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Das Schicksal von Rudolf DieselVerhinderter Pazifist und Sozialist

Rudolf Diesel versuchte die militärische Nutzung seiner Motoren zu verhindern – vergeblich. Er träumte auch von einer solidarischen Ökonomie.

Rudolf Diesel und der erste Dieselmotor der Welt (1897) Foto: ap

Rudolf Diesel teilt das Schicksal vieler Wissenschaftler und Ingenieure: Die Maschine, die er entwickelt hat, war von seinem Schöpfer nicht zu kontrollieren.

Der 1858 in Paris geborene und 1870 nach Augsburg übergesiedelte Maschinenbauer wollte ursprünglich die Effizienz von Motoren verbessern. Die Dampfmaschinen damals vergeudeten 90 Prozent ihrer Energie in Form von Wärme. Zunächst entwickelte Diesel Eismaschinen, schmiss später alles hin und konstruierte 1893 den ersten Dieselmotor. Sobald der Motor läuft, komprimiert er aus eigener Kraft Luft, die damit entstehende Wärme entzündet den Treibstoff. Das Prinzip ist bis heute effizienter als Benzinmotoren.

Seine Motoren fanden und finden sich später in Kampfpanzern und Kriegsschiffen wieder, was niemals Diesel Intention war – er wollte der deutschen Kriegsmarine sogar die Verwendung seines Motors versagen. Allerdings verkaufte er Lizenzen und Patente aus wirtschaftlicher Not. Schon im Ersten Weltkrieg versenkten U-Boote mit Dieselantrieben ihre Gegner. Diesel erkannte auch die Probleme der Abhängigkeit von Staaten von Ölquellen: Bei der Weltausstellung 1900 in Paris betrieb er seine Motoren mit Pflanzenöl.

Diesel ist in diesem Sinne mit Albert Einstein vergleichbar, der ebenso bekennender Pazifist war – doch seine Relativitätstheorie war die Grundlage der Atombombe. Während Einstein sich politisch in Bildungsfragen einmischte und eine pazifistische Erziehung von Kindern forderte, erarbeitete Diesel gleich eine ökonomische Utopie, in seiner Schrift „Solidarismus: Natürliche wirtschaftliche Erlösung des Menschen“. Darin entwickelte er die Idee einer Volkskasse, in der alle ArbeiterInnen einzahlen, mit ihrer Hilfe sollten solidarische, gemeinschaftliche Betriebe gegründet werden. „Der Solidarismus ist die Sonne, welche gleichmäßig über alle scheinend, durch ihre milde Wärme und ihr glänzendes Licht die Menschheit aus ihrem Winterschlaf zur wirtschaftlichen Erlösung erwecken wird“, so Diesel.

Er wollte die Armut besiegen, war aber selbst ein lausiger Geschäftsmann. 1913 reiste er mit einem Schiff nach England, wo er mit Aktionären de facto über seine Insolvenz verhandeln wollte. Diesel verschwand spurlos von dem Schiff, Fischer entdeckten bei einer unidentifizierbaren Wasserleiche später seine Brille und seine Geldbörse. Wie er starb, ist bis heute ein Rätsel.

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1 Kommentar

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  • Es ist traurig, dass viele gute Köpfe letztlich Opfer der Wirtschaft werden. Sehr schade, dass der Staat hier nicht deren Potential nutzt und fördert ähnlich Hochbegabtenschulen. So viel Potential geht verloren...

    Diesel klingt ein wenig nach Tonis Stark des 19./20. Jh. nur fällt diesem der Erfolg in die Hände, was aber ein schönes Märchen ist. In Realität scheiten zu viele am Geschäftlichen.

    Geniale Einzelkämpfer werden sogar gezielt bekämpft, weil sie oft den Geschäftserfolg der Etablierten gefährden.