein Zeichen für Exklusion. Viele Menschen möchte gerne naturnah oder zumindest am Stadtrand leben. Werden Einrichtungen für Behinderte dahin gebaut, dann ist es ein Zeichen für Exklusion.

     

    Sicherlich ist es nicht einfach und dass in Deutschland "gerne" exkludiert wird steht außer Frage. Ein Gehen ins andere extrem halte ich nicht für eine gute Lösung. Vielleicht muss sie aber auch erstmal sein, um eine gute Mitte zu finden.

  • DU
    Dipl.-Soz.Arb. Uwe Heineker

    Bravo Herr Kollege Kreuzer - Sie haben die Wahrheit der so genannten deutschen tradidierten Behinderten"hilfe" sehr treffend auf den richtigen Punkt gebracht. Ihr Beitrag müsste eigentlich zur Pflichtlektüre für alle politischen Entscheidungsträger erhoben werden.

     

    An die Betreiber von Behinderten-Einrichtungen sei folgender Appell gerichtet: ändert eure inzwischen längst überholten Strukturen und fangt endlich an, im Sinne der UN-Behindertenrechtskonvention "inklusiv" zu denken - und zwar ohne Wenn-und-aber oder Mogelpackungen!

  • D
    derMöpper

    Entschuldigung, aber das ist wieder so ein Artikel der zum Aufregen anregt, Global verurteilt, und keine Lösungen zeigt. Dies nützt niemandem, am wenigsten den Betroffenen. (Auch wenn man das vorhandene System in Frage stellen darf -oder muss.) Gesellschaftliche Veränderung- die zur Inklusion nötig ist- erreichen wir so allerdings nicht.

  • G
    Gast

    Der Artikel war überfällig. Um Inklusion zu erreichen, müssen Konzepte umgesetzt werden, die direkt bei den Betroffenen ankommen und selbstbestimmte Mittelverwendung ermöglichen.

    Anzumerken bleibt, daß auch das System "Rechtliche Betreuung", das (mit steigender Tendenz) die Justizkassen jährlich mehrere hundert Millionen € kostet, ebenfalls als Inklusionsbremse entgegen der UN-Konvention über die Rechte von Menschen mit Behinderung wirkt, indem es überwiegend nach wie vor entmündigend praktiziert wird.

  • E
    EvoluSiN

    Nach elfjähriger Praxis in der Hamburger Behindertenhilfe muss ich dem Artikel leider Beipflichten. Für jede Stunde "Pädagogische Betreuung im eigenen Wohnraum", die ich leiste, zahlen die Angehörigen 36,- €, von denen ich 12,-€ bekomme und der Rest in Verwaltung und Überschuss geht. Dies gilt selbst, wenn ich einen Entwicklungsbericht oder Mittelantrag schreibe, also indirekte Arbeit mache.

    Das Sonderschulwesen funktioniert umgekehrt, da Wertschöpfung nicht möglich ist. Je höher der Assistenz-/pädagogische Bedarf eines Schülers ist, desto geringer qualifiziertes Personal wird zur Verfügung gestellt. Das Ende ist, dass der schwerst-behinderte Schüler ständig mit dem Zivi zum Spazieren geschickt wird.

    Die Liste könnte ich ewig weiterführen.

    Dabei ist mir allerdings wichtig zu betonen, dass es sehr viele Menschen in der Behindertenhilfe gibt, die fantastische Arbeit machen, deren Einsatzbereitschaft aber durch die im Artikel beschriebenen Strukturen instrumentalisiert und missbraucht werden. Die Devise ist: "Wenn wir jetzt bei gleichem Personalschlüssel zwei Bewohner/Schüler/Beschäftigte/... mehr aufnehmen, dann kniet sich der engagierte Kollege noch mehr rein!"

    Die Korrektur zum Artikel müsste heißen: "Je weiter entfernt die Entscheidungsträger von den Betroffenen agieren, desto weniger geht um die Menschen."

    Nichts desto Trotz ist und bleibt mein Credo und meine Intention: "Der perfekte Pädagoge macht sich selbst überflüssig!" Das kann er beruhigt tun, denn die nächsten Menschen, die er beim Erreichen von mehr Selbständgkeit unterstützen kann, kommen von ganz alleine nach.

  • BM
    Betroffene Mutter

    Der Beitrag trifft den Nagel auf den Kopf.

    Mein (geistig schwerstbehinderter) Sohn besucht eine Behinderten-Werkstatt. Eine andere Tagesbeschäftigung ist wegen des Vorrangs des Kostenträgers nicht möglich.

    Da werden in einem Gruppenraum 13 (!) schwerstbehinderte (z.T. schwerstmehrfach-behinderte) Menschen von 2 Betreuerinnen versorgt, wobei neben einer Grundversorgung (füttern, Windeln wechseln etc) keinerlei Aktivitäten möglich sind - d.h. keine Spaziergänge, keine Einzelförderung und nichts.

     

    Also Ausgrenzung par excellence ohne Hoffnung auf Berücksichtigung beim hübschen Wort Inklusion.

     

    Für diejenigen Behinderten, die es schaffen, ohne Nutzung eines Zubringer-Busses selbständig zur Werkstatt und wieder zurück zu kommen, wird eine Mobilitätsprämie in Höhe von 700 Euro gezahlt.

    Der Witz ist allerdings, dass diese Mobilitätsprämie nicht an den behinderten Menschen gezahlt wird . . .

    . . . sondern an die Werkstatt!!!!!

     

    Sorry - es war doch kein Witz, denn es ist bitterer Ernst!

    Sonst noch Fragen?

  • IR
    Inge R.

    Obwohl ich es wirklich nicht mehr ertragen kann, dass der Begriff "Inklusion" zunehmend instrumentalisiert wird, um Sparmaßnahmen schönzureden, und obwohl ich fast jedem Satz dieses Artikels zustimmen kann, bezweifle ich, dass mit der Abschaffung der Wohlfahrtsverbände die Inklusion besser voran kommt.

     

    Nein, ich will garantiert nicht die Massenhaltung von behinderten Menschen in nach Art und Schwere der Behinderung eingeteilten Ghettos verteidigen!

     

    Aber mir fehlt hier – wie das so oft der Fall ist – die Alternative für Menschen mit schwersten Behinderungen. Eine Unterstützung für Menschen, die nicht für sich selbst sprechen können und ihre Rechte nicht selbst einfordern können. Wer kümmert sich dann um diese Menschen? Die „Gesellschaft“? Diese, unsere „Gesellschaft“??

    Die Gesellschaft, in der sich „die Körperbehinderten“ von „den Geistigbehinderten“ distanzieren? Und „die Geistigbehinderten“ von „den Schwerstbehinderten“?

     

    Derzeit gibt es von den Politikern, den Behörden, den Wohlfahrtsverbänden und Einrichtungsträgern zwar wunderbare Sonntagsreden zur Auflösung von Heimen, zur Dezentralisierung, zur Inklusion und zur UN-Konvention. Es gibt gegenseitiges Schulterklopfen, und die immer wiederkehrende Bestätigung, dass doch alles bestens läuft und optimal geregelt ist.

     

    Ich würde mich ja gerne irren, aber Inklusion gibt es meiner Erfahrung nur dann, wenn es den Menschen billiger macht.

    Und fast alle, die davon (finanziell) profitieren - die Behörden, die Einrichtungsträger und die Wohlfahrtsverbände - machen das Schmierentheater mit.

    Denn eine große und mächtige Gruppe unter den Entscheidungsträgern und manchmal auch unter der mitentscheidenden „Behindertenelite“ ist doch – still und heimlich – der Ansicht, dass diese Menschen am besten „unter sich“ aufgehoben sind.

  • BW
    B. Wondraschek

    "300.000 Behinderte ... mühelos integrieren ... mit Sozialpädagogen, die sie begleiten."

    Äh, was genau ist noch mal Ihr Beruf, Herr Kreutzer? Sozialpädagoge auf der Suche nach neuen Märkten?! Mit Ihrer Art, einseitig aufs wirtschaftliche Interesse der Helfer zu starren, kann man also jeden schlechtreden, auch Sie.

