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„Das hätte den Wow!-Effekt“

Die Initiative „Die Bundespräsidentin!“ möchte eine Frau im höchsten Amt der Bundesrepublik sehen. In einem offenen Brief an den rot-grünen Kandidaten Johannes Rau bittet sie ihn heute mit Charme und Taktik zum Verzicht  ■ Aus Berlin Patrik Schwarz

Herr Joop, unterstützen Sie eigentlich gerne ein aussichtsloses Anliegen? Durch den Telefonhörer ist ein vergnügtes Glucksen zu hören. „Das habe ich schon öfter getan.“ Diesmal wirbt der Modemacher nicht für ein Wohltätigkeitsprojekt. Vom südlich-sonnigen Monaco aus mischt Wolfgang Joop sich in die wichtigste Personalentscheidung ein, die 1999 im rheinisch-grauen Bonn ansteht: die Wahl des Bundespräsidenten.

Joop wünscht sich eine Frau in dem Job und gehört damit zum Kreis der etwa 500 Unterstützer der Initiative „Die Bundespräsidentin!“. Mit einem offenen Brief wendet sie sich heute an Johannes Rau, den rot-grünen Kandidaten für die Nachfolge von Bundespräsident Herzog. Charmant verpackt schlägt die Initiative Rau vor, auf die Kandidatur zu verzichten, damit erstmals in der Geschichte der Bundesrepublik eine Frau an die Staatsspitze gewählt werden kann: „Sie und wir wissen, verehrter Johannes Rau, daß die Berliner Republik zu diesem Zeitpunkt eines solchen mutigen Schrittes bedarf. Diesen Mut trauen wir Ihnen zu!“

Das demonstrative Vertrauen ist nicht frei von taktischen Erwägungen. „Wir versuchen natürlich, ihm eine goldene Brücke zu bauen, so daß er mit Anstand nein sagen kann“, räumt Joop ein. „Sehr im Stil des Johannes Rau“ habe die Initiative den Brief gehalten, erklärt die Hamburger Präsidentin der Hochschule für bildende Künste, Mitinitiatorin Adrienne Goehler. In Anlehnung an Raus Slogan aus seinem Wahlkampf als SPD- Kanzlerkandidat 1987 soll dem 67jährigen die Rolle eines feministischen Vorbilds schmackhaft gemacht werden: Sein Amtsverzicht würde „die Geschlechter versöhnen statt spalten“.

Es hat bisher nicht an Versuchen gemangelt, den früheren Ministerpräsidenten von Nordrhein- Westfalen als Präsidentschaftskandidaten der SPD zu verhindern: Zu alt sei er und kein Symbol für rot- grünen Aufbruch, als Mann und als Wessi verkörpere er eine doppelte Antiquote. Alle entsprechenden Bemühungen scheiterten. Entsprechend konzentriert die Initiative ihre Anstrengungen auf den Kandidaten selbst. Ob Rau, immerhin Vater eines kleinen Kindes, sich verlocken läßt, einen persönlichen Beitrag zu leisten, „die Arbeitsteilung zwischen Männern und Frauen neu (zu) gestalten“, wie der Brief ihm nahelegt?

Wolfgang Joop kann sich das nicht so recht vorstellen. „Ich glaube nicht, daß er auf uns hört“, meint er zu den Erfolgsaussichten der Initiative, „er ist zu positionsgeil“. Auch Goehler sieht Rau kritisch, kreidet ihm nicht zuletzt an, bereits bei der letzten Bundespräsidentenwahl 1994 eine Frau verhindert zu haben. Hätte Rau im dritten Wahlgang wegen offenkundiger Chancenlosigkeit darauf verzichtet, erneut anzutreten, hätte statt Roman Herzog von der CDU die FDP-Kandidatin Hildegard Hamm-Brücher siegen können.

In Joops Äußerungen ist vom diplomatischen Tonfall des offenen Briefes wenig zu spüren. Rau sei ihm weder sympathisch noch unsympathisch, beteuert er, „aber in seiner Physiognomie, da ist viel Vereinsmeierndes drin. Die Position des Bundespräsidenten hat doch auch etwas Glamouröses!“ Gerade deshalb sei eine Frau die Idealbesetzung. „Wenn eine Präsidentin etwas Ungewöhnliches macht, hätte das sofort den Wow!- Effekt.“

Vor das „Wow!“ jedoch hat das Grundgesetz die Wahl gesetzt. Und wenn Rau nicht freiwillig verzichtet, bliebe der Initiative „Die Bundespräsidentin!“ nur die Chance, den Kandidaten durch öffentlichen Druck zum Aufgeben zu bewegen. 1994 hatte Kanzler Kohls Favorit für die Präsidentschaft, Steffen Heitmann, abtreten müssen, weil er mit seinen rechtslastigen Kommentaren auch in CDU-Reihen Unbehagen ausgelöst hatte. Wer in Bonn die verbunkerte Position einer Partei knacken will, tut gut daran, sich die Unterstützung von Parteipartisanen zu sichern. Hier liegt die entscheidende Schwäche der Initiative gegen Rau: Entstanden nach einem Kongreß der Grünen-nahen Heinrich-Böll-Stiftung zu 30 Jahren Feminismus, hat sie zwar ein buntes Spektrum von Unterstützern gefunden, doch findet sich darunter kein einziger prominenter SPDler.

Ein Grundprinzip politischer Taktik beherzigt die Initiative immerhin: Bloß keine Kandidaten nennen. Um dennoch einen Vorgeschmack zu geben, an welches Kaliber Frau sie denken, schwärmen sie von Melina Mercouri, die einst griechische Kulturministerin wurde, oder den Schrifstellerinnen Isabelle Allende und Orianna Fallaci. Wolfgang Joop fällt sogar Argentiniens Evita Peron ein, „wegen des Show-Effekts“, wie er sagt.

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