Datenmessung beim Rodeln: Alle zwei Millimeter Daten
Die deutschen Rodler können mit Hilfe eines Autokonzerns erstmals jede Fahrt vermessen. Dadurch wollen sie ihre Dominanz ausbauen.
Später präsentierte Loch mit dem Juniorenweltmeister Julian von Schleinitz die neueste Errungenschaft der deutschen Rodler. Gemeinsam mit der Motorsportabteilung von BMW haben sie ein Messsystem entwickelt, das ihnen die Suche nach der Ideallinie erleichtert. „In manchen Passagen wissen wir nicht, was schneller ist“, sagt der elffache Weltmeister, „sollen wir eine Welle fahren oder den Schlitten zwingen, auf einer Höhe zu fahren?“
Rennfahrer Marco Wittmann ist es von Beginn seiner Motorsportkarriere gewohnt, dass er anhand von Daten ablesen kann, wo er wie schnell war. Die Rodler haben seit 50 Jahren dasselbe System. Am Start lösen sie über eine Lichtschranke die Zeitnahme aus, im Ziel stoppen sie die Uhr, wieder durch eine Lichtschranke. Dazwischen gaben Zwischenzeiten nur unzureichend Aufschluss über die Güte der Fahrt. Trainer beobachteten deshalb an Schlüsselstellen die Läufe und gaben Korrekturen. Mehr oder weniger exakt.
Weil eine Auswertung von GPS-Daten wegen der mit Stahlbeton überbauten Kurven nicht möglich ist, wurden an den Schlitten Beschleunigungs-, Drehraten- und Temperatursensoren angebracht. Nun können die Läufe verglichen werden, weil alle zwei Millimeter Daten erfasst werden. „Unser Ziel ist es, den perfekten Lauf hinzubekommen“, verrät Loch, „auch wenn das eigentlich fast nicht möglich ist.“ Dabei hilft es natürlich, die Ideallinie zu kennen. Wobei es die eine Ideallinie nicht gibt, behauptet Hackl. Diese sei individuell von der Geschwindigkeit und der Masse des Fahrers abhängig.
Sebastian Meyer, der verantwortliche Renningenieur des Projekts, wurde vor mehrere Herausforderungen gestellt. Zunächst waren dies die engen Platzverhältnisse. Und auch die wenigen Trainingsfahrten. „Während Marco bei Testfahrten mehr als 100 Runden abspult“, vergleicht Meyer, „haben die Rodler aufgrund der enormen Belastung nur vier oder fünf Fahrten am Tag.“ Das Spannende sei nun, aus den geringen Datenmengen das Maximale herauszuholen. Initiator Julian von Schleinitz, Student für Ingenieurwissenschaften und als Rodler hinter Loch und Ralf Palik die Nummer drei im erfolgsverwöhnten deutschen Kader, sieht sich nach den ersten Trainingsfahrten in seiner Einschätzung bestätigt: „Was die Fahrlinie betrifft, können wir das Rodeln auf ein höheres Niveau heben.“
Rodler Ralf Palik
Ausgiebig Daten konnten Meyer und die Rodler in der vergangenen Woche bei der Trainingswoche auf der Olympiabahn in Innsbruck-Igls sammeln. Diesen Eiskanal hat BSD-Vorstand Thomas Schwab neben den vier deutschen Bahnen zwar als „Heimbahn“ bezeichnet, doch die nur 1.270 Meter kurze Eisrinne gilt als leicht zu fahren. Im Vorfeld der Ende Januar stattfindenden Weltmeisterschaft können schon Kleinigkeiten helfen, die Dominanz bei Titelkämpfen abzusichern.
Diesen Vorsprung wollen nicht nur die Rodler haben. Auch die Bobfahrer und Skeletonis haben bereits ihr großes Interesse bekundet, dass sie dieses System auch verwenden dürfen. Dieses System auch anderen Nationen zur Verfügung zu stellen ist momentan nicht geplant. Dagegen wird bereits eine Erweiterung der Messungen, bei denen das Reibverhalten der Kufen auf dem Eis untersucht wird, angedacht.
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