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Datendiebstahl bei der HSBC-BankSchweiz stellt Ultimatum

Frankreich und die Schweiz im "Wirtschaftskrieg": Nach einem spektakulären Datendiebstahl stellt die Schweizer Regierung die versprochene Lockerung des Bankgeheimnisses wieder infrage.

HSBC-Bank, hier in London. Bild: reuters

PARIS taz | In wenigen Tagen entwickelte sich der spektakuläre Fall von Datendiebstahl durch einen IT-Angestellten bei der HSBC Private Bank in Genf zu einer politischen und diplomatischen Krise. Von einem "Clash" und gar von einem "Wirtschaftskrieg" schreiben französische Zeitungen. In einem "Ultimatum" hat das Berner Justizdepartement nun von Paris verlangt, die entwendeten Daten vor dem 25. Dezember zurückzuerstatten.

Andernfalls, drohen die über den größten Datenklau in ihrer Bankgeschichte erbosten Eidgenossen, werde die Schweiz die Pariser Behörden wegen Nichteinhaltung der Europäischen Konvention über Rechtshilfe in Strafverfahren verpetzen.

Am Mittwoch hatte die Schweiz bereits erklärt, sie wolle die Ratifizierung des im Juli mit Frankreich unterzeichneten Doppelbesteuerungsabkommens auf Eis legen, das den OECD-Normen über Transparenz und Kooperation in Steuerverfahren angepasst wurde. Denn es sei nicht akzeptabel, dass die Steuerbehörden des Nachbarstaates illegal beschaffte Unterlagen verwendeten.

Der französische Haushaltsminister Eric Woerth vertritt die Meinung, er habe die Informationen über französische Steuerpflichtige mit Bankguthaben in der Schweiz von der Justiz – und somit völlig legal – erhalten. Nicht alle in Paris teilen freilich diesen Standpunkt.

So hatte der Chef der Parlamentarier der Regierungspartei UMP, Jean-François Copé, gemahnt, der Zweck der Steuerfluchtbekämpfung heilige nicht alle Mittel. Auch Wirtschaftsministerin Christine Lagarde soll für eine Rückerstattung der gestohlenen Daten an die Genfer Bank sein.

Diese werden langsam zu einer heißen Kartoffel für die französischen Behörden. Laut dem Staatsanwalt von Nizza, der die Computer des mutmaßlichen Datendiebs Hervé Falciani mit dessen Hilfe entschlüsselt, geht es um Angaben zu rund 130.000 Konten von Kunden aus aller Welt. Er nutzt sie nun zu Ermittlungen über eventuelle Geldwäsche im Zusammenhang mit Drogenhandel.

Ob die Daten geklaut sind oder nicht, geht ihn nichts an. Er beruft sich auf den ausdrücklichen Wunsch der Schweizer Justiz. Diese hat ihn nicht nur aufgefordert, Falciani festzunehmen und dessen Daten zu beschlagnahmen, sondern lieferte auch Stichwörter, um die Datenauswertung zu erleichtern.

Der Datenklau hat vor allem in bürgerlichen Parteikreisen in Bern einen Sturm der Empörung ausgelöst, der die sieben Bundesräte zum Handeln veranlasste. Der mühsam ausgehandelte Prozess der Anpassung an den internationalen Standard der Kooperation bei Steuerbetrug und -hinterziehung gerät ins Stocken.

Zudem beschuldigen die Schweizer die französische Regierung, sie lüge bezüglich der Beschaffung der fraglichen Daten. Wahrscheinlich aufgrund einer polizeilichen Überwachung, sagt die Bundesanwaltschaft, habe Falciani den französischen Steuerfahndern sein Wissen schon im Sommer 2008 angeboten.

Auch in Frankreich scheint man sich nun bewusst zu werden, dass die Affäre um die gestohlenen Daten diesen Verteidigern eines strikten Bankgeheimnisses unnötigerweise einen Vorwand geliefert hat, das Rad zurückzudrehen - und dabei auch noch selbstgerecht auf die Moral zu pochen.

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