Das war die Woche in Berlin I: Die Latte hoch gelegt
Bis Jahresende will die neue Sozialsenatorin Elke Breitenbach Geflüchtete aus Turnhallen in bessere Unterkünfte umsiedeln. Ein ehrgeiziger Zeitplan.
Wow, da hat sich jemand gleich zu Beginn seiner Karriere als Mitglied der neuen Berliner Landesregierung die Latte ziemlich hoch gelegt. Dass die neue Sozialsenatorin Elke Breitenbach die Flüchtlinge aus den Turnhallen holen will, hatte sie schon direkt nach ihrer Ernennung als ihr dringendstes Ziel genannt. Anfang der Woche hat sie nun auch eine zeitliche Zielvorgabe gemacht: Bis Jahresende soll die Umsiedlung in erträglichere Unterkünfte beendet sein.
Das Gleiche hatte auch Breitenbachs Vorgänger schon angekündigt – und zwar bereits vor einem halben Jahr. Geschafft hat er es nicht: Immer noch leben fast 3.000 Geflüchtete in Turnhallen, darunter Kinder, Alte, Kranke, Schwangere. Manche wohnen dort seit über einem Jahr.
Der CDU-Politiker Mario Czaja hat die zügige Bereitstellung lebensfreundlicherer Unterkünfte nicht organisieren können. Er bekam das Chaos der unter ihm dafür zuständigen Behörde nicht in den Griff.
Nun ist Czaja weg, das Chaos ist geblieben. Elke Breitenbach, eigentlich vor allem Nachfolgerin von Dilek Kolat (SPD) als Arbeits- und Integrationssenatorin, hat das Ressort Soziales und damit die Verantwortung für die Flüchtlingsunterbringung von Mario Czaja noch zusätzlich übernommen.
Die bisherige sozialpolitische Sprecherin der Linksfraktion im Abgeordnetenhaus weiß sehr genau, worauf sie sich einlässt: Sie hat das Elend der Flüchtlingsunterbringung à la Czaja von der Oppositionsbank aus begleitet und kritisiert. Die Probleme bei der Beschaffung anderer Unterkünfte und das Chaos in der zuständigen Behörde sind ihr gut bekannt.
Gerade deshalb mutet die selbst gestellte Zeitvorgabe der neuen Senatorin nahezu waghalsig an. Hätte Breitenbach angekündigt, dass die Turnhallen in sechs Wochen wieder frei sind, wäre ihr im Erfolgsfall immer noch viel Applaus zuteil geworden. Dass sie sich selber die Latte so hoch legt, offenbart, mit welchen hohen Ansprüchen an sich selbst die neue Senatorin ins Amt geht.
Es ist nicht zuletzt den Geflüchteten in den Turnhallen zu wünschen, dass sie diese auch erfüllen kann.
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