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Datenschutz bei Street ViewGoogle soll Bilder genehmigen lassen

Verbraucherministerin Ilse Aigner will Google dazu zwingen, sich alle Aufnahmen für das "Street View"-Projekt von den betroffenen Bürgern genehmigen zu lassen. Die Linke nennt die Idee unglaubwürdig.

In Sydney fotografiert Google auch vom Fahrrad aus, um alle Straßen zu erfassen. Bild: ap

BERLIN dpa | Bundesverbraucherministerin Ilse Aigner (CSU) hat den US-Konzern Google kritisiert und will gegen dessen Aufnahmen von Straßen und Häusern für das Internet vorgehen. Sie stehe in Kontakt mit dem Innenministerium, um "rechtliche Schritte und mögliche Gesetzesänderungen zu prüfen", sagte Aigner dem Magazin Focus.

Sie wolle das bisherige Verfahren umdrehen: Nicht die Bürger sollten einer Veröffentlichung ihrer privaten Daten widersprechen müssen, sondern Google solle verpflichtet werden, Genehmigungen einzuholen. Das Unternehmen will die Bilder aus Deutschland nach Angaben einer Sprecherin im letzten Drittel dieses Jahres online stellen.

Aigner bewertete die Aufnahmen von "Google Street View" als "millionfache Verletzung der Privatsphäre". Für den Internetdienst werden komplette Straßenansichten abgefahren und fotografiert. Vor knapp einem Monat hatte bereits Bundesjustizministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger Google mit einem verschärften Datenschutzgesetz gedroht. Umstrittene Dienste wie auch "Google Earth", der Grundstücke aus der Vogelperspektive zeigt, seien "rechtlich unbedingt prüfenswert", sagte die FDP-Politikerin. Aigner begrüßte, dass auch das Justizministerium Handlungsbedarf sieht.

Google wies die Kritik zurück. Für "Street View" seien in Deutschland bereits seit mehr als einem Jahr im Einklang mit den Datenschutzbehörden Fotos aufgenommen worden. "Die Datenschützer haben uns gewisse Dinge mit auf den Weg gegeben", sagte Google- Deutschland-Sprecherin Lena Wagner. So würden Gesichter und Kennzeichen unkenntlich gemacht. Jeder Nutzer habe zudem die Möglichkeit, Widerspruch gegen Abbildungen seines Hauses einzulegen, die vor der Einführung entfernt werden sollen. Davon hätten bislang "einige Hundert" Gebrauch gemacht.

Bilder deutscher Städte und Gemeinden sollen noch dieses Jahr zum ersten Mal im Internet zur Verfügung stehen. "Nur kleinere Regionen sind noch nicht erfasst", sagte Wagner. Diese Aufnahmen sollen bei guter Wetterlage ab März starten. Dabei ist eine Kamera in 2,50 Meter Höhe angebracht, so dass auch über Hecken und Zäune fotografiert werden kann. In Europa sind unter anderem bereits Aufnahmen von Städten in Frankreich, Großbritannien, Italien, Schweiz und den Niederlanden online zu sehen.

Bundestagsvizepräsidentin Petra Pau (Linke) nannte Aigners Kritik unglaubwürdig: "Denn der Google-Konzern krankt an derselben Datensammelwut wie die deutsche Bundesregierung bei der Vorratsspeicherung aller Telekommunikationsdaten", sagte die Innenexpertin ihrer Fraktion in einer Mitteilung.

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9 Kommentare

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  • PD
    Peter Debik

    Kennt Ihr schon time-o-rama.com? Da gibt es jetzt schon aus Deutschland zigtausende Fotos und sogar Soundaufnahmen. Der Clou ist, dass die Fotos nicht dem Betreiber gehören, sondern die Mitmacher selbst jeder für sich entscheidet, was sie aus ihrer Nachbarschaft ablichten und was nicht.

