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■ DaumenkinoWillkommen im Tollhaus

Der deutsche Verleih hat dollhouse mit Tollhaus übersetzt. Das ist sehr gewagt: So wird aus Puppen, mit denen Elfjährige langsam nicht mehr spielen mögen, plötzlich Raserei. Dabei fließt die Zeit für Dawn Wiener (Heather Matarazzo) in ihrer Kleinstadt irgendwo in New Jersey nur zäh und depressiv dahin. Alles ist nichtig, die Gefühle drehen sich im Kreis; und aus den Kindermärchen sind bloß die langhaarigen Prinzen aus der 10. Klasse geblieben, die lieber Grunge-Bands gründen, als mit Heather das Zungenküssen zu üben.

In bleiernen Bildern entwickelt Todd Solondz eine Parodie auf Teen-Komödien, deren Übertreibung den Eindruck von Stillstand noch fördert. Alle Kinder sind bei ihm hübsch häßlich, mit Kassenbrillen so groß wie Bildröhren und Kleidern, die man in keiner Flohmarktkiste ähnlich grell kombiniert wiederfindet. Passend zu diesen blinden Flecken im Geschmack reden die Teenies oft und ungelenk über Sex, den sich Jungs und Mädchen gleichermaßen nur als Vergewaltigung vorstellen können. Ein bißchen „Natural Born Killers“ schwingt auch bei Solondz stets mit – dann fügen sich die Mißhandlungsphantasien in die Wirklichkeit ein, und Heathers kleine Schwester wird von einem Mann im Mantel ständig durch die Gegend geschleppt. Eltern weinen, das Fernsehen filmt, alles wird aber gut, und nur Heather bleibt traurig.

Seltsamerweise kontrastiert der white trash fast poetisch mit der Suche nach Liebe, die in Willkommen im Tollhaus stets in verträumten Sequenzen eingefangen wird, um dann brutal als Illusion zu zerplatzen. Immer wieder schaut Heather wankelmütig in den Spiegel, ob sich nicht doch ein bißchen Weiblichkeit an ihr entwickelt hat, und der schaut betroffen zurück. Der 36jährige Solondz jedenfalls wird für seine Abrechnung mit der Pubertät heftig geliebt: Sein Film gewann beim Sundance-Festival den Großen Preis der Jury. Harald Fricke

„Wilkommen im Tollhaus“. Regie: Todd Solondz. Mit Heather Matarazzo, Brendan Sexton Jr., Matthew Faber u.a. USA 1996, 87 Min.

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