    Ihre Fantasie, so viele behinderten Menschen in den 1. Arbeitsmarkt zu integrieren, scheitert an der Härte unsere Arbeitsgesellschaft. Krass gesagt: Welcher Behinderte will schon den per Inklusion in die Firma abkommandierte und dort nervenden Trottel vom Dienst spielen?

  • W
    wernerinitaly

    ich würde sagen, das Problem ist in einem gewissen Maß erkannt, wenn auch etwas überzeichnet; natürlich wird nach wie vor Exklusion finanziert, aber der Deutsche hat eben ein Talent dafür, aus allem eine Industrie zu machen, die sich lohnt.

     

    Schwach wird der Artikel in seinen Schlussfolgerungen. Der Zwang, Behinderte zu beschäftigen ist in der Tat ein zweischneidiges Schwert und das öffentliche Bewusstsein ändert man damit auch nicht. Und die kapazitäten wurden nun mal geschaffen, genauso wie die Förderschulen usw. da müssen sie eben gefüllt werden. Und keine noch so hohe Prämie wird dort einen Betreuer oder sonst jemanden dazu bringen, den Ast abzusägen, auf dem er sitzt, das ist schon sehr sehr blauäugig, Entschuldigung.

     

    Es ist wohl eher so wie mit den Geistern aus Goethes Zauberlehrling ... -)

  • T
    Thomas

    Ich kann dem Artikel nur zustimmen.

     

    Ich studiere Sozialpädagogik und es ist für mich einfach erschreckend, wie unreflektiert man da lehrt, wie zynisch teilweise, wie apolitisch und praxishassend. Man wird bspw. regelrecht dazu gezwungen, in Begriffen von "Klient" und "Kunde" zu sprechen, "Ressourcen" von Kindern zu nutzen usw. Eigentlich eine abartige Sprache, um die ich immer versuche einen Bogen zu machen.

    Der gegenwärtige Zustand muß zudem im wesentlichen in den Himmel gelobt werden, weil einfach alles so toll ist und Kritik nur von berufsquerolanten kommt, die gar nichts zu tun haben und für die es tatsächlich einen ICD-10-Schlüssel gibt. Und bestimmt auch was aus dem DSM, das immer mehr normale menschliche Verhaltensweisen als verhaltensgestörte Eigenschaften sieht (seit dem DSM etabliert wurde, ist das bloße Seitenvolumen um mehr als 800% gewachsen - in 40 Jahren von 200 Seiten auf mehr als 1600 Seiten, alles voller Symptome, zb. "exzessives Klettern in unapassenden Situationen" = ADHS-Symptom usw. Keine Ahnung, wie man sein Kind noch zum Psychiater schicken kann.). Man kann sich auch kaum vorstellen, wieviel Bullshit da "wissenschaftlich" (man könnte auch wissentlich hinzufügen) erzeugt wird. Und was für ein Arschgekrieche die akademische Variante sozialer Arbeit ist.

     

    Die ganze Ausbildung ist ein Witz. In ihr überleben am besten Menschen mit folgenden Denkstrutkuren, die Adorno mal aufgezählt hat: "beflisseene Anpassung ans je Geltende, zweiwertige Aufteilung nach Schafen und Böcken, Mangel an unmittelbaren, spontanen Beziehungen zu Menschen, Dingen, Ideen, zwangshafter Konventionalismus, Glaube an Bestehendes um jeden Preis."

    die sehr kleine Menge der anderen, muß die Wahrheit einer Welt erzählen, die sie selbst für eine Lüge hält, nur um die Prüfungen zu bestehen. So oder so: man wird hier zur Lüge nicht nur gebildet, sondern gleich erzogen. Widerstand dagegen ist schwer und gefährlich, weil das Aufblitzen "falscher" Denkweisen (also solcher, die dem Zitat oben nicht entstsprechen) nachhaltig bestraft werden kann.

