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Das Vorzimmer des Herren

■ Ein Büro, das selig macht: das Eintrittsbüro der Bremischen Evangelischen Kirche

Seit heute ist der Weg ins Paradies ein kleines Stückchen kürzer. Mit der Eröffnung einer zentralen Eintrittsstelle vereinfacht die Bremer Evangelische Kirche (BEK) den Schritt in die christliche Gemeinde.

„Viele sehen nur Kirchenmauern und keine Türen, durch die man gehen kann,“ faßt der Schriftführer der BEK, Pastor Louis-Ferdinand von Zobeltitz das Dilemma zusammen. Kirche ist nicht nur out, sondern auch noch schwer zugänglich für jene, die wieder zu ihre zurück wollen. 4.254 Bremer haben im letzten Jahr der BEK den Rücken gekehrt, in den zehn Jahren zuvor waren es selten weniger. „Da gibt es für uns auch nichts schönzureden“, gibt der Pastor Peter Bick, Pressereferent der BEK, zu. Deshalb denkt die BEK darüber nach, wie man die Schäfchen wieder für die Kirche begeistert.

Ein Ansatz: Mitmachen soll einfacher werden, denn leicht gemacht hatte die BEK bislang nur den Kirchenmüden das Austreten. Während in anderen Bundesländern der Gang zu Amtsgericht und Standesamt Pflicht ist, genügt in Bremen ein Besuch bei der bundesweit einmaligen Austrittsstelle und eine Unterschrift. „Das dauert weniger als fünf Minuten,“ weiß Pastor Horst Janus.

Für die 400 bis 500 Menschen, die nach Angabe der BEK pro Jahr wieder in der Stadt Bremen in die Kirche eintreten, gab es dagegen bislang nur die 69 Gemeinden in Bremen als Anlaufstelle. Und die schaffen es bei einem unübersichtlichen System nicht geklärter Zuständigkeiten kaum, die neuen Schäfchen angemessen aufzunehmen. „Das war natürlich ein Image-Problem,“ räumt Schriftführer von Zobeltitz ein.

Denn die neuen Schäfchen sind eine bunte Schar mit völlig verschiedenen Bedürfnissen: Neben den Alten, die gegen Ende ihres Lebens doch noch sicherheitshalber geistigen Beistand für das Jenseits wünschen, und den jungen Frauen, die von der Heirat in Weiß träumen, beenden vor allem gesetzte Vierziger ihre Suche nach dem Sinn im Glauben. Die meisten haben früher einmal der Kirche angehört, sind aber in der Regel des Geldes wegen ausgetreten. „Einer hat mal als Grund geschrieben, daß das Preis-Leistungsverhältnis nicht stimmt“, erinnert sich Pastor Bick an einen Austrittsbogen. „Selten mal treten Leute aus, weil sie sich über eine Predigt oder eine Beerdigung ärgern.“

Biographische Brüche wie Heirat, Tod oder die Geburt eines Kindes sind die Hauptgründe für das erneute Interesse an der Kirche. Doch ob der nahende Gevatter Tod oder die Midlife-Crisis die Menschen wieder in die Kirche führt: durch die nach Hamburger Vorbild gegründete Eintrittsstelle soll gewährleistet sein, daß alle wissen, wo sich das Vorzimmer des Herren befindet. Und ist man erst mal drin, geht alles ganz einfach. „Man muß keine besondere Frömmigkeitsform mitbringen“, beruhigt Pastor Bick. Mitbringen müssen die Kircheneinsteiger nur etwas Zeit. Eine dreiviertel Stunde dauert ein seelsorgerisches Wiedereintrittsgespräch mit einem der fünf zuständigen Pastoren. Dann wird, wie beim Kirchenaustritt, ein Formular unterschrieben. Das ist alles. Pastor Bick: „Allerdings nur, wenn man schon getauft ist. Wenn nicht, verweisen wir wieder auf die Gemeinde. Das kann man dann doch nicht mal eben so im Büro machen.“

L.R.

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