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■ DaumenkinoDu bist tot

Wenn Rhys Ifans, den seit „Notting Hill“ alle mögen, die Mundwinkel bis zu den Ohren hochzieht, grinst er genauso lustig wie Eric Idle von den Monthy Pythons. Und weil die heuer ihr Dreißigjähriges feiern und damit auch alle merken, dass „You are dead“ ebenso komisch und skurril und britisch ist, grinst Rhys Ifans in „You are dead“ ganz besonders viel. Setzt sich dazu eine Melone auf den Kopf und probt alberne Gangarten. Das ist lustig, ist es nicht? Es ist, in der Tat, aber dreißig Jahre danach stellt sich die Frage, ob wir „You are dead“ nicht den eigenen Titel nicht um die Ohren hauen müssen. Denn wer oder was ist hier eigentlich tot?

Zunächst mal die vielen Leichen, die am Ende eines sich ganz ulkig anlassenden, aber von Ifans und seinen kriminellen Kollegen völlig verplanten Bi-Ba-Banküberfalls überall rumliegen. Aber auch der wirre und mühsam vom Schluss her rekonstruierte Plot, der im Laufe einer mehrtägigen Geiselnahme von einer Komödie zum blutrünstigen Thriller mutiert, ein Genremix, der den Jungfilmer Andy Hurst sichtlich überfordert. Und schließlich ist da eben diese leichenstarre Anbiederung an verblichene Vorbilder, die sich allen per Zitat betriebenen Wiederbelebungsversuchen hartnäckig widersetzen.

In irgendeiner Ecke dieses Schlamassels dürfte beispielsweise ganz zerknautscht die gleichermaßen den Pythons wie Kubricks „Clockwork Orange“ geklaute Melone liegen, die den durch nichts vermittelten Bedeutungswandel vom Symbol schrulliger Englishness zum Omen nackter Gewalt einfach nicht überlebt hat. Zwar sind der Bankraubfilme, die Hurst hier ausgeweidet hat, sonder Zahl, doch leider hat der Bankraub als Strategie des perfekten Verbrechens im Zeitalter elektronischer Kapitalströme kinematografisch in etwa genauso abgedankt wie der Überfall auf die Postkutsche.

Der kleine Andy will eben nur mit all den bunten Bildern, die ihm Mama früher zu gucken erlaubt hat, ein knalliges Retrofeuerwerk abbrennen, das ihm schon in der Hosentasche explodiert. Schade für ein paar glänzende Schauspieler, die nun gleich mit hochgehen. Dabei wurde der gute John Hurt, der hier als Gentlemangangster die albernsten Kostümierungen über sich ergehen lassen muss, offenbar bloß deshalb eingekauft, weil er seit jeher diesen unsichtbaren „Buy British“-Aufkleber auf der Stirn trägt. Außer ihm dürfte höchstens noch Michael Caine in eine englische Bank einbrechen. Aber die ganze Englishness ist hier sowieso eine Mogelpackung. Gedreht wurde in Deutschland, und der punkige Titelsong ist von den Toten Hosen. Kein Wunder also, dass „You are dead“ so ziemlich das Gegenteil von Punk ist: mausetot, aber riecht noch nicht mal komisch. Philipp Bühler

„You are dead“, Regie: Andy Hurst, mit John Hurt, Rhys Ifans, Claire Skinner, UK/D 1999, Min.

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