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■ Das PortraitJohn Smith

John Smith, der 55jährige Rechtsanwalt aus der schottischen Hauptstadt Edinburgh, war ein Labour-Politiker der alten Schule. Schon als 14jähriger war er in die Partei eingetreten. 1961, als Student an der Universität Glasgow, kandidierte er erfolglos im schottischen Wahlkreis East Fyfe. Neun Jahre später zog er schließlich als Abgeordneter für North Lanark zum ersten Mal ins britische Unterhaus ein. Im Alter von 39 Jahren war er als Handelsminister jüngstes Mitglied im Kabinett von James Callaghan.

Nach der Labour-Schlappe bei den Wahlen im April 1992 – der vierten in Folge – und dem Rücktritt des Vorsitzenden Neil Kinnock wurde Smith im Juli 1992 unangefochten zu dessen Nachfolger gewählt. Sein Kontrahent Bryan Gould brachte es gerade mal auf neun Prozent der Stimmen. Die erste Führungskrise kam jedoch schon auf dem Parteitag zwei Monate nach seiner Wahl. Smith hatte sich stets als „überzeugten Europäer“ bezeichnet und 1972 – im Gegensatz zur Labour-Mehrheit – dem Beitritt Großbritanniens zur Europäischen Gemeinschaft zugestimmt. Gut zwei Jahrzehnte später legte er auf seinem ersten Parteitag als Labour-Chef fest, daß Labour für die Ratifizierung der Maastrichter Verträge und gegen ein Referendum sei. Labour-Politiker der alten SchuleFoto: Reuter

Aus Protest trat Bryan Gould aus dem Schattenkabinett zurück und warf Smith vor, eine Diskussion über Maastricht zu unterdrücken. Goulds Rede, in der er den „endgültigen Sieg der Bankiers über die Demokraten“ prophezeite, wurde von den Euro- Gegnern in der Labour Party begeistert aufgenommen.

Smith führte die Sozialdemokratisierung der Labour Party, die sein Vorgänger Kinnock begonnen hatte, konsequent fort. Der trotzkistische Flügel wurde ausgeschlossen, in ökonomischen und ökologischen Fragen näherte man sich den Torys immer mehr an, und der Einfluß der Gewerkschaften wurde zurückgedrängt, um Labour für die liberale Mittelschicht wählbar zu machen.

Für den Fall, daß die Torys im Herbst ihren Premierminister John Major stürzen sollten, hatte Smith angekündigt, sofortige Neuwahlen zu fordern. Er hatte sich berechtigte Hoffnungen gemacht, daraus als neuer Premierminister hervorzugehen. Trotz seines angegriffenen Gesundheitszustands – er hatte bereits 1988 einen Herzinfarkt erlitten – war er aus Mangel an Alternativen in seiner Partei unangefochten. Gestern erlag er einem zweiten Herzinfarkt. Ralf Sotscheck

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