     

    Ich habe wegen dieser Ausbildung mir selbst das Verbot aufgelegt, Nietzsche zu lesen. Es ist einfach nicht möglich, dass ich mich dann nicht wahnsinnig aufrege, sei es denkend, sei es sprechend, d.h unvorsichtig werde, was meine "Tarnung" betrifft. Ich bin kein Überläufer, sondern Kundschafter, Spion. Nietzsche macht mich kurz gesagt einfach zu kritisch, so dämlich das klingt. Ihn zu lesen ist für mich eine echte Gefahr. Absurd, nicht? Aber wahr. Ich gestatte mir Nietzsche nur ganz selten und ganz kurz und fühle mich dabei eigentlich selbst völlig lächerlich, weil ich so ein Geschiss um Buchstaben machen muss.

     

    Das Problem solcher oben erwähnter Denkstrukturen ist aber auch gleichzeitig ein starker Grund, Widerstand dennoch zu üben, auch wenn es Grenzen gibt (für mich bspw Nietzsche lesen):

    "Derlei Denkstrukturen und Syndrome sind als solche, dem Inhalt nach, apolitisch, aber ihr Überleben hat politische Implikationen." (Erziehung zur Mündigkeit, S. 39) Schon diese Denkstrukturen nur scheinbar zu übernehmen, sie aber eigentlich zu unterwandern, heißt, sie zu zerstören.

     

    Angesichts der Macht das Gegeners ist das nicht viel, aber mehr als die meisten überhaupt bereit snd zu tun.

     

    Bis vor kurzem hielt ich noch das Ärztevolk für den feigsten Berufsstand der Welt, einfach weil sie total autoritätshörig sind und zudem viele Schandtaten mitmachen (zb. Folter). Mittlerweile frage ich mich, ob Sozialarbeiter als Massenvolk nicht fast noch feiger sind, denn sie sehen direkt, unvermittelt mehr gesellschaftlich erzeugtes Elend und kritisieren es so dermaßen selten, ja verbieten sich die Kritik aus teilweise absurd christlichen Motiven, meistens aber einfach aus derber Feigheit und konformistischem Duckmäusertum, das eigentlich eine Schande für die ganze Menschheit darstellt, denn diese Feigen kommen weiter als jeder Mutige in unserer komischen Welt.

     

     

    Ansonsten Gratulation zum Artikel, aber nicht zu den Gründen, deretwegen er nötig ist. Wegen dieser Gründe in dieser so verfahrenen Situation kann man eigentlich nur noch trauern, nicht klatschen.

  • A
    Anna

    Ich bin selbst schwerbehindert und habe mich über Ihren Satz "Arbeitgeber müssen gesetzlich ausnahmslos gezwungen werden, Menschen mit Behinderung zu beschäftigen" sehr geärgert. Ich kann mir kaum etwas Entwürdigenderes vorstellen, als meine Produktivität einem Menschen in den Rachen zu werfen, der dazu gezwungen wird, mich einzustellen. Viel wichtiger wäre es, Behinderte zu befähigen, selbst Arbeitgeber zu werden.

  • MZ
    Michael Ziegert

    Ach ja natürlich. Lebenshilfe, Caritas, Diakonie und all die freien Träger, die nicht selten Eltern-Gründungen sind - alles Beutelschneider. Allesamt nutzen Sie fies die Behinderung der Menschen aus, werden fett und fetter dabei und sind moralisch auf der gleichen Ebene angesiedelt wie die Sklaventreiber von Kinderarbeitern in Bangladesh. Abscheulich!

     

    Aber vielleicht gibt es ja auch eine andere Sicht der Dinge? Dass Inklusion eine gute Idee ist - aber ihre Zeit braucht? Alle begeistern sich für Inklusion in den Schulen - während es gleichzeitig immer noch Klassen mit mehr als 30 Schülern gibt, die der individuellen Entwicklung keinerlei Spielraum lassen. Aber Menschen mit geistiger Behinderung sind da gerade richtig aufgehoben?

     

    Und das ist dann auch in den Firmen so - alle sind dort fürsorglich und kollegial und achten freundschaftlich auf die individuellen Stärken und Schwächen ihrer Kolleginnen und Kollegen? Alles gesellschaftliche Harmonie-Biotope, die in gleicher Weise auch Schutzraum sind wie die Werkstätten für Menschen mit Behinderung jetzt?

     

    Fakt ist, das die meisten Menschen in Behindertenwerkstätten eine sogenannte geistige Behinderung oder eine psychsische Erkrankung (oder beides) haben. Da reicht es nicht, einen Betreuer an die Seite zu stellen und sie dann in die freie Marktwirtschaft zu schicken. Da braucht man schon geeignete Konzepte die auch sicherstellen, dass es beispielsweise nicht zu massenhaften Vereinsamungen kommt - was ja auch schon jenseits aller Behindertenthemen ein gesellschaftliches Problem ist.

     

    Also: Ja, wie schön wird es sein, wenn es eine 100prozentige Inklusion gibt. Aber das ist nicht mit Gutmenschentum und Hauruck zu machen, sondern mit kontinuierlicher, behutsamer Entwicklung. Pauschal gegen Behindertenwerkstätten zu wüten geht jedenfalls völlig am Thema vorbei - und ist eine Beleidigung für alle Menschen, die dort arbeiten, gleich ob behindert oder nicht.

  • H
    Harald

    Aus eigener Anschauung weiss ich, daß viele Geschäftsführer von Sozialen/Behinderteten-Organisationen ein wahres Luxusleben entfalten. Kein Wunder, verdienen sie doch mehr, als beispielsweise ein Minister im Landtag.

     

    Möglich wurde diese Entwicklung durch die 'closed shops' von Jugendhilfe-Ausschüssen, wo eben keine Krähe der anderen ...

     

    Und wehe, sie werden kritisiert: dann ergießt sich ein routiniertes Geschwalle von Gutmenschsprech in die Öffentlichkeit, die fehlende Anerkennung der schweren Aufgabe usw.usw.

  • HJ
    Hessie James

    Ihr Autor schreibt richtig: "Nichts ist wichtiger, als Umsätze zu steigern, Kapazitäten auszulasten, neue Märkte zu erschließen, Konkurrenten zu verdrängen und immer mehr Behinderte, die im neoliberalen Neusprech als "Kunden" oder "Nutzer" bezeichnet werden, für den geschlossenen Verwertungskreislauf von der Frühförderung bis zur Werkstatt, vom Behindertenheim bis hin zu den ambulanten Diensten und der anschließenden Pflege zu akquirieren." Er hat einen weiteren wichtigen Punkt nicht erwähnt. Nichts ist der "Behinderten-Industrie" außerdem wichtiger als das Geschäft mit Immobilien. Da werden Wohnheime abgestoßen oder Hotels gekauft, da wird ein VDK-Reha-Hotel erworben und zum Behinderten-Wohnheim umgewandelt. In Hessen gibt es die "Behindertenhilfe", die im Immobiliengeschäft tätig ist. Beschäftsführer ist ein ehemaliger SPD-Bürgermeister. Ähnlich investitionsstark ist ein "konkurrierendes" Unternehmen der Behindertenindustrie, das sich im Bau von Wohnungen und Häusern austobt.

  • A
    antiantiantianti

    Sehr geehrter Herr Kreuzer,

     

    nach dem zweiten Weltkrieg hat man wegen der vielen Verwundeten eine "Invaliden-Quote" in größeren Unternehmen eingeführt. Damit diese Menschen nicht ausgeschlossen wurden und auch einer Arbeit nachgehen konnten.

     

    Diese Quote ist bis heute unverändert und wurde mehrfach hinterfragt, um eine zeitgemäße und realistische Einbindung zu erreichen. Bis heute wird dies von sämtlichen Organisationen für Behinderte blockiert, man darf noch nicht einmal eine Statistik von schweren Motorradunfällen in die Diskussion einbringen ohne von einer Horde von Besserwissern als Nazi beschimpft zu werden. Eine vernünftige Betrachtung der Eignung für einen Job ist bis heute nicht möglich, der Arbeitgeber und der Arbeitsplatz sind nach der Person auszurichten. Es geht diesen Organisationen nicht um das Wohlbefinden oder der Menschenrechte dieser Menschen, es ist einzig und allein Klientelerhaltung.