piwik no script img

Das Team Rock aus Ghana

Dark Suburb kommt aus Accra und mixt Indie, Metal und Punk – rare Klänge in der Region

„Im ghanaischen Pop geht’s oft um Mann-Frau-Beziehungen. Oder um ‚mein fettes Auto‘ und ‚meine heiße Braut‘. Das sind nicht unsere Themen“: Dark Suburb Foto: Dark Suburb

Von Tina Adomako

Auf der Bühne verstecken sie ihre Gesichter hinter Masken. In ihren Songs prangern sie soziale Missstände in ihrer westafrikanischen Heimat an. Und ihr Sound klingt ganz anders als das, was man sonst aus dieser Ecke Afrikas so zu hören bekommt.

Dark Suburb sind eine Indie-Rockband aus Ghana. Die Band hat sich die traditionelle Kultur der Masken zu eigen gemacht und tritt stets mit verdeckten Gesichtern auf. Einerseits betonen sie damit ihre traditionelle afrikanische Identität, die sie aber dann durch die ganz und gar nicht traditionell klingende Musik wieder dekonstruieren.

Denn funkiger Afrobeat mit Bläsereinlagen, Hip-Life-Partysound oder der in Ghana omnipräsente HipHop ist nichts für das Kollektiv aus Accra. Mit ihrer Fusion aus Indie, Metal, Rock und Punk kehren die fünf Bandmitglieder die gängigen musikalischen Hörgewohnheiten in ihrem Kulturkreis gehörig um.

Chief Moomen, der sich als „Spoken Word Artist“ bezeichnet, ist der kreative Kopf hinter Dark Suburb. Der 30-Jährige ist ein freundlicher und höflicher Gesprächspartner. Dark Suburb sei eine „Concept Band“, in der es nicht um die einzelnen Mitglieder ginge, sondern um die Botschaften, die sie durch ihre Musik vermittelten. „Wer wir sind, ist unwichtig. Wichtig sind allein die Musik und die Message.“ Die zunächst einmal ganz simpel ist: „Wir sind alle Menschen und teilen uns alle den einen Planeten.“ Um das zu verdeutlichen, tragen die Musiker bei Liveauftritten daher stets Masken und manchmal auch Skelettanzüge. „Unter den vielen Masken, Kostümen und Identitäten, die die Menschen sich überstülpen, sind wir alle gleich“, sagt er. „Denn unter der Haut bleibt das Skelett. Und beim Skelett gibt es keine Schattierungen von Schwarz oder Weiß, hell oder dunkel. Egal, welche Hautfarbe oder Religion du hast, das Skelett darunter sieht bei allen gleich aus“, sagt Moomen, der auf der Bühne die Rolle des Hohepriesters innehat.

Hinter der Maskierung soll auch das eigene Ego zurücktreten. „Es geht um die Band und die Botschaft, wir sehen uns als Team. Es geht nicht um das Individuum“, sagt Moomen. Bei Dark Suburb gibt es demzufolge auch keinen Starkult, da man nie so genau weiß, wer da gerade auftritt. Die Musiker wechseln auch immer mal, und sie treten stets hinter den Masken zurück. Ähnliches wünschen sie sich für die Gesellschaft. „Bei der Rettung der Welt kann es nicht um den Einzelnen gehen“, sagt Moomen.

In ihren Songs setzt sich die Band mit den vielen sozialen Missständen auseinander, die sie in Ghana und der Welt beobachtet. Gleichzeitig plädiert sie für Toleranz: „Wir sind gegen jede Form von Ausgrenzung, gegen Rassismus, Xenophobie, Sexismus, Homophobie. Wir sehen uns zudem als das Sprachrohr der Vergessenen in der Gesellschaft“, sagt der Hohepriester. Aber warum wählt Dark Suburb dafür eine Musikrichtung, die in Ghana und Westafrika so randständig ist und sogar als „weiße Musik“ verschrien wird?

„Wir finden nicht, dass wir musikalische Stereotype wiederholen müssen, um gehört zu werden. Wir haben nichts gegen die verschiedenen traditionellen Musikrichtungen. Unser kulturelles musikalisches Erbe binden wir ja mit ein. Aber bei der meisten populären Musik in Ghana ist kaum noch Handgemachtes dabei.“ Die Musik komme meist aus dem Computer, und dann werde dazu gerappt. „Oft geht es um Mann-Frau-Beziehungen und um angeberische Dinge wie ‚mein großes Haus‘, ‚mein fettes Auto‘, ‚meine heiße Braut‘. Das sind nicht unsere Themen.“ Was dann? „Wir singen vom kleinen Mann, der eben kein fettes Auto hat. Wir stellen Fragen wie: ‚Warum geht es ihm so schlecht?‘ oder ‚Was läuft falsch in Ghana, in unserer Gesellschaft?‘ “

Westliche Musiker haben sich schon seit jeher afrikanische Musikelemente und Stile angeeignet. Dark Suburb kehrt diese Praxis nun um. Sie haben harte Bässe, mögen die rauen Klänge des Hardrock. „Wir werden oft kritisiert, dass wir keine ‚afrikanische Musik‘ spielen“, sagt Chief Moomen „aber was soll das im 21.Jahrhundert sein? Wir leben in einer globalen Welt. Warum finden die Leute es so seltsam, dass wir anders klingen, nur weil wir keinen Afrobeat à la Fela Kuti spielen?“

Gute Frage, Chief. Auf jeden Fall öffnet Dark Suburb unsere Augen beziehungsweise Ohren dafür, dass auch aus Ghana ein ganz anderer Sound kommen kann. In ihrer Heimat hat die Band inzwischen eine gewisse Bekanntheit erreicht – auch weil sie in dem sehr gläubigen Land von Pastor Larbi, einem landesweit bekannten Prediger pfingstkirchlicher Provenienz, öffentlich für ihre „dämonische“ Musik angeprangert wurden. In den Playlists der lokalen Radiosender tauchen ihre Songs eher selten auf.

Das könnte sich allerdings bald ändern. Mit ihrem ersten Album „The Start looks like the End“ sind Dark Suburb für die diesjährigen African Music Awards in den Kategorien „Bestes Album“ und „Best African Rock“ nominiert worden. Am 12. November fällt die Entscheidung in Lagos. Dark ­Suburb könnten dann afrikaweit zum Begriff werden.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen