piwik no script img

Daumsches Szenario

■ Der Geheimplan des Bayer-Brüters

Es wird folgendermaßen sein: Am 9. Mai, wenn die Bundesliga mit dem 34. und letzten Spieltag ausklingt, darf sich der 1. FC Kaiserslautern erstmals seit 1991 wieder deutscher Fußballmeister nennen, Karlsruhe, Bielefeld und Hamburg steigen ab – und Bayer 04 Leverkusen wird Zweiter. Was gleichbedeutend mit der Qualifikation für die Champions League ist. Und was bleibt für den großen FC Bayern München übrig? Die gewinnen am 16. Mai in Berlin gegen Duisburg immerhin den DFB-Pokal.

So in etwa dürfte das aussehen, was Leverkusens Trainer Christoph Daum derzeit ausbrütet. Zwar liegt die Werkself vom Niederrhein noch einige wenige Pünktchen hinter dem deutschen Rekordmeister, aus psychologischer Sicht spricht aber einiges für das Daumsche Wunschszenario.

Während die Bayern nämlich noch in drei Wettbewerben – Meisterschaft, Champions League, DFB-Pokal – um die Krone kämpfen und ob derlei Titelambitionen im eigenen Erfolgsdruck unterzugehen drohen, kann Leverkusen völlig befreit den kommenden Spielen entgegensehen. Dank einer Serie von 18 Bundesligaspielen ohne Niederlage ist nicht nur der Uefa-Cup-Platz praktisch sicher, auch Rang zwei scheint wieder erreichbar.

Diese Situation gibt natürlich Selbstvertrauen, und so äußerte Christoph Daum nach dem 2:1-Auswärtssieg seiner Mannschaft bei Hansa Rostock freimütig: „Platz zwei und die Champions League – das ist doch ein erstrebenswertes Ziel.“ Erstrebenswert in der Tat, jedenfalls für Leverkusen. Aber mit Sicherheit kein Muß. Für den Rivalen Bayern München dagegen schon.

Diese Situation will Leverkusen nun ausnützen und spekuliert darauf, daß die Münchener in der Bundesliga auch zukünftig regelmäßig stolpern. Siege wie gegen Rostock sollen den Noch-Tabellenzweiten nervös machen und „zusätzlichen Druck auf die Bayern ausüben“ (Stefan Beinlich).

Sollte es allerdings nicht mit der Champions League klappen, ginge in Leverkusen bestimmt nicht die Welt unter. Zudem, noch haben sie eine theoretische Chance, sich direkt über die Champions League zu qualifizieren. „Nach dem 1:1 ist Real so gut wie durch“, stapelte Christoph Daum, der allgemeinhin als Motivationskünstler in der Fußballbranche bekannt ist, zwar nach dem Viertelfinalhinspiel gegen Real Madrid tief. Ob seine Sätze wie „Da können nur noch übernatürliche Kräfte helfen“ oder „Eine Mannschaft von dieser Klasse läßt sich das nicht mehr nehmen“ seiner wahren Überzeugung entsprechen oder einmal mehr reine Taktik sind, sei dahingestellt.

Seltsam ist nur, daß er Ähnliches in der Bundesliga noch nie über den FC Bayern München gesagt hat. Gerald Kleffmann.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen