: Das gelüftete Geheimnis der Olympiasiegerin
■ Oder eine Eiskunstlaufkür mit pazifistischer Gesinnung von Katarina Witt
Das lang gehütete Geheimnis ist gelüftet: Doppel-Olympiasiegerin Katarina Witt will bei ihrem Comeback bei den Eiskunstlauf-Amateuren mit einem Evergreen frischen Ruhm ernten. Die Musik des Marlene Dietrich Liedes „Sag' mir, wo die Blumen sind“ wird das Ton-Thema ihrer Kür werden. Kein Geringerer als Kurt Masur, der Leiter des Leipziger Gewandhaus Orchesters, hat ihr mit Rat und musikalischer Tat bei diesem Projekt geholfen. Dies wurde am Rande des Nations Cup in Gelsenkirchen bekannt. „Es soll ein Kunstwerk auf dem Eis werden“, hat sie vor ihrer neuen Kür wissen lassen.
Während die Wahl-Berlinerin das „Robin Hood“-Technikprogramm bereits mehrfach mit Erfolg gezeigt hat, wird die Kür-Premiere am 3. Dezember bei der „Gala on Ice“ in Frankfurt sein. Ernst wird es aber in exakt vier Wochen, wenn bei den Deutschen Meisterschaften in Herne die erste Etappe auf den Weg zu den Olympischen Winterspielen in Lillehammer auf dem Programm steht.
Die nationalen Titelkämpfe, bislang ein provinzielles Schlittschuh-Ereignis, werden in diesem Jahr zum weltumspannenden Medienereignis. 150 Journalisten sind bereits akkreditiert und die Kasse der Deutschen Eislauf-Union (DEU) festlich klingeln lassen. Die nur 2 500 Zuschauer fassende Eishalle ist schon jetzt ausverkauft. „Der Eiskunstlaufsport rückt endlich wieder in den Mittelpunkt. Das wird ein schöner, aber für manche auch bitterer Winter“, erklärt DEU-Sportdirektor Peter Krick vor dem großen Witt-Trubel in Herne.
Der gewitzte Funktionär weiß aber auch um die Gefahr, die mit dem Rummel um Katarina Witt verbunden ist. Bei aller Freude über die Rückkehr der Lichtgestalt (“Kati ist gut“) dürfe die Fürsorge und Betreuung der anderen DEU-Stars und Sternchen nicht leiden, die nach dem olympischen Intermezzo der Witt das Kapital der Zukunft bleiben.
Die Konkurrentinnen von Kati Witt geben sich in Gelsenkirchen selbst künstlich kühl. „Es ist nicht so, daß ich vor der Rückkehr von Kati zittere“, sagt Vize-Europameisterin Marina Kielmann. „Es wird mit Sicherheit eine reine Nervenschlacht. Der Sport wird zur Nebensache.“ Hauptsache für Marina Kielmann ist, daß sie eins der drei Tickets für die Europameisterschaft im Januar in Kopenhagen ergattert.
Auch Tanja Szewczenko, die Schlittschuh-Entdeckung des vergangenen Winters, will von Angst und Aufregung nichts wissen: „Sie ist eine ganz normale Läuferin.“ Für die 16jährige Düsseldorferin war Kati Witt einst das große Vorbild. Doch der Bewunderung ist der nüchternen Betrachtung gewichen. „Die ,Carmen'-Kür von Kati 1988 stach aus tausend Programmen hervor. Die jetzt gezeigte Kurzkür ist eins von vielen“, urteilte die kecke Schülerin. Während sich die deutschen Läuferinnen diplomatisch zurückhalten, sagt Galina Zmiejewskaja, Trainerin der ukrainischen Weltmeisterin Oksana Bajul, unverblümt über die Olympia-Aussichten von Kati Witt: „Jeder hat seine Chancen – auch die Meisterin von Zimbabwe.“ dpa
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