  • WK
    Werner Köhler

    Es ist selbstverständlich rechtens, irgendwo im öffentlichen Raum Gebäudefotos zu machen, egal ob als Tourist, als Fotograf oder als Konzern. Selbstverständlich darf man auch die Allianz-Arena fotografieren und sogar vermarkten, solange dies von öffentlichem Raum aus geschieht und das Allianz-Logo nicht das Hauptmotiv ist. Personen und Autokennzeichen dürfen auch bereits jetzt nicht veröffentlicht werden. Und in Gärten kann man heute schon reingucken, nämlich sogar von oben mit Google Maps, worüber sich nie jemand aufgeregt hat. Auch die Städte bieten Luftbildatlanten an. Selbstverständlich kann man damit auch einen Einbruch oder einen Atombombenangriff planen.

     

    Was wird aber zukünftig sein, wenn ich irgendwo Gebäude fotografiere und ins Web stelle? Wiewiele Fotos beinhalten Gebäude und wieviele davon stehen im Web? Was kommt dann? Abmahnung? Prozesse? Bürokratie? Einige Städte planen bereits eine Art Fotosteuer. Die angestrebten Regelungen laufen de facto auf ein öffentliches Fotografierverbot hinaus, und das hatten wir noch nicht einmal in der DDR! Wer schützt uns vor diesen Verbraucherschützern? Und warum kümmert sich Frau Aigner nicht um ELENA, Onlineüberwachung und kommunale Videokameras auf öffentlichen Plätzen?

  • G
    Gegenversuch

    Ich schlage jedem Befürworter von Street-View folgendes vor.

     

    Machen Sie ein Bild vom Google Gebäude und stellen Sie dieses ins Internet. Am bessten legen Sie einen Link auf das Gebäude der kommerziell wirkt. Das Bild haben Sie ja dann auch aus dem öffentlichen Raum gemacht.

     

    Googel wird Ihnen die Nutzung vom Bild des Gebäude untersagen. So gut sollten wir alle Google kennen.

     

    Warum glaubt Google etwas machen zu dürfen was für alle anderen verboten ist.

  • G
    G-H-L

    Also da wird etwas als "millionenfache Verletzung der Privatsphäre" angeprangert, was eigentlich jeder Mensch mit einer Augenhöhe von 2,5 m oder als Fahrer (Beifahrer) eines entsprechend hohen Autos auch sehen oder fotographieren kann.

    Nicht wenige Politiker fordern eine Ausweitung der Videoüberwachung. Aber wer achtet hier auf die sog. Privatsphäre etwaiger Anwohner?

     

    Was mich besonders ärgert: Bei Google Streetview will man, daß jeder Bürger vorher seine Einwilligung für die Fotos oder deren Veröffentlichung geben muß. Meine Adressdaten jedoch dürfen jederzeit und von jederman verschachert werden. Und das obwohl ich nie eine Einwilligung hierfür gegeben habe. Im Gegenteil will ich diesen Datenhandel verhindern muß ich dies explizit jedem Datenhändler einzeln untersagen.

  • EG
    Es geht um was anderes

    Google verdient mit dem Bild von meinem Eigentum Geld. Dieses ohne mich zu beteiligen bzw eine Genehmigung zu haben.

     

    Darum geht es und um sonst nichts! Man stelle sich vor einer von uns macht ein Bild von der Allianz Arena und macht daraus Geld, eine Abmahnung per Anwalt wäre ruck zuck im Briefkasten.

  • C
    clementine

    Hier gibt es die Vorlage für den Widerspruch gegen google street view:

     

    http://www.datenschutzbeauftragter-online.de/streetview-widerspruch-google-hat-geantwortet/

  • A
    Albrecht
  • T
    Thomas

    Wie kommt man denn bitte vom Thema Google > Streetview > Urheberrecht zu Schäuble > Stasi > DDR ??? Gehts noch?! Kommentar ist hier fehl am Platz. Und nun zum Thema. Wenn die Gesichter usw verfremdet werden ist es doch vollkommen ok. Schließlich kann ich doch auch aus dem Fenster auf die Straße schauen und keiner stört sich daran!

  • FT
    Fritz Teich

    Die Linke kann nicht differenzieren. Vorratsdatenspeicherung durch den Staat und Photos sind doch wohl nicht ganz das gleiche. Aber das ist die Linie: "Der Zweck darf nicht schon wieder die Mittel heiligen", als ob die Zwecke von Schaeuble und Co die gleichen waeren als die der Stasi. Der Versuch des Dummenfangs, wenn nicht der Versuch, die Zwecke der DDR zu relativieren.