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Das bringt die PflegereformRegierung fördert Kümmer-WGs

Das Bundeskabinett hat die Pflegereform verabschiedet. Die taz erklärt, was sich ab Juli 2008 ändern wird.

Immerhin: in Alten-WGS gibt es mehr Betreuung für weniger Geld. Bild: dpa

BERLIN taz Mit dem im Kabinett verabschiedeten "Pflege-Weiterentwicklungsgesetz" ändert sich für Pflegebedürftige und Angehörige einiges:

Mehr Geld: Zum ersten Mal seit Einführung der Pflegeversicherung 1995 gibt es mehr Geld für die Pflegebedürftigen. Bis 2012 sollen die Leistungen schrittweise erhöht werden, insbesondere für die ambulante Pflege und für Menschen, die ihre Angehörigen selbst pflegen ("Pflegegeld"). Bezahlen die Kassen heute für die ambulante Pflege 384 Euro in der niedrigsten Pflegestufe und 1.430 in der höchsten, werden es in fünf Jahren 450 beziehungsweise 1.550 sein. Ab 2015 werden dann die Leistungen regelmäßig an die Preissteigerung angepasst.

Eines ändert sich auch mit der Pflegereform nicht: Die Versicherung bleibt eine Teilkasko-Versicherung. Die Kosten für die Pflege werden auch in Zukunft deutlich höher liegen als das Geld, das die Kassen auszahlen.

Höhere Beiträge: Die Beiträge in der Pflegeversicherung sollen zum 1. Juli 2008 von heute 1,7 Prozent auf 1,95 Prozent steigen, bei Kinderlosen auf 2,2 Prozent. Das bringt den Pflegekassen 2,5 Milliarden Euro mehr im Jahr. Gleichzeitig ist klar: Spätestens in sieben Jahren werden die Beiträge weiter steigen, da die Zahl der Pflegebedürftigen deutlich zunimmt.

Verbesserungen für Demenzkranke: Bisher wurden Altersverwirrte in der Pflegeversicherung benachteiligt. Sie erhielten keine Leistungen, solange sie nicht auch unter körperlichen Gebrechen litten. Mit der Pflegereform sollen Demenzkranke bis zu 2.400 Euro im Jahr bekommen.

Pflegestützpunkte und Pflegebegleiter: Welche Pflegedienste gibt es in unserer Stadt? Wer liefert Essen auf Rädern? Wo gibt es Heime in der Umgebung? Wie viel Geld steht mir zu? Solche Fragen sollen in Zukunft "Pflegebegleiter" beantworten, die in Beratungsstellen in Wohnvierteln und Gemeinden angesiedelt sind. Auf 20.000 Einwohner soll einer dieser "Pflegestützpunkte" kommen, ein Berater wäre dann für rund 100 Menschen zuständig.

Pflegezeit: Einen bezahlten Pflegeurlaub wird es zunächst zwar nicht geben. Immerhin aber sollen die Menschen nach der Pflegereform eine unbezahlte Auszeit von bis zu 6 Monaten nehmen können, in der sie sich um die Betreuung ihrer Angehörigen kümmern können. Zudem sollen Arbeitnehmer kurzfristig unbezahlt für 10 Tage frei kriegen können, wenn jemand in der Familie plötzlich zum Pflegefall wird.

Strengere Kontrollen in Heimen: Die Regierung reagiert auf die jüngsten Berichte über die katastrophalen Zustände in den Pflegeheimen: Sie sollen in Zukunft mindestens alle drei anstatt wie bisher alle fünf Jahre kontrolliert werden, laut Gesundheitsministerin Ulla Schmidt "in der Regel" unangemeldet. Der Medizinische Dienst muss seine Prüfberichte veröffentlichen - etwa im Internet. Auch externe Prüfer wie der TÜV sollen in Zukunft kontrollieren können.

Vorteile für Wohngemeinschaften: In Zukunft sollen mehrere Pflegebedürftige ihre Leistungen in einen Topf werfen können - etwa in einer Alten-WG oder zusammen mit dem Nachbarn. Sie können dann gemeinsam einen Pflegedienst anheuern und erhalten so mehr Betreuung für ihr Geld.

Basistarif bei den Privatversicherungen: Wie bei der Krankenversicherung müssen auch die privaten Pflegeversicherungen in Zukunft einen günstigeren Basistarif anbieten. Hiervon profitieren etwa einkommensschwache Selbständige, die einmal aus der privaten Versicherung rausgefallen sind und nun dorthin zurückkehren.

WOLF SCHMIDT

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