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■ Chinas Rechtshüter: Korruption ist schlecht für die KPDas läuft doch wie geschmiert

„Chinas Prinzen zittern!“ „Geht es Deng Xiaoping schon so schlecht?“ „Der Machtkampf tobt!“ So oder ähnlich waren die Reaktionen, als kürzlich bekannt wurde, daß der 41jährige Leiter der Hongkonger Filiale eines Pekinger Großkonzerns in China festgenommen worden war. Die offizielle und äußerst vage gehaltene Beschuldigung: Es gehe um Wirtschaftsverbrechen. Damit konnte nur Korruption oder Unterschlagung gemeint sein, mutmaßten die internationalen und Hongkonger Zeitungen und begannen zu recherchieren. Das taten ganz gewiß auch einige JournalistInnen in China, die sich beim Schreiben aber besser zurücknehmen und abwarten, welche Wahrheit ihre Chefs für opportun halten. Schmiergelder in mindestens zweistelliger Dollarmillionenhöhe seien in die Taschen des Festgenommenen und seiner Komplizen geflossen, hieß es. Na und?

An sich war die Nachricht, daß ein hochrangiger chinesischer Funktionär korrupt ist, so aufregend wie das berühmte „Hund beißt Mann“. Interessant wurde sie nur, weil sich die chinesische Justiz ungewöhnlich verhielt und den Geschäftsmann festnahm. Denn dieser gehört zu der geschützten Spezies der „roten Prinzen“, wie die Söhne – und Töchter – der Partei- und Staatsführer allgemein genannt werden. Polizisten und Richter belästigen solche Leute nur, wenn sie deren hochrangige Väter oder Gönner nicht mehr fürchten. Da unser Mann aber einen loyalen Kampfgefährten und Vertrauten des sterbenden Deng Xiaoping zum Vater und einen Sohn Dengs zum Geschäftspartner hat, mußte er sich eigentlich absolut sicher fühlen. Seine Verhaftung ließ daher kaum einen anderen Schluß zu, als daß Dengs Familie bereits abserviert wird.

Als Chinas Präsident des Obersten Gerichtshofes gestern vor dem handverlesenen Parlament des Landes davon sprach, daß Partei- und Staatsbeamte bis in die Spitzen korrupt sind, haben die Delegierten des Volkskongresses nur bestätigend genickt. Daß die verbreitete Bestechlichkeit der Herrschaft der Partei schadet und die Untäter künftig härter bestraft werden sollen, kann ihnen aber nur ein Gähnen wert gewesen sein. So was sagt die Parteiführung spätestens seit 1989 ununterbrochen, mal lauter, mal leiser. Sie weiß sehr wohl, daß die Proteste vor sechs Jahren sich am Ärger der Bevölkerung über die Korruption und Willkür der Führung entzündet haben und nicht etwa am Wunsch nach Demokratie. Sie hat daraufhin sogar im ganzen Land Beschwerdestellen eingerichtet und ab und zu einen Feigenblatt-Funktionär hinrichten lassen. Vor allem aber hat sie Slogans verbreitet, von traditionellen, sozialistischen und anderen ihr teuren Werten gesprochen.

Dafür zu sorgen, daß es unabhängige Richter und Anwälte gibt, kommt ihr aber nicht in den Sinn. Im Gegenteil: Jeder, der das einzig nützliche Heilmittel zur Bekämpfung von politischer Willkür und Korruption – Rechtsstaatlichkeit – fordert, wandert in den Knast. Jutta Lietsch

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