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■ DaumenkinoKrieg der Insekten

Nun sieht Woody Allen hinter seiner Taucherbrille ja schon in seinen eigenen Filmen aus wie ein Insekt. Da ist dann die Überraschung nicht so groß, daß der New Yorker Vorzeigeneurotiker seine Stimme und Physiognomie dem Ameisenprotagonisten in „Antz“ überläßt, dem nach „Toy Story“ überhaupt erst zweiten komplett computeranimierten Spielfilm.

Das Spielchen mit dem Image aus dem Realfilm funktioniert auch in der deutschen Fassung, weil Allen und die Kollegen Sharon Stone, Gene Hackman, Sylvester Stallone, Anne Bancroft, Christopher Walken und Jennifer Lopez von ihren bekannten Synchronstimmen gesprochen werden.

So ist die Geschichte der ständig nörgelnden Arbeiterameise Z-4195, Spitzname: Z, die sich zu Höherem berufen fühlt, nicht nur ein netter Nachmittagsspaß für Kinder, sondern durchaus erwachsenenkompatibel und lesbar als neuester Remix des uralten Liebe-ist-stärker-als-alle- Klassenschranken-Themas. Angelehnt an klassischen Screwball wie „Es geschah in einer Nacht“ werden Z und Prinzessin Bala zusammengeworfen, hassen sich, raufen sich notgedrungen zusammen und finden die Liebe, die sich dann gegen widrige Umstände, aka abgegebene Heiratsversprechen, durchsetzen muß. Außerdem ist es tatsächlich auch noch ein Woody-Allen-Film und beginnt auf einer Therapeutencouch, wo Z klagt, er sei das „mittlere Kind in einer Familie von fünf Millionen“.

Der Crossover über die Generationen ist ein gewohnt cleverer Schachzug der Spielberg/Geffen/Katzenberg-Produktionsfirma Dreamworks. Die Weltpremiere war nicht zufällig für Ende September terminiert, wenige Wochen bevor Disney zum Weihnachtsgeschäft seine jährliche Gelddruckmaschine auf die Leinwände bringt. Die ist ebenfalls völlig computeranimiert, heißt „A Bugs Life“ und macht Insekten zu Filmstars. Was für ein Zufall.

Disneys letztjähriges Animationsmonster „Herkules“ war ebenso durchschnittlich wie seine Vorgänger „Pocahontas“ und „Der Glöckner von Notre Dame“, hatte es aber erstmals mit ernsthafter Konkurrenz, „Anastasia“ von der Fox, zu tun. Sollte „A Bugs Life“ nicht wesentlich besser sein, dürfte Disneys Vorherrschaft auf dem Animationsmarkt erstmals ernsthaft in Frage gestellt werden. Thomas Winkler

„Antz“. USA 1998, 83 Min